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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Alle Artikel zu Biennale Arte Venedig

55. Biennale Arte Venedig 2013 (8)

2013, Oktober 27.

Goldene Löwen für ihr Lebenswerk:
Maria Lassnig und Marisa Merz

Von Erhard Metz

Der diesjährige Biennale Arte-Kurator Massimiliano Gioni hatte die beiden grossen Künstlerinnen zur Auszeichnung mit dem Goldenen Löwen für ihr Lebenswerk vorgeschlagen, und das Board der Biennale unter Vorsitz seines langjährigen Präsidenten Paolo Baratta entschied entsprechend. Zur Eröffnungs- und Verleihungszeremonie am 1. Juni 2013 nahm Marisa Merz ihre Trophäe persönlich in Empfang; die hochbetagte Maria Lassnig musste aus gesundheitlichen Gründen auf die Reise in die Lagunenstadt verzichten.

Wir geben die Begründungen im englischen Originaltext wieder:

„For more than sixty years Maria Lassnig has investigated representation, both of the body and of the individual, in paintings that often depict the artist in a state of restlessness, excitement, or despair. Through her self-portraits, Lassnig has composed a personal encyclopedia of self-representation and, through what she calls ‘body-awareness paintings,’ has used painting as an instrument of self-analysis. Lassnig, at ninety-three years old, represents a unique example of obstinacy and independence that deserves to be celebrated with the Golden Lion for Lifetime Achievement.“

„Since the 1960s, Marisa Merz has been a singular voice in contemporary art. Beginning with her early work, which she carried out alongside the protagonists of Arte Povera, Marisa Merz has distinguished herself by her reflection on the domestic realm and handicraft techniques stereotypically associated with female labor. The artist has developed a personal language in which painting, sculpture, and drawing give shape to apparently archaic and primordial images. These contemporary icons and stylized faces rise to the surface as divine apparitions. Her epiphanic paintings, as if cultivated through years in solitude, invite us to look at the world with closed eyes – as the artist suggested with the title of her 1975 exhibition, With Closed Eyes, The Eyes Are Extraordinarily Open.“

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55. Biennale Arte Venedig 2013 (7)

2013, Juli 24.

Anri Sala: RAVEL RAVEL UNRAVEL
Der französische Pavillon im deutschen Haus

Von Erhard Metz

Dass zur aktuellen Kunst-Biennale in Venedig Deutschland und Frankreich ihre Länderpavillons getauscht haben, wird sich zwischenzeitlich bis, na ja, sagen wir mal, Untergriesbach im südöstlichsten Zipfel des schönen bayerischen Freistaats und somit auch der gesamten Republik herumgesprochen haben.

Dass der unglücklicher Weise im Jahr 1938 nazischwanger verkleidete Bau – es handelt sich um den ursprünglich Bayerischen Pavillon in den venezianischen Gärten – mit der grimmigen Aufschrift GERMANIA bei Künstlern und Kuratoren schon traditionell-habituell ein schlechtes Ansehen geniesst – ebenfalls.

So nimmt es nicht wunder, dass Kuratorin Christine Macel und Künstler Anri Sala als erstes den Haupteingang hinter den ungeliebten Säulen zusperren und verblenden liessen und das geneigte Publikum zum Lieferanteneingang irgendwo links hinten am Gebüsch baten: dies gehört mit zum Gesamtkunstwerk. Zum Glück wies ein mannshoher Hinweis den Weg – selbstverständlich nicht in der Sprache des für den Pavillon gastgebenden Landes – versteht sich. Weiterlesen

55. Biennale Arte Venedig 2013 (6)

2013, Juni 30.

Der deutsche Pavillon – im französischen Haus (3)
Ai Weiwei, Romuald Karmakar, Santu Mofokeng, Dayanita Singh

Von Erhard Metz

Dayanita Singh, Romuald Karmakar und Santu Mofokeng bei der Eröffnung des deutschen Beitrags zur Biennale im französischen Pavillon

Im Anschluss an Ai Weiwei stellen wir die drei weiteren für den Beitrag Deutschlands zur diesjährigen Biennale ausgewählten Künstler Romuald Karmakar, Dayanita Singh und Santu Mofokeng vor. Wiederum greifen wir dabei jeweils auszugsweise auf Texte von Susanne Gaensheimer zurück, wie sie Gegenstand der Pressemappe des deutschen Beitrags zur Biennale sind (Vorwort der Kuratorin, aus: Susanne Gaensheimer [Hg.]: La Biennale di Venezia 2013. Deutscher Pavillon. Ai Weiwei, Romuald Karmakar, Santu Mofokeng, Dayanita Singh. Berlin: Gestalten Verlag, 2013). Weiterlesen

55. Biennale Arte Venedig 2013 (5)

2013, Juni 27.

