home

FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Das zweite Konzert des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters in der Alten Oper mit Bonis, Saint-Saëns und Strauss

Drei orchestral instrumentierte Musikerporträts

Von Petra Kammann

Ein dreiteiliges Konzert in der Alten Oper Frankfurt führte dem begeisterten Publikum vor Aug und Ohr, wie unterschiedlich zwei männliche Komponisten wie Camille Saint-Saëns (1835-1921) und Richard Strauss (1864-1949) und eine bislang kaum wahrgenommene französische Komponistin Mel Bonis (1858-1937) ihre Erfahrungen in Orchestermusik umgesetzt haben. Erstmals trat unter der Leitung des brillanten Dirigenten Thomas Guggeis, GMD des Opern- und Museumsorchesters, zudem auch die renommierte österreichische Meistercellistin Julia Hagen in Frankfurt auf.

Gelungenes Zusammenspiel zwischen dem Museumsorchester und der Cellistin Julia Hagen, Foto: Petra Kammann

Kompositionen der französischen Komponistin Mel Bonis über so legendäre Frauengestalten wie Ophélie, Salomé und Le Songe de Cléopatre, die zwischen 1879 und 1913 unter dem Titel „Trois Femmes de Légende“ entstanden, erklangen in der Alten Oper am Beginn des 2. Sinfoniekonzerts des Museums-und Opernorchesters.

Eigentlich lautet der Vorname der in Vergessenheit geratenen Komponistin Mélanie. Doch da zu ihrer Zeit komponierende Frauen allenfalls als musizierende Gattinnen geduldet wurden, entstand aus dem Vornamen Mélanie das abgekürzte Mel. Mit einem solchen Tarnnamen würden Bonis Werke in der komponierenden Männerwelt der damaligen Zeit überhaupt ernst genommen werden.

Die Musikwissenschaftlerin Ulrike Kienzle hatte vorab in vor dem museum  die Hintergründe der unterschiedlichen Kompositionen erläutert. Die musikalische Begabung der Tochter Mélanie aus kleinbürgerlichem Hause hingegen, die auch mit Claude Debussy am Konservatorium in Paris studiert hatte, nachdem César Franck auf sie aufmerksam geworden war, war unübersehbar. Doch ansonsten wurde sie kaum gefördert. Ihre Kompositionen, die weniger impressionistisch als in manchem ganz modern klingen, sind für uns heute jedoch eine echte Entdeckung!

„vor dem museum“ – Einführung durch die Musikwissenschaftlerin Ulrike Kienzle, Foto: Petra Kammann

Mit den drei legendären Frauengestalten ihrer Kompositionen Ophélie, Salomé und Cléopâtre schien sich die Komponistin zu identifizieren. Sie alle seien Opfer des männlichen Machtstrebens geworden, kommentierte Ulrike Kienzle in ihrer Einführung die den Frauen zugeordneten Kompositionen, denn für die hochbegabte Musikerin, die in die Mitte des 19. Jahrhunderts hineingeboren wurde, war es absolut keine Selbstverständlichkeit, sich als Komponistin hervorzutun.

Ihre musikalisch transformierten Gestalten hingegen leben ganz im Hier und Jetzt, wie zum Beispiel die in der Gestaltung der von Shakespeare übernommenen Figur der Ophelia, deren tragisches Schicksal nach dem Mord an ihrem Vater durch Hamlet dem Wahnsinn verfällt und in einem Fluss ertrinkt. In der Frankfurter Aufführung unterstrichen die trostspendenden Holzbläser diesen „Untergang“ in anrührender Weise fast schwebend.

Die exotisch wilde Salomé wiederum, die im verführerischen Tanz den Kopf des Johannes fordern soll, erscheint in Bonis‘ Komposition eher als selbstbewusste Tänzerin, temperamentvoll und klanglich fast zeitgenössisch. Und Kleopatra, die bekannte, machtbewusste und verführerisch beschriebene Pharaonin, wird in Bonis‘ Komposition eher zur Träumerin, leicht orientalisierend. Sie wird von einem Schleier feiner Harfenklänge umspielt.

Vielleicht als Traum von einer weiblicheren Welt, die Bonis, verantwortlich für die übernommenen fünf Kinder ihres 20 Jahre älteren Ehemannes, wohl vorschwebte?

Fabelhafter Auftritt der Cellistin Julia Hagen, Foto:Petra Kammann

Es folgte darauf das bekannte klassizistisch bis romantisierende Konzert für Violoncello und Orchester Nr.1 a-Moll op.33 von Camille Saint-Saëns, geschrieben  im schwierigen Kriegsjahr 1872, um der deutsch-französischen Kriegssituation zu trotzen. Auch hier gab in der Aufführung eine Frau den Ton an: die junge österreichische Cellistin Julia Hagen, die übrigens auch einen Teil ihrer Ausbildung an der Kronberg Academy genossen und schon neben vielen anderen Orchestern auch im hr-Orchester gespielt hat.

Funkelnd warm und selbstbewusst war der Grundton ihrer Interpretation. Feinfühlig und dialogisch griff dirgierend GMD Thomas Guggeis ihr Spiel auf, auch die tänzerischen Motive der Komposition, bis der letzte Ton verklang und man keine Huster im Saal vernahm, bevor sich der jubilierende Applaus Bahn brach.

Nach der Pause ging es dann weiter mit Richard Strauss’ tumultuöser, selten aufgeführter Symphonia domestica, dieser durchaus selbstironischen Sinfonie über das eigene häusliche Familienleben mit Pauline (de Ahna, der kapriziösen und teils rabbiaten Sopranistin und Ehefrau), Bubi Franz und Richard selbst, wo es emotional drunter und drüber geht. Bei allen zwiespältigen Gefühlswallungen scheint da bisweilen auch der Größenwahn des Komponisten durch. Hier war das ganze umfangreiche Orchester gefordert.

Das von Thomas Guggeis bravourös dirigierte Frankfurter Museums- und Opernorchester erhielt tobenden Applaus, Foto:Petra Kammann

„Meiner lieben Frau und unserem Jungen“, lautet unübersehbar die Widmung von Strauss. Bewegt und munter geht es in der bürgerlichen Kleinfamilie und alles andere als heldenhaft bei dem sich liebenden Ehepaar Strauss zu, was Strauss auch viel Kritik einbrachte, hatte er doch dem schnöden Alltag eine ganze Sinfonie gewidmet. Die Musik veranschaulicht alle Liebes- und Zwistmomente, auch das Quängeln des Bubis, das die Harmonie eines alltäglichen Musikerlebens ordentlich durcheinander wirbelt.

Guggeis greift auch hier anteilnehmend die vielfältigen Stimmungen in seiner Hinwendung zu einzelnen Musikern und Musikerinnen des Orchesters auf. Trotz manchem Tschingderassabum, das Strauss eingebaut hat, erscheint dann etwa das Adagio, eine Art Wiegenlied für den geliebten Sohn, bei dem das Solocello sowie die Violine des Orchesters zum Zuge kommen, besonders innig. Beim mehrstimmigen, teils  fugenartig polyphonen wilden Finale kommen hier die brillanten einzelnen Musiker des rund 100 Spieler umfassenden Orchesters auf ihre Kosten, besonders auch die Trommler.

Immerhin war diese Komposition bereits 1904 in der New Yorker Carnegie Hall durch Strauss selbst uraufgeführt worden und nur wenige Monate desselben Jahres  später in Frankfurt zu allererst in Europa im Rahmen des „künstlerischen Tonfestes“ aufgeführt worden.

Ja, auch hier kann Frankfurt stolz sein auf sein musikalisches Erbe, und auf das brillante Orchester und seinen derzeitigen Dirigenten Guggeis, der nicht nur die verschiedenen Tonfarben beherrscht, sondern auch die einzelnen Instrumentalisten mit ihren individuellen besonderen Fähigkeiten heraushebt und dazu noch übersehene Kompositionen wieder zum Klingen bringt. Ein Glücksfall für das musikalische Frankfurt!

https://oper-frankfurt.de/de/das-frankfurter-opern-und-museumsorchester/orchester/

Comments are closed.