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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

„NACHRICHTEN – NEWS“ – große Sonderausstellung im Kommunikationsmuseum

Wie informieren Sie sich? Sind Sie News-Junkie oder Nachrichten-Vermeider?

Von Hans-Bernd Heier

Die erste umfassende Ausstellung über Nachrichten in Deutschland beleuchtet unser Verhältnis zum Nachrichtenwesen und zeichnet die historische Entwicklung von Nachrichten nach. Die Präsentation „NACHRICHTEN – NEWS“ im Kommunikationsmuseum Frankfurt bietet einen multiperspektivischen Blick auf Nachrichten und stellt zentrale Fragen unserer Zeit: Was ist wichtig? Was ist wahr? Wie wirken Nachrichten auf uns? Dabei steht eine zentrale Akteurin im Fokus, über die die meisten wenig wissen: die Nachrichtenagentur. Nach der Erstpräsentation in Nürnberg ist Frankfurt die zweite Station, bei der die Schau um die Themenbereiche „Lokaljournalismus“ und „Künstliche Intelligenz“ erheblich erweitert wurde.

Collage von dpa-Pressefotos aus 75 Jahren, aktuellen Schlagzeilen und Nachrichten-Jingles; © Museum für Kommunikation Frankfurt, Foto: Michael Zimmermann

Mit einer gelungenen Collage von dpa-Pressefotos aus 75 Jahren, aktuellen Schlagzeilen und Nachrichten-Jingles (sog. „akustische Logos“) stimmt die Ausstellung die Besucher auf das vielfältige Themenspektrum ein: Ikonische Nachrichtenereignisse wie u. a. das sog. Fußball-Wunder von Bern, als Deutschland die hochfavorisierten Ungarn besiegte, oder Kennedys weltberühmter Ausspruch vor dem Schöneberger Rathaus „Ich bin ein Berliner“ und der tollkühne Becker-Hechtsprung im Wimbledon-Tennis-Finale werden in Erinnerung gerufen.

Außerdem bieten beliebte Sendungen aus Fernsehen, Radio und Podcasts Identifikationspotenzial. Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Nutzung von Nachrichten sowie Antworten auf die Frage „Wie geht´s Dir mit Nachrichten“ laden zur Reflexion ein. Eine Audio-Installation versammelt Stimmen zur persönlichen Haltung zu Nachrichten: Bist Du News-Junkie oder Nachrichten-Vermeider? „Die Vielfalt der Antworten macht deutlich, dass nicht nur die Nachricht selbst, sondern auch unsere Erfahrungen, Werte und die aktuelle Lebenssituation eine wichtige Rolle dabei spielen, wie wir Nachrichten wahrnehmen“, erklärt Museumsdirektorin Dr. Annabelle Hornung.

An dieser Station können Besucher ihr Nachrichten-Match finden; © Museum für Kommunikation Frankfurt, Foto: Michael Zimmermann

Die interaktive Schau lädt Besucher dazu ein, individuelle Gewohnheiten, Bedürfnisse und Kenntnisse zu erkunden: Ausstellungsgäste tippen ihre eigene Nachrichtenmeldung auf der Schreibmaschine, unterscheiden Fakten von Fakes und finden per Swipe ihr persönliches Nachrichten-Match. Am Ende steht ein Ausblick auf innovative Nachrichtenformate, neue Ideen für den Journalismus und die Frage, was wir brauchen, um jetzt und in Zukunft gut informiert zu sein. Passend zum Themenjahr 2025/26 „Künstliche Intelligenz und Kommunikation“ liegt ein Schwerpunkt der Ausstellung auf Künstlicher Intelligenz und deren Bedeutung für Nachrichten und die redaktionelle Arbeit. Außerdem werden die aktuellen Herausforderungen des Lokaljournalismus thematisiert.

Nachrichten sind nicht nur Informationen, sondern auch eine Ware, die in der Schau in Kiosken präsentiert wird: von den ersten mündlichen Überlieferungen auf Marktplätzen über handgeschriebene Nachrichtenbriefe und gedruckte Flugblätter der Frühen Neuzeit bis zu den Generalanzeigern des 19. Jahrhunderts. Vor allem durch Anzeigen finanziert informieren diese als erstes Massenmedium über Lokalpolitik, Geschäftsleben, kulturelle Ereignisse und das Wetter – und das in hohen Auflagen und zu erschwinglichen Preisen.

Welche Nachrichten interessieren Sie am meisten? Politik, Kultur, Sport etc., interaktive Station ; © Museum für Kommunikation Frankfurt, Foto: Michael Zimmermann

Mit fortschreitender globaler Vernetzung stieg auch das Bedürfnis nach internationaler Berichterstattung, dem lokale Medien nicht nachkommen konnten: die Geburtsstunde der Nachrichtenagenturen. Die Ausstellung gibt einen Überblick über deren Anfänge – mit der 1835 in Paris gegründeten AFP-Vorgängerin Agence Havas, „Wolffs Telegraphisches Büreau“ in Berlin (1849) und Julius Reuters gleichnamiger Agentur (1851).

