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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Museum Wiesbaden präsentiert „Die Biene in Natur und Kulturgeschichte“ (2)

Von tanzenden Bienen über „Honey Hunting“ bis zum „Urban Beekeeping“

von Hans-Bernd Heier

Das Museum Wiesbaden feiert seinen 200. Geburtstag. Am 1. April 1825 konnte das Museum erstmals seine Türen für die Öffentlichkeit öffnen. Im Jubiläumsjahr bietet das Hessische Landesmuseum für Kunst und Natur nun einen höchst attraktiven und abwechslungsreichen Ausstellungsreigen. Zum Auftakt zeigt das Zweispartenhaus unter dem Titel „Honiggelb“ die herausragende interdisziplinäre Doppelausstellung „Die Biene in der Kunst“ und „Die Biene in Natur und Kulturgeschichte“.

Die Biene in Natur und Kulturgeschichte Foto: Bernd Fickert / Museum Wiesbaden 

Eine der wohl ältesten Beziehungen zwischen Mensch und Tier ist die Wechselbeziehung zwischen Mensch und Biene. Die naturhistorische Schau nimmt die Besucherinnen und Besucher mit auf eine Reise durch fast 14.000 Jahre Menschheits- und Bienengeschichte: von den frühesten archäologischen Nachweisen, über weltweite ethnologische Zeugnisse bis zu biologischen Fakten. Dabei setzt das Mehrspartenhaus das Phänomen Biene multiperspektivisch und interdisziplinär in Szene und beleuchtet in der von Dr. Andy Reymann und Fritz Geller-Grimm kuratierten Schau ebenso spannend wie kurzweilig Teilaspekte aus Biologie und Kulturanthropologie.

Die Biologie wendet sich unter anderem der Kommunikation der Bienen durch Tanz zu wie auch deren Organisation als Staat, in dem mehrere Generationen zusammenleben. Hier zeigt sich, wie äußerst komplex das Verhalten der Hautflügler ist. “Mit der Bienenforschung des Nobelpreisträgers Karl von Frisch beginnt diese Kenntnis heranzureifen“, so Fritz Geller-Grimm, Kurator des Naturteils.

Die Honigbienen bauen Waben, die mit geringsten Mitteln größtes Volumen bieten. In den Sechsecken werden die Larven aufgezogen und der Honig gesichert; Foto: Museum Wiesbaden / Bernd Fickert

Ein unterhaltsamer Streifzug durch Archäologie und Ethnologie ergänzt die biologischen Aspekte: Anhand beispielhafter Objekte erläutert der kulturhistorische Teil die Bedeutung von Bienen, Honig und Wachs von der Steinzeit über das Alte Ägypten bis hin zum nur vermeintlich finsteren Mittelalter. Denn Honig ist das älteste Süßungsmittel der Menschheit. Er ist seit der Steinzeit Sucht- und Heilmittel sowie bis heute Trendnahrung und Symbol für Wohlstand, Gesundheit und Glück. Bienenwachs beleuchtete einst Kirchen wie Burgen und lässt auch heute noch Schuhe glänzen.

Ausstellungsansicht; Foto: Hans-Bernd Heier

„Über Jahrtausende gab es im Grunde zwei große Arten des Umgangs mit Bienen und ihren Produkten“, so Andy Reymann. „Auf der einen Seite gab es die Gewinnung von freilebenden Bienen, das „Honey Hunting“, welches bis in die jüngste Vergangenheit von Gemeinschaften wie unