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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Daniel Kehlmann und Markus Gabriel diskutieren zum Auftakt der phil.COLOGNE über KI

Göttliche Ideen, Intelligenz und Macht

Von Simone Hamm

Wenn er nachts wach liege und nicht schlafen könne, weil er über die künstliche Intelligenz und die Folgen für die Menschen grübele, dann denke er an Markus Gabriel und dessen unbeirrbaren Optimismus, so Daniel Kehlmann. In Köln, zum Auftakt der Phil.Cologne saßen sie, gemeinsam mit der Moderatorin Simone Rosa Miller, auf der Bühne. Sie ließ sich weder durch freundliche Sätze Kehlmanns noch lange Abhandlungen des Philosophen Markus Gabriel beirren und stellte klug die wichtigen Fragen.

Schriftsteller Daniel Kehlmann und Philosoph Markus Gabriel im Gespräch, Foto:©Katja Tauber / phil.COLOGNE

Daniel Kehlmann, einer der großen deutschsprachigen Schriftsteller und Markus Gabriel, der Shooting Star unter den Erkenntnistheoretikern aus Bonn, der weltweit lehrt, diskutierten über KI, die die Welt letztlich weit mehr verändern werde als einst die Industrielle Revolution.

Der Autor Daniel Kehlmann –  hier allerdings auf der Frankfurter Buchmesse, Foto: Petra Kammann

Wie, so wurde Kehlmann gefragt, sich KI auf das Werk von Schriftstellern auswirke. KI könne gute Romane schreiben, nicht aber sehr gute. KI könne niemals „Hundert Jahre Einsamkeit“ schreiben. (Anm.d.Red.: der Roman des kolumbianischen Schriftstellers Gabriel Gárcia Márquez, der ihm den Nobelpreis bescherte)  KI generiere Bücher. Die könnten gar nicht originell sein, denn sie entstünden ja auf der Basis von Daten schon geschriebener Bücher. Im übrigen sei das sein geringstes Problem. Wenn er nach den zehn größten Gefahren gefragt werde, die KI mit sich bringe, stünde die Frage nach der Literatur noch nicht mal auf den ersten zehn Plätzen.

Ist KI nun intelligent oder nur eine Simulation von Intelligenz, gefüttert mit Daten, die Menschen eingeben? Darauf antwortete Markus Gabriel. Wenn es intelligent sei, Probleme innerhalb eines gewissen, begrenzten Zeitraums zu lösen, dann sei Ki nicht nur eine Simulation von Intelligenz, sondern hochintelligent. KI sei natürlich alles andere als wertfrei. Sie verstärke vielmehr das, was sie in den Datengrundlagen ausfindig gemacht habe. Diejenigen, die sie mit Daten fütterten, trügen die Verantwortung. Noch. Kehlmann könnte sich durchaus auch eine Zukunft vorstellen, in der die KI uns bestimme, nicht umgekehrt. Sicher sei da gar nichts.

Wie intelligent sind die Systeme, wie intelligent können sie werden? Können sie ein Bewusstsein erlangen? Ohne menschliche Hilfe? Hier bringt Gabriel den Philosophen Hegel ins Spiel: Ein Gedanke könne auch dann in der Welt sein, wenn er nicht von einem menschlichen Wesen stamme. Die Idee an sich, die göttliche Idee, müsse nicht menschlich sein. Hegel sprach also von einer göttlichen Idee, die KI-Forscher von der KI.

Wieder warf Simone Rosa Miller eine kluge Frage ein: Könne KI-Systeme philosophieren? Das wollte der Philosophieprofessor Gabriel dann doch nicht bejahen: Sie könnten nichts, gar nichts. Sie könnten in Windeseile Hegels Gesamtwerk zusammenfassen, aber sie seien unfähig, einen philosophischen Dialog zu führen.

Wie man auf KI einwirken könne? Nun, so Gabriel, selber machen! Ethische KI-Agenten schaffen. Etwa einen „Gandhi-bot“ schaffen als Antwort auf die Bots aus Russland.

Es war ein sehr kurzweiliger Abend, tief philosophische Gedanken so heruntergebrochen, so dass auch all jene es verstehen konnten, die nicht Tag für Tag in Philosophische Oberseminare gehen.

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