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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Mediterrane Architektur und Natur nach römischer Art

Am Hochufer des Mains in Aschaffenburg

von Paulina Heiligenthal

„In das fröhliche Treiben, in blühende Fülle des Lebens
Griff erstarrend die Hand plötzlichen Todes hinein,
Das ein ganzes Geschlecht vertilget im Keime geworden,
Zeige im kleinen hiermit einstens der Menschheit Geschick.“
Erster Vers aus der „Pompeja. X. Elegie.“ Von Ludwig I, König II von Bayern (1786-1868)

Aschaffenburg am Main, die Gedanken schweifen in die Ferne, Foto: Paulina Heiligenthal

Kaum hat man die ersten Stufen unterhalb des Johannisburgschlosses betreten, öffnet sich eine herrliche Kulisse mit Blick über rotgefärbte Dächer auf pralles Ufergrün des Flusses Main, der sich sanft spiegelnd einen Weg durch die wellige Landschaft von Aschaffenburg bahnt. In malerischer Schönheit. In friedlicher Atmosphäre. Auch beschaulich.

Ob, was der heutige Tag bringen mag… Ob, was morgen kommen mag…

Die runden Öffnungen der Schlossmauer bieten immer neue Blickwinkel auf das Schloss: Foto: Paulina Heiligenthal

Ein schmaler Natursteinweg führt weiter zwischen sinnesbetörenden Rosenanlagen in zartrosa und einer soliden Sandsteinmauer in Rotbraun. Mit zahlreichen Öffnungen, gleich „Bullaugen“ eines Schiffes. Jeder Durchblick entlang der Schlossanlage bietet eine etwas andere Perspektive auf die Turmspitzen des Johannisburgschlosses.

Südländisches Flair auf der Hochterrasse der Römervilla, Foto: Paulina Heiligenthal

Überspannt von einem üppig berankten, lauschigen Arkadengang, einem Weinlaubengang führt eine romantische Verbindung zum hoch über dem Main, am „Grauen Stein “ gelegenen Frühstückstempel. Zu einem Pavillon, 1788 von d’Herigoyen auf den Resten der alten Stadtmauer errichtet.

José Manuel Herigoyen,*1746 bei Lissabon, †1817 in München, wurde als Sohn aus der Ehe eines Adligen aus uradligem, baskischem Geschlecht mit einer Wienerin geboren.

Vater Martin aus Bayonne/Frankreich war Truchsess – Hofvorsteher – des portugiesischen Infanten Dom Manuel Joseph. Patenonkel und Namensgeber des Sohnes. Herigoyen war Baumeister, Geodät und Kartograf mit profunder Ausbildung in Paris (Architektur, Physik, Mathematik) und Wien (Bildende Künste).

Zum Pompejanum gehört der auf einem Steilhang gelegene Frühstückstempel mit Fernblick, Foto: Paulina Heiligenthal

Seine Architektur ist geprägt vom französischen Klassizismus und vom Palladio beeinflussten englischen Palladianismus. Durch einfacher und sparsamer Fassadengestaltung kommt er dem Winckelmannschen Gedankengut – edle Schlichtheit und stimmungsvolle Eleganz – sehr nah. In Süddeutschland zählt er zu einer der bedeutsamsten Architekten des frühen Klassizismus. Mit wichtigsten Wirkungsstätten in Aschaffenburg, Regensburg und München.

Rekonstruktion einer idealisierten Villa aus der Zeit des römischen Kaiserreiches

Schmale geschwungene Wege, verwunschene Laubengänge führen durch den schattenspendenden Schlossgarten hoch bis zum Terrassenplateau über dem Main hinauf. Durch eine Parkanlage, die Ende des 18 Jh. unter Friedrich C.J. von Erthal, Erzbischof und Kurfürst, im Verlauf des ehemaligen Stadtgrabens, und über der Stadtmauer entstand. In den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts wurde die Anlage durch einen Steg über den Graben erweitert. Als Verbindung zwischen dem Schloss Johannisburg und das zwischen 1840 bis 1848 erbaute Pompejanum, eine Rekonstruktion und Idealtypus einer römischen Villa der Antike.

Vom Schloss Johannisburg führt ein wundeschöner Weg durch den Schlosspark zum Pompejanum hinauf, Foto: Paulina Heiligenthal

Ein architektonisches Meisterwerk und Museum, realisiert vom Bauherr, Förderer der Schönen Künste, Feingeist und Dichter Ludwig I., König von Bayern.

Ludwig I, 1786-1868 war ein deutscher Fürst aus dem Hause Wittelsbach. Als zweiter König von Bayern folgte er seinem Vater Maximilian I. nach dessen Tod im Jahr 1825 auf den Thron. Im Revolutionsjahr 1848 dankte er zugunsten seines Sohnes Maximilian II. ab.

König Ludwig I. war Onkel der späteren Kaiserin Sissy von Österreich. Er studierte schwerpunktmäßig: Alte Geschichte, französische, italienische und spanische Literatur an den Universitäten von Landshut und Göttingen. Mit einer Italienreise in den Jahren 1804 bis 1805 schloss er seine Ausbildung ab.

Später lernte er zudem die russische Sprache.  Als Kronprinz ehelichte er am 12. Oktober1810 die Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen. Aus der Ehe gingen 9 Kinder hervor. Zu Ehren der Prinzenhochzeit wurde ein Pferderennen veranstaltet, das die weit über 200 Jahre alte Tradition des Münchener Oktoberfestes begründet. Der Veranstaltungsort wurde nach der Prinzessin, der späteren Königin, als Theresienwiese bezeichnet.

Der König und sein Ypsilon

Der reich verzierte Marmoraltar gilt als einer der schönsten aus der Zeit des Augustus, Foto: Paulina Heiligenthal

Aufgrund seiner Affinität zu Griechenland, ordnete der Philhellene Ludwig I. am 20. Oktober 1825 per Dekret eine orthografische Änderung des Landesnamens Baiern an. Nur sieben Tage nach seiner Inthronisierung führte er das elegante Ypsilon, das griechische I, in den Namen ein: Von da an lautet der Name Bayern.

Das südländisch anmutende Gartenidyll

Innerhalb der Mauern des mediterran anmutenden Gartens leuchtet von weitem eine hochaufragende elegante Villa: Das Pompejanum. Ein architektonisches Kleinod.

Südost-Ansicht auf das Pompejanum in Maisgelb mit rotem Sockel, das die Pracht und Eleganz der römischen Kultur verkörpert, Foto: Paulina Heiligenthal

Mit maisgelber Fassade und Pompejisch-rotem Sockel. Ein idealisierter Nachbau des beim Ausbruch des Vesuvs in Pompeji 79 n. Chr.verschütteten“ Casa dei Dioscuri“, einer römischen Villa der Antike, die Ludwig I. bei seinem Besuch in Pompeji begeisterte und inspirierte.

Die Ausgrabungen dort ergaben tiefgreifende Einblicke in die Bautechniken und die Strukturierung in der Antike. Ergänzend dazu deuteten strahlende, farbenfrohe Fresken, Mosaiken und Stuckarbeiten auf ihre Hochkultur hin.

Stuck und Wandverputz mit Malerei als Dekor aus dem 1. Jh. n. Chr. Fresken aus dem antiken Rom, Foto: Paulina Heiligenthal

Nach mehrfachen Italienreisen zu Studienzwecken begannen der Architekt Friedrich von Gärtner (1791-1847) und der Maler Joseph Schlotthauer (1789–1869), Professor an der Münchner Akademie, auf Wunsch des Monarchen 1840 mit der Planung der Rekonstruktion. In herausragender Lage, auf den Höhen des Ziegelberges oberhalb des Mains in Aschaffenburg: Kunst und Kultur nach römischer Art.

Das Pompejanum sollte nicht als königliche Villa, sondern als begehbares Anschauungsobjekt, als Repräsentationsbau der Öffentlichkeit zugängig sein. Den Architektur-und Kunstliebhabern, den Kulturinteressierten dienen. Als musealer Ort der Kontemplation, um die antike Kultur und Architektur zu studieren. In pädagogischer Absicht. Den Grundstein für den Bau des Hauses legte der kunstsinnige König Ludwig I. am 10. Juni 1843 selbst.

Im Tablinum steht der Gottesthron der Göttin der Liebe Aphrodite aus dem 2. Jh. n. Chr., Foto: Paulina Heiligenthal

Unter Leitung des bayerischen Gartenintendanten Seitz inszenierte Hofgärtner Maximilian May Mitte des 19. Jh. einen Garten, eine mediterrane Ideallandschaft, der das Pompejanum umgibt. Um den Betrachter in ein römisches Ambiente zu versetzen. Hier wandelt man zwischen Pflanzen und Gehölzen des Mittelmeerraumes: zwischen Mandelbäumen, Feigen, Araukarien, Agaven. Sogar zwischen einem „Pinienhain“ aus Schwarzkiefern. Das milde Klima am Main schützt das südländische Gartenidyll. Am Steilhang zum Main hinab, wächst Weißwein, passenderweise „Pompejaner“ genannt. Wer hätte Anderes erwartet?

Meisterhafte Mosaiekarbeit im kleinen inneren Raum, der Cella, dem heiligen Ort für den Kult, Foto: Paulina Heiligenthal

Cave Canem! Hüte Dich vor dem Hund!“, warnt ein Fußboden Mosaik mit Wachhund am schlichten Eingang des Pompejanums. Eine Kopie eines Exemplars, im Jahre 1825 in Pompeji von Archäologen bei Ausgrabungen entdeckt. Wegen seiner reichen Mosaikausstattung und der zahlreichen mythologischen Wandbilder erhielt das ausgegrabene Haus eines Tragödiendichters den Namen Casa del Poeta Tragico.

Wer war der König Ludwig I. von Bayern?

Auf dem Gemälde von Joseph Karl Stieler, einer Darstellung in Krönungsornat aus dem Jahr 1826, sieht man einen selbstbewussten, fast übermütig dreinblickenden Mann. Gar herausfordernd? Draufgängerisch? Ein Wenig spöttisch ist sein offener, intensiver Blick. Auch neugierig. Wildverwegen die Frisur. Ein vitaler Mann. Mutig und voller Schöpfungskraft.

Er galt als umtriebig, spontan, begeisterungsfähig, immer einen Schritt vorausstolzierend. Als Dichter kehrte er sein Inneres lustvoll nach außen. Rechts oben im Bild steht das Motto: Gerecht und beharrlich. Ludwig I. war sparsam bis hin zum Geiz im privaten Leben. Ihm gelang allerdings die Sanierung des Staatshaushaltes.

Als versierter Regent arbeitete er äußerst gewissenhaft und konzentriert. Er führte das Leben eines Kunstsammlers und Bauherrn, der mit Kunst seine Politik machte. Für die Öffentlichkeit. Die Stadt München machte er zu einer weit beachteten Stadt der Kunst. Zu einem Isar-Athen. Mit vielen bedeutenden Bauwerken, darunter die Ludwigstraße mit der Universität, die Bayerische Staatsbibliothek, den Königsplatz mit der Glyptothek, den Propyläen und der Antikensammlung, die Alte Pinakothek.

War seine Politik zunächst liberal und aufgeklärt, so wurde sie im Laufe der Jahre immer reaktionärer. Auf diese Art verlor Ludwig I. zunehmend den Kontakt zu den Untertanen.

Das Fenster in die Kunst und Kultur der Antike

Kaum habe ich den kleinen Eingangsbereich des Pompejanums betreten, beginnt meine Reise in die antike Welt Roms. Zunächst werden meine Augen magisch von einem grandiosen Säulengang mit ionischen Säulen eingefangen.

Stuck und Wandverputz mit Malerei als Dekor aus dem 1. Jh. n. Chr., Foto: Paulina Heiligenthal

In strahlender Zweifarbgebung: Blendend weiß im oberen Zweidrittel, blutorangenrot im unteren Drittel. Grafisch passend und Kontrast verstärkend: der edle Mosaikfußboden.

Eindrucksvoll ist sie, die Umrahmung des Atriums – des quadratischen Innenraumes. Das Schlüsselelement des zentralen Raumes im Herzen des Hauses.

Brunnenfigur des laufenden Knaben im Atrium, Foto: Paulina Heiligenthal

Ein Wasserbecken mit der Brunnenfigur eines laufenden Jungen liegt mittig. Um diesen großzügigen Aufenthaltsraum herum befinden sich die kleinen Gästezimmer, die Küche und sogar eine Toilette/Latrine. Auch der offizielle Empfangsraum des Hausherrn – das Tablinum – eine Verbindung zu den Privaträumen im nördlichen Teil.

Das reich ausgestattete Sommerspeisezimmer mit kunstvollem Mosaikenfussboden enthält drei Speisesofas und ein Prunkbecken aus Marmor, Foto: Paulina Heiligenthal

Farbenprächtige Wand- und Deckenmalereien – Fresken – mit sich tummelnden Fabelwesen beleuchten erstmals die Inneneinrichtung des Nachbaus eines pompejischen Patrizierhauses. Die außergewöhnliche Farbintensität kam durch die Einfärbung des Putzes zustande. Dieser wurde in Schichten aufgetragen, denen immer feiner gemahlenes kristallines Gestein beigegeben wurde.

Detail feinster Trompe d’oeil-Malerei an der oberen Wandzone des Innenhofs, Foto: Paulina Heiligenthal

Nach Glättung und Polieren der Oberflächen, entstand durch die Lichtreflexe der Gesteinskristalle ein Tiefenglanzeffekt, um dem prächtigen Bauwerk, den Glanz der römischen Architektur zu verleihen. Als Vorbild und Namensgeber. Als Zeugnis des Königs Faszination für die Stadt am Fuße des Vesuvs. Als Zeugnis seiner Leidenschaft für die Antike.

Ein pyramidenförmiges Dach, aus witterungsbedingten Gründen verglast, verbindet Geschichte und Licht auf faszinierende Weise. Diese raffinierte Bauweise erzeugt Lichtreflexionen, die zur natürlichen Belichtung der umliegenden, fensterlosen Wohnräume führen. Wie auch ein weiterer Innenhof im rückwärtigen Hausbereich – das Viridarium, ein begrünter Wohlfühlgarten mit Wandmalereien – ein Lichtspender für die umliegenden Speisezimmer ist.

Beschwipster Satyr aus Marmor im Sommerspeisezimmer, Foto: Paulina Heiligenthal

Das Innere enthält eine Vielzahl von antiken Bronze- und Marmorkunstwerken, die nicht nur die römische Lebensweise widerspiegeln, sondern auch einen Einblick in das Alltagsleben der Römer zeigen. Zum Erlernen der Mosaiktechniken wurde eigens ein Steinmetz nach Rom geschickt, um eine Ausbildung bei einem Mosaikbildner zu absolvieren.

Von 1848 bis 1850 erfolgte letztendlich die Ausmalung der Räume nach den von Gärtner vorbereiteten Entwürfen. Joseph Schwarzmann und seine Mitarbeiter fertigten die architektonischen und dekorativen Malereien, während die figürlichen Einzelbilder von Christoph Nilson nachempfunden wurden.

Das Elternschlafzimmer – Cubiculum – im ersten Stock dient als Raum für Wechsel-Ausstellungen, Foto: Paulina Heiligenthal

Zwei Götterthrone aus Marmor im Erdgeschoß gehören zu den wertvollsten Ausstellungsstücken. Die antiken Kunstwerke stammen größtenteils aus den Staatlichen Antikensammlungen und der Glyptothek in München.

Die Obergeschoßräume, in Pompeji weitestgehend eingestürzt, wurden als Wohn- und Schlafräume interpretiert und entsprechend eingerichtet. Großformatige Wandfresken lassen die prachtvolle Ausstattung römischer Patriziervillen auferstehen.

Das 2. Obergeschoss wurde um ein sog. Königszimmer aufgestockt, ein tempelartiges Belvedere und Giebeldach und wirkungsvoller Außentreppe  mit Säulenvorbau. Zur Mainseite hin. Für den spektakulären Panoramablick auf die Flusslandschaft, den Schlossgarten bis zum Schloss Johannisburg.

Flankiert von ionischen Säulen präsentiert sich das prachtvolle Atrium um einWasserbecken herum im Erdgeschoss der Villa, Foto: Pauzlina Heiligenthal

Das Museum Pompejanum thront über den Weinbergen entlang des Mains. Wegen seines milden Klimas mit üppiger Blumenpracht und dem Duft des Südens, wählte der kunstliebende Monarch Aschaffenburg zu seiner Sommerresidenz. Hier ließ sich seine geradezu sinnliche Nähe zur Antike frönen. In seinem „bayerischen Nizza“, wie er seine geliebte Stadt schwärmerisch nannte.

Lola tanzt und dem König auf der Nase herum …

Auf des Königs Nase herum? Oder doch eher in „Einer verhängnisvollen Affäre“?

Eliza Rosanna Gilbert wurde 1821 als Tochter eines schottischen Offiziers und einer irischen Landadligen in Grange, Nord-West Irland geboren. Nach dem frühen Tod ihres Vaters wuchs sie bei ihrem Stiefonkel in Schottland auf. Bis 1837 besuchte sie im englischen Bath ein Internat für höhere Töchter.

Um eine arrangierte Vernunftehe mit einem wesentlich älteren Richter zu entgehen, ließ sie sich von einem englischen Offizier zunächst entführen und ein Jahr später heiraten. Im Jahr 1838 ging das Ehepaar nach Indien. Wieder ein Jahr später, es war 1839 trennten sich die beiden.

Tanzender Satyr aus schwarzem Marmor ist eine römische Kopie eines Originals aus dem 3. Jh. v.Chr., Foto: Paulina Heiligenthal

Eliza Rosanna Gilbert kam 1942 nach London zurück, lernte dort die spanische Sprache. Auch die spanischen Tänze, die sie bei einem Spanien-Aufenthalt intensivierte. Unter dem Namen „Maria de los Dolores Porrys y Montez“, kurz Lola Montez kehrte sie als spanische Tänzerin aus Sevilla nach London zurück. Nach einem anfänglich erfolgreichen Debüt, musste die Hochstaplerin London entfliehen. Nach Paris.

Dort arbeitete sie zwei Jahre lang in der Halbwelt, um anschließend, skandalumtost auf Grund von zahlreichen Affären und Tumulten, tanzend durch Europa zu ziehen. Den Mächtigen dieser Welt den Kopf verdrehend. Eine Femme fatale. Eine Rampensau, deren ganzes Leben eine Bühne ist? Eine Frau, die auf Konventionen pfeift und sich nimmt, was sie will? Sie wirbelte viel Staub auf in Berlin, Warschau, Baden-Baden, dort, wo sie überall ausgewiesen wurde. Erst recht nach einem skandalösen Benehmen im thüringischen Reuß-Ebersdorf, nach ihrer ersten Affäre mit einem Adligen, Heinrich LXXII.

Weiter ging es nach München. Nach ihrer Ankunft am 5. Oktober 1846 dort, bewirbt sie sich um ein Engagement als Tänzerin an der Hof Bühne. Als der Intendant sie abblitzen lässt, sucht sie kurzentschlossen den bayerischen König Ludwig I. auf. Mit Erfolg! Siehe da, ihr erstes Gastspiel findet am 10. Oktober 1846 am Münchener Hof- und Nationaltheater statt. Ludwig I. ist nicht nur ein Italien-Griechenlandverliebter.

Im Schlafraum steht heute die römische Marmorstatue des Dionysos, römisch Bacchus, aus dem 1. Jh. n. Chr., Foto: Paulina Heiligenthal

Er dürstet geradezu nach dem „Schönen“ in dieser Welt. Auch und vor allem nach weiblicher Schönheit. In sinnlicher Absicht. Voller Leidenschaft. Voller Übergabe und Emotionen. Alsbald wird die 25-Jährige Lola die Geliebte des 60-jährigen Monarchen. Mit Privat-Wohnung in der Theresienstrasse. Nur ein Monat und 10 Tage nach ihrer Tanzperformance, lässt der König sein Testament zu Gunsten seiner Geliebten ändern.

Ihr wird eine Auszahlung von 100.000 Gulden zugesagt, falls sie bei seinem Ableben weder verheiratet noch verwitwet sei. Bis zu einer Verehelichung sollen ihr jährlich 2.400 Gulden gezahlt werden. Tatsächlich hatte sie, bis zum Ende des Verhältnisses im Jahre 1850, insgesamt 158.084 Gulden erhalten. Darüber hinaus schenkte er ihr ein Palais in der Barer Straße Nr. 7, wo er sie fast täglich zwischen 17 und 22 Uhr abends besuchte. Auch erhob er sie am 25. August 1847 als Gräfin von Landsfeld in den Adel „wegen vielen, den Armen Bayerns erzeigten Wohltaten“. Ludwig I., der feurige Verehrer brannte lichterloh und verspürte keinerlei Scheu, das Gspusi geheim zu halten. Ja, er betrieb die Affäre geradezu exhibitionistisch. Zur Missbilligung der Münchener Bevölkerung. Zur Missbilligung seiner nahen Verwandtschaft.

Letztendlich kommt es im März 1848 zum Eklat, ausgelöst durch dieses Liebesverhältnis zu Elizabeth Rosanna Gilbert, besser bekannt als Lola Montez (1821 -1861). Am 20. März 1848 dankte Ludwig zugunsten seines Sohnes Maximilian II. von Bayern ab.

Glanz und Prunk prägten seine Regentschaft. Sie beflügelten ihn. Auch politische Krisen und Skandale. Sie machten ihn antastbar. Sie ließen ihn straucheln.

Die Schönheiten Galerie von Schloss Nymphenburg zeigt ein Porträt der Mätresse des zweiten Bayern-Königs. Im Film „Lola Montez“ aus dem Jahr 1955 tanzt sie trunken vor Glück und Trauer. Und an der Copacabana wird die Tänzerin leidenschaftlich in einem Latin Sound besungen: Her name was Lola…

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