Der deutsche Pavillon – im französischen Haus (2)
Ai Weiwei, Romuald Karmakar, Santu Mofokeng, Dayanita Singh

Von Erhard Metz

Begehrtes Ziel: Wo Frankreich draufsteht, ist Deutschland drin, die geduldig Wartenden grüsst Ai Weiwei’s Installation „Bang“ bereits durch die Eingangstür

Ai Weiwei, Bang, 2010-2013, 886 antike Hocker, 11 x 12 x 6,7 m, diverse Installationansichten, Courtesy der Künstler und neugerriemschneider, Berlin
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55. Biennale Arte Venedig 2013 (4)

2013, Juni 24.

Der deutsche Pavillon – im französischen Haus (1)
Kein Gold für Ai Weiwei

Von Erhard Metz


Aus unserer Sicht ist es eine der wirklich grossartigen Arbeiten zur diesjährigen Biennale und vielleicht die eindrucksvollste überhaupt (andere mögen das gerne anders sehen):

Ai Weiwei, Bang, 2010-2013, 886 antike Hocker, 11 x 12 x 6,7 m, Installationansicht, Courtesy der Künstler und neugerriemschneider, Berlin
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55. Biennale Arte Venedig 2013 (3)

2013, Juni 18.

„Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst“ …
… wusste schon Friedrich Schiller

Von Erhard Metz

Ragnar Kjartansson, S.S. Hangover, Arsenale, Sound-Performance (Ausstellungsansichten)

Feierliche Klänge in den mittelalterlichen Docks

Die Arsenale Venedig: 1104 begründet, im 14., 15. und 16. Jahrhundert sowie von Napoleon Anfang des 19. Jahrhunderts erweitert, waren die grösste Schiffswerft und Flottenbasis wie auch der grösste Produktionsbetrieb in Europa vor dem Zeitalter der Industrialisierung. Sie begründeten die Stellung der Republik Venedig als damals grösste und bedeutendste See- und Handelsmacht Europas und waren, heute eine Fläche von 32 Hektar umfassend, das Vorbild fast aller Marinearsenale Weiterlesen

55. Biennale Arte Venedig 2013 (2)

2013, Juni 14.

Von Erhard Metz

88 teilnehmende Nationen, die jeweils eine oder mehrere Künstlerinnen und Künstler vorstellen, darunter erstmals die Santa Sede (der Heilige Stuhl – also nicht der Vatikanstaat); weiter eine an die 160 Namen umfassende Liste von Künstlerinnen und Künstlern, die Biennale-Kurator Massimiliano Gioni ausgestellt hat; 46.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche in den Arsenale und weitere 50.000 in den Giardini Pubblici; mithin eine Mammutschau, die auch nur einigermassen zu überblicken sicherlich gut und gerne eine Kalenderwoche in Anspruch nähme. Arme Jury: wie hat sie das alles wirklich sehen und abarbeiten können? Hinzu kommen 47 über ganz Venedig verteilte (und deshalb in der Lagunenstadt oft nur zeitaufwendig erreichbare) begleitende Ausstellungen und Kunstveranstaltungen, die mit der Biennale nichts unmittelbar zu tun haben, und schliesslich eine Schar an Künstlern, die dort zu Zeiten der Biennale in privaten Präsentationen ihr Glück (in Gestalt von Händlern, Galeristen oder Käufern) suchen.

Il Palazzo Enciclopedico

– der enzyklopädische Palast, so lautet der Titel der 55. Kunstbiennale. Hier steht er, der Palazzo, in Halle 1 der Corderie in den Arsenale, als etwa fünf Meter hoch aufragendes Modell des Italo-Amerikaners Marino Auriti, umgeben von Fotografien des nigerianischen Künstlers J.D. Okhai ‚Ojeikere:

Marino Auriti, Il Encyclopedico Palazzo del Mondo, ca. 1955, Holz, Kunststoff, Glas, Metall, Kämme, Modellbauteile; Courtesy American Folk Art Museum New York, Gift Colette Auriti Firmani in memory of Marino Auriti Weiterlesen

55. Biennale Arte Venedig 2013 (1)

2013, Juni 9.

Die Goldenen Löwen

Von Erhard Metz

Vor Gericht und auf hoher See ist man allein in Gottes Hand – so lautet eine alte Weisheit. Wir möchten hinzufügen: vor Gericht, auf hoher See und vor mancher Kunstpreis-Jury. Die längste Warteschlange – wohlgemerkt des Fachpublikums und der Journalisten an den exklusiven Preview-Tagen – bildete sich vor dem Auftritt Anri Salas im französischen (deutschen) Pavillon, eineinhalb Stunden Wartezeit und mehr waren angesagt, die zweitlängste vor dem deutschen Auftritt (im, nach dem Pavillontausch, französischen Gehäuse), die drittlängste vor dem Pavillon der USA. Daraus Schlüsse zu ziehen für die Vergabe der Goldenen Löwen wäre jedoch weit verfehlt gewesen – wobei wir keinesfalls einer Publikumsjurierung das Wort reden wollen! Aber so manche Erwartung oder zumindest Hoffnung wurde denn doch wohl enttäuscht.