Wie Nachrichtenagenturen heute an ihre Informationen kommen und wie sie entscheiden, welches Ereignis zur Nachricht werden soll, wird am Beispiel der Deutschen Presse-Agentur dpa veranschaulicht. Diese ist eine der rund 20 unabhängigen Nachrichtenagenturen weltweit. Hinter ihr stehen 173 deutsche Medien, die sich durch die dpa die Versorgung mit geprüften Informationen sichern. Die Schau wirft einen Blick hinter die Kulissen der Nachrichtenproduktion und zeigt, wie Agenturjournalismus funktioniert. Die Meldungen sollen unabhängig, überparteilich, zuverlässig sein – was das heißt, nimmt die Ausstellung kritisch unter die Lupe.

Interaktive Station: Warum vermeiden Sie Nachrichten? © Museum für Kommunikation Frankfurt, Foto: Michael Zimmermann

Journalismus ist ein Handwerk, das spezialisiert ist auf den fundierten Umgang mit Quellen und das Überprüfen von Informationen. Neben digitalen Kanälen und Sozialen Medien mit durch Nutzern generiertem Inhalt sind Journalisten jedoch heute nur eine Stimme von vielen. Die Ausstellung zeigt, welche Methoden diese anwenden, um die Genauigkeit ihrer Meldungen sicherzustellen und welche Herausforderungen sie dabei bewältigen müssen, um Tatsachen-Meldung von Meinung und Fakten von Fakes zu unterscheiden. Interaktive Stationen animieren zur spielerischen Auseinandersetzung mit journalistischen Standards. Infografiken und ausgewählte Objekte verdeutlichen, dass Unabhängigkeit eine junge Errungenschaft in der deutschen Agenturgeschichte ist.

Nachrichten sind allgegenwärtig. Es gibt immer etwas Neues, in immer größeren Mengen und über immer mehr Kanäle. Historisches Audio- und Videomaterial und zahlreiche Originalobjekte führen vor Augen, wie sich die Nachrichtenübertragung beschleunigt und unsere Nachrichtennutzung verdichtet hat – von der Postkutsche zum Satellitenfunk, von der Zeitung zu den Sozialen Medien. Dabei werden Meilensteine wie die Erfindung des elektromagnetischen Morse-Telegrafen, die Verlegung des ersten Transatlantikkabels oder der Negativscanner sowie der Bildsender „Leafax 35“ vorgestellt, ein Vorläufer der digitalen Bildübertragung.

Und die Entwicklung geht rasant weiter. Die „NewZees“, eine Gruppe junger Medieninteressierter, haben sich im Rahmen der Initiative #UseTheNews mit neuen Ideen für den Nachrichtenjournalismus beschäftigt. Sie präsentieren dem Publikum ein ganzes Repertoire an Nachrichtenformaten, das die Medienkonsumenten von morgen ansprechen soll, etwa die „News-WG“ vom Bayerischen Rundfunk oder „doktordab“ auf Instagram. Hier werden alltägliche Themen auf satirische Weise erklärt und analysiert. Die Ergebnisse können die Gäste an einer interaktiven Station ähnlich wie bei einer Dating-App erkunden: Per Swipe finden sie ihr Nachrichten-Match und vertiefendes Video- und Audiomaterial zu den jeweiligen Formaten.

Einblick in die Arbeit von Auslandskorrespondenten; © Museum für Kommunikation Frankfurt, Foto: Michael Zimmermann

Das Museum für Kommunikation Frankfurt hat die News-Schau um die Themenbereiche „Lokaljournalismus“ und „Künstliche Intelligenz“ erweitert: Was leistet der Lokaljournalismus im Allgemeinen und welche Themen spricht er an? Das „Wüstenradar“, eine Studie der Hamburg Media School, zeigt den Rückgang von lokalen Nachrichtenangeboten. Besucher können über Umfragen an interaktiven Stationen Feedback zur Bedeutung des Lokaljournalismus geben. Ein Fokus liegt dabei auf den Frankfurter Zeitungen und der Presse- und Nachrichtengeschichte der Stadt. Die 1848 in der Paulskirche erkämpfte Pressefreiheit wird ebenso thematisiert, wie die Lizenzvergabe an Presse und Rundfunk durch die Alliierten nach dem Zweiten Weltkrieg.

Passend zum Themenjahr 2025/26 „Künstliche Intelligenz und Kommunikation“ liegt ein weiterer Schwerpunkt auf KI und deren Bedeutung für Nachrichten und redaktionelle Arbeit. Themen wie Deep Fakes werden angesprochen und Regeln zum Umgang mit KI auf redaktioneller und europäischer Ebene gezeigt. Wird die KI zu Freund oder Feind von Nachrichten und Journalismus, wie wir es heute kennen?

Die Ausstellung „NACHRICHTEN – NEWS“, die noch bis zum  6. September 2026 im Museum für Kommunikation Frankfurt gezeigt wird, ist in Kooperation mit der dpa und der Initiative #UseTheNews anlässlich des 75-jährigen Bestehens der Deutschen Presse Agentur entwickelt worden. Die Ausstellung richtet sich an Besucher ab 12 Jahren. Für jüngere Museumsgäste gibt es eine Ausstellungs-Rallye mit Rätselheft und einem exklusiven Museums-Comic mit dem Reporterhund Ferdinand gezeichnet von dem Cartoonisten Flix.

Digitale Einblicke in die Ausstellung gibt es unter:

https://nachrichten-news.museumsstiftung.de/

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