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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Ballett am Rhein: Der dreiteilige Ballettabend „Kaleidoskop“

Eine stählerne Skulptur, ein zotteliger Medizinmann, ein abstraktes Gemälde

von Simone Hamm

Der Tänzer Márcio Mota lehnt lässig an einer kolossalen Wand. Als die Musik von Philip Glass erklingt, öffnet sich die Wand, löst sich in drei Teile auf, die sich langsam drehen, in zwei Tore und eine Tür. Es wirkt, als sei sie aus Stahl, als sei sie ein Werk des Künstlers Richard Serra. (Bühnenbild: Curt Allen Wilder, Leticia Gañán) moto perpetuo“ heißt die erste Choreografie, die Iratxe Ansa und Igor Bacovich mit dem Ballett am Rhein einstudiert haben. Inspiriert wurden sie durch eben diese monumentalen Skulpturen Richard Serras. Der wiederum war befreundet mit Philip Glass. Dessen repetitive Musik, das ständige Kreisen der in Teile zerlegten Wand, das ist der Kreislauf des Lebens.

Vielfarbiges Bewegungsspiel mal 3 Kaleidoskop – von Iratxe Ansa & Igor Bacovich / Mthuthuzeli November / Jean-Christophe Maillot, Foto: Daniel Senzek

Nach und nach kommen andere Tänzer, kommen aus warmen Licht, tragen Gewänder in ebenso warmen Orange, später enge silberne Hosen und silberne Bodys. (Licht: Nicolás Fischtel.Kostüme Stefanie C. Salm) Auch sie kreisen langsam umeinander, heben eine Tänzerin, machen eckige, dann wieder feine, runde, immer genaue Bewegungen. Perfekter kann man Philip Glass nicht vertanzen. Am Ende schließen sich die Tore, werden wieder zur Wand, vor der der einzelne Tänzer steht: perpetuum mobile.

 „Moto perpetuo“: Elisabeth Vincenti, Phoebe Kilminster, Rafael Vedra, Alejandro Azorín, Dukin Seo, Joan Ivars Ribes, Norma Magalhães, Yoav Bosidan, Foto: Altin Kaftira

Das dritte Stück des Abends stammt aus dem Jahr 1995,  „Vers un Pays Sage“ (In ein weises Land) von Jean-Christophe Maillot. Es ist dem Vater des Choreografen, dem Maler Jean Maillot gewidmet. Seine Gemälde „Pays sage“  (doppeldeutig Landschaft und weises Land) mit den flüchtigen Pinselstrichen wird am Ende der Choreografie eingeblendet werden.

Sophie Martin und Skyler Maxey-Wert in „Vers un Pays Sage“ , Foto: Altin Kaftira

Die Musik von John Adams „Fearful Symmetries“ aus Synthesizer und Bläsern hat etwas Rauschhaftes. Da gibt es kein Innehalten „Vers un Pays Sage“ ist atemberaubend, dynamisch.  12 Tänzer und Tänzerinnen wechseln sich ab in rasend schnellen Gruppenkombinationen, eleganten Pirouetten, weiten Sprüngen, raumgreifenden Hebefiguren. Sie kommen rasch zusammen und gehen ebenso rasch wieder auseinander vor der Rückwand, die in sich stets verändertes Licht getaucht ist. Sophie Martin und Skyler Maxey-Wert sind ein hinreißendes Paar. Das Ballett am Rhein tanzt voller Hingabe und Präzision.

Hätte es nur diese beiden Choreografien gegeben, die, musikalisch und tänzerisch höchst anspruchsvoll, so gut zusammenpassen, es wäre ein großer Abend an der Düsseldorfer Oper gewesen.

Doch es gab noch ein anderes Stück, aufgeführt zwischen den beiden Meisterleistungen: Der junge südafrikanische Choreograf Mthuthuzeli November hat als Kind einmal einer Zeremonie beigewohnt. Und er erinnert sich an die Gefühle, die er hatte, während die Menschen sangen und tanzten. Lange war diese Erinnerung verschüttet. Jetzt hat er sie wieder herausgeholt und eine Choreografie daraus gemacht: “Invocation“(Anrufung).

Auf dem Bild: Mthuthuzeli November „Invocation“: Long Zou, João Miranda, Ensemble Ballett am Rhein, Foto: Altin Kaftira

Unter dem Dach einer Bambushütte hockt der langhaarige Tänzer Long Zhou. Andere Tänzer in Kostümen, an denen Fransen hängen, kommen hinzu. Sie stampfen in den Boden. Eine bunte, zottelige Gestalt mit Maske, vielleicht ein Medizinmann, vielleicht ein Schamane, stürzt sich auf die Menschen. Alle fallen in Trance, dann entkleiden sie das bunte Wesen und es wird zum Menschen wie sie. Das hat, obwohl gut getanzt, dann doch etwas Folkloristisches. Dazu kommt eine Art opulenter, seichter Filmmusik (Musik: Alex Wilson). Erst ganz am Ende ist westafrikanische Musik zu hören: Trommel und Gesang. Das lässt aufhorchen, nimmt dem Stück die Überfrachtung. Reduktion, Abstraktion hätte gut getan.

„Kaleidoskop“ 

wird noch in der Oper Düsseldorf zu sehen sein am:

Sa 29.03.2025
Sa 12.04.2025
So 20.04.2025
Sa 26.04.2025
Do 03.07.2025
So 06.07.2025

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