Paolo Baratta, Präsident der Biennale di Venezia, und der diesjährige Biennale Arte-Kurator Massimiliano Gioni Weiterlesen

55. Biennale Arte Venedig 2013: deutsch-französischer Pavillontausch

2013, Januar 16.

Von Erhard Metz

Das Jahr 2013 ist ein besonderes, und das Ereignis, das es zu würdigen gilt, ein herausgehobenes. In wenigen Tagen wird es gefeiert: das Jubiläum 50 Jahre Élysée-Vertrag.

Der deutsch-französische Freundschaftsvertrag, genauer gesagt der „Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die deutsch-französische Zusammenarbeit“, „geschehen zu Paris am 22. Januar 1963 in zwei Urschriften, jede in deutscher und französischer Sprache“, zählt neben den Vertragswerken zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft(en) und der späteren Europäischen Union zu den bedeutendsten zivilisatorischen und kulturellen Leistungen auf europäischem Boden im vergangenen Jahrtausend und noch darüber hinaus. So jedenfalls wagen wir es zu behaupten.

Unterzeichnet hatten den Vertrag der legendäre erste Bundeskanzler Deutschlands, Konrad Adenauer, und der nicht minder legendäre Général Charles de Gaulle, seinerzeit Präsident der Französischen Republik.

Flughafen Köln-Wahn, Staatsbesuch des französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle, Begrüssung durch Bundeskanzler Konrad Adenauer vor Air France-Maschine, Hände schüttelnd, 18. Juli 1961; Bildnachweis: wikimedia commons cc / Bundesarchiv, B 145 Bild-F011021-0002 / Steiner, Egon / CC-BY-SA Weiterlesen

55. Biennale Arte Venedig 2013

2012, September 20.

Le roi est mort, vive le roi!
Kaum ist die documenta 13 beendet, steht schon die 55. Biennale Venedig vor der Tür.

Susanne Gaensheimer, Direktorin des MMK Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main und Kuratorin (Kommissarin) für den Beitrag Deutschlands zur 55. Biennale di Venezia 2013, hat ihre Planungen bekannt gegeben: Auf ihre entsprechende Einladung sollen vier bereits in besonderer Weise mit der deutschen Kunstszene verbundene Künstlerinnen und Künstler im kommenden Jahr den Deutschen Pavillon bespielen: Ai Weiwei, Romuald Karmakar, Santu Mofokeng und Dayanita Singh. Deren Werke beschäftigten sich, so Gaensheimer, auf kritische Weise mit den Bedingungen ihrer jeweiligen Lebenswirklichkeit und gäben wesentliche Impulse zur Reflektion des aktuellen kulturellen und gesellschaftlichen Selbstverständnisses in einer global vernetzten Welt. Sie nutzten dabei eine Vielzahl von Medien, neben Bildhauerei und Installation auch Fotografie und Film.

Gaensheimer will somit auf der kommenden Biennale in Venedig, der nach der Kasseler documenta bedeutendsten weltweiten Kunstschau, den transnationalen Ansatz fortführen, den sie bereits mit ihrer Berufung von Christoph Schlingensief zur Biennale 2011 begonnen hatte.

„Die Alltagsrealität und die kulturelle Landschaft in Deutschland“, führt Susanne Gaensheimer aus, „sind von unterschiedlichen Religionen, Ökonomien und politischen Ansätzen geprägt, das ist heute die Normalität und führt sowohl zu einer grossen Bereicherung als auch zur Konfrontation. Dass unsere Gesellschaft nicht mehr ohne Dialog, Kooperation und einer Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Lebensentwürfen und -wirklichkeiten funktioniert, zeigt sich gerade heute in aller Deutlichkeit.

Für die Biennale in Venedig mit einer Gruppe von Künstlern aus unterschiedlichen Ländern zusammenzuarbeiten, ist daher für mich die logische Fortsetzung meiner Arbeit mit Christoph Schlingensief.

Die von mir eingeladenen Künstler und ihre Werke sind repräsentativ für verschiedene Themen, die sich aus dem Aufeinandertreffen der unterschiedlichen Ideologien und Lebensentwürfe ergeben und uns heute besonders betreffen. Wichtig ist mir dabei, dass es ihnen gelingt, unsere Perspektive zu erweitern und uns einen Zugang zum Blick der ‚Anderen‘ zu schaffen, teilweise auch auf unbequeme Weise. Obwohl sie ihre Werke aus den spezifischen, lokalen Kontexten heraus entwickeln, realisieren sie durch die Integration ihrer eigenen Erfahrungen von Internationalität eine Art anthropologisch universelle Bildsprache.“

Darüber hinaus sondiert Gaensheimer mit Christine Macel, der Kuratorin des französischen Beitrags, sowie mit Anri Sala, dem von Frankreich eingeladenen Künstler, Möglichkeiten einer Kooperation zwischen Frankreich und Deutschland zur kommenden Biennale.

Ai Weiwei, 2010, Bildnachweis: MMK, Foto: Gao Yuan Weiterlesen