Die Stadt feiert „100 Jahre Neues Frankfurt“ in Ausstellungen, Festen und Aktionen
„Ohne das ,Neue Frankfurt‘ wäre Frankfurt nicht das, was es heute ist“
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Das legendäre und weit über die Mainmetropole hinaus berühmte Stadterneuerungsprogramm „Das Neue Frankfurt“ wird 100 Jahre alt. Aus diesem Anlass hat die Stadt am vergangenen Mittwoch das Veranstaltungsprogramm und die stadtweite Kampagne vorgestellt. Auch Frankfurts OB Mike Josef ließ es sich nicht nehmen, zur Pressekonferenz ins Museum Angewandte Kunst zu kommen. Für ihn ist der damalige Oberbürgermeister Ludwig Landmann ein großes Vorbild für die heutige Stadtplanung.
Über die architektonischen Besonderheiten des ,Neuen Frankfurt‘ sprach Andrea Jürges, Stellvertretende Direktorin des DAM, Foto: Petra Kammann
1925 begann der damalige Frankfurter Stadtbaurat Ernst May unter Oberbürgermeister Ludwig Landmann ein revolutionäres Stadterneuerungsprogramm mit dem Namen „Neues Frankfurt“. Ziel war es unter anderem, durch günstiges Bauen, Typisierung und große Siedlungsprojekte in Massenbauweise am Stadtrand der Wohnungsnot zu begegnen.
Das Neue Frankfurt in der Römerstadt mit dem typischen Rundbau, Foto: Petra Kammann
Manche Ideen von damals sind heute aktueller denn je
Die Bewegung veränderte darüber hinaus auch die gesamte Gesellschaft, förderte indirekt die Emanzipation der Frau, die Gesundheit und das Gemeinwohl und setzte Maßstäbe in Design und Architektur. In der Weimarer Republik wurde Frankfurt neben Berlin zum wichtigsten Zentrum der Moderne. Das Jubiläum ist der Anlass für die Stadt, diese Gestaltungsmoderne am Main in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts angemessen zu feiern. Die zahlreichen Veranstaltungen und Ausstellungen legen mit ihren vielfältigen Themenbereichen zudem den Grundstein für das kulturelle Großprojekt World Design Capital Frankfurt RheinMain 2026.
Die Plakatierung von „Die Zukunft wagen“ wird auch im Museum Angewandte Kunst kommuniziert, Foto: Petra Kammann
Das umfassende Stadterneuerungsprogramm „Neues Frankfurt“, das der damalige Stadtbaurat Ernst May 1925 in Frankfurt mit initiierte, galt damals als revolutionär, hat aber auch aktuelle Bezüge. Die Schlussfolgerung für den heutigen Dezernenten für Planen und Wohnen Prof. Marcus Gwechenberger lautet daher: „Das ,Neue Frankfurt‘ und insbesondere Ludwig Landmann haben die Grundlagen dafür gelegt, dass Frankfurt heute eine internationale, weltoffene Wirtschaftsmetropole ist, die sich gut in die Region einfügt. Um das zu schaffen, hat Ludwig Landmann mit seinem Team Frankfurt im europäischen Verkehrssystem positioniert, die Messe reaktiviert, neue Quartiere gebaut, wichtige Grünflächen angelegt und eine Aufbruchstimmung geschaffen.“
In dieser Zeit seien Planer und Planerinnen sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ganz Europa nach Frankfurt gekommen, um die wachsende Stadt zu gestalten. Denn unter seiner und Ernst Mays Leitung sei ein integrierter, fachübergreifender Planungsansatz – ein Leitgedanke – entstanden, an dem man heute anknüpfen müsse, um Frankfurt weiter voranzubringen und das heutige Wachstum der Stadt nachhaltig zu gestalten. „Ohne diese Grundlagen, ohne das ,Neue Frankfurt‘ wäre Frankfurt nicht das, was es heute ist: Weltoffen und international im Herzen von Europa.“
v.l.: Prof. Dr. Marcus Gwechenberger, Andrea Jürges, Mike Josef, Dr. Ina Hartwig und Mathias Wagner in der ersten Einbauküche, der „Frankfurter Küche“ von Margarethe Schütte Lihotzky im Museum Angewandte Kunst, Foto: Petra Kammann
Kulturdezernentin Ina Hartwig sieht Parallelen zur Gegenwart und betonte die gesamtgesellschaftliche Bedeutung der Gestaltungsmoderne: „Das ‚Neue Frankfurt‘ hat nicht nur Design und Architektur revolutioniert. Es war ein Umbruch, eine Bewegung, die die ganze Stadt erfasste und in die Gesellschaft hineinwirkte. Auch die Geschlechterfrage wurde dabei beachtet. Die Frankfurter Küche war im Grunde ein Riesenschritt in Richtung Emanzipation. Hier wurde der nach dem Ersten Weltkrieg oft beschworene ,Neue Mensch‘ konkret, der mit wesentlichen Verkrustungen radikal brechen sollte. Frankfurt war damals ungemein modern. Eine Entwicklung, die durch den Nationalsozialismus leider wieder um Jahrzehnte zurückgeworfen wurde.“
OB Mike Josef im Museum Angewandte Kunst, Foto: Petra Kammann
Oberbürgermeister Mike Josef betonte die mit dem Neuen Frankfurt verbundenen Errungenschaften des damaligen Oberbürgermeisters Ludwig Landmann, der mit einigen wenigen Weggefährten die Mainmetropole in wirtschaftlich schwierigen Zeiten modernisiert und zukunftsfähig gemacht habe. Man denke nur an das Waldstadion, die Siedlungen des Neuen Frankfurt, die neue Messehalle und die Großmarkthalle.
Damals seien Entscheidungen getroffen worden, die für nachfolgenden Generationen und bis heute nachwirkten:„Kaum eine Zeit hat Frankfurt so nachhaltig geprägt wie die Zeit von Ludwig Landmann im frühen 20. Jahrhundert. Und kaum eine geriet so schnell wieder in Vergessenheit, auch wegen Landmanns jüdischer Herkunft.“ Und Josef zieht weitere Parallen zum Hier und Jetzt: „Heute stehen wir wieder vor großen Herausforderungen wie etwa dem bezahlbaren Wohnraum, dem Bau von Schulen, dem Neubau der Städtischen Bühnen und der Multifunktionshalle. Zugleich wollen wir Unternehmensansiedlungen fördern und auch für mehr Sauberkeit und Sicherheit in unserer Stadt sorgen.“
Zahlreiche Ausstellungen, Performances und Aktionen rund um das Jubiläum
Aus diesen Überlegungen heraus hat die Stadt ein großes Jubiläumsprogramm entwickelt. Das Jubiläumsjahr war bereits mit einer Feierstunde zum 100. Jahrestag des Amtsantritts Ludwig Landmanns bereits im Oktober 2024 eingeläutet worden. Nun sind im weiteren Jahresverlauf szahlreiche Veranstaltungen geplant: Das umfangreiche Programm reiche von Ausstellungen, Vorträgen über Sportfeste und Stadtführungen bis hin zu Performances und Lesungen.
Das Museum Angewandte Kunst, das Deutsche Architekturmuseum und das Historische Museum Frankfurt widmen der Gestaltungsmoderne in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts große Sonderausstellungen aus ihrer jeweils eigener Perspektive.
Den Auftakt macht am Freitag, 9. Mai das Museum Angewandte Kunst mit der Ausstellung „Was war das Neue Frankfurt? Kernfragen zum Stadtplanungsprogramm der 1920er Jahre“.
Beispiel eines Lampions, Foto: Jan Hassenpflug / Stadt Frankfurt
Highlights: Lampionfeste in den Siedlungen und Sportfest im Waldstadion
Ein Highlight sind auch die Lampionfeste nach historischem Vorbild. Sie werden fünf Jahre lang, analog zur Schaffensphase von Ernst May in Frankfurt, von 2025 bis 2030 jedes Jahr zwei Mal in unterschiedlichen Ernst-May-Siedlungen stattfinden. Die Nachbarschaftsfeste sollen für jedermann offen sein und eine ungezwungene Atmosphäre bieten, welche die Stimmung von damals mit leuchtenden Lampions und Musik nachempfindbar mache.
Das Auftaktfest der Reihe findet am 2. Juli zentral in der Innenstadt auf dem Paulsplatz statt.
Auch der Sport hat Grund zu feiern: 2025 werden auch das Waldstadion und das Stadionbad 100 Jahre alt. Die Eintracht Frankfurt Stadion GmbH organisiert zum Beispiel am Samstag, 17. Mai, das „Stadion Sportfest“, ein großes Spiel- und Sportfest bei freiem Eintritt für alle im Deutsche Bank Park mit Mitmach-Stationen auf den Vorplätzen, sportlichen Attraktionen und Bühnenprogramm des Frankfurter Sports.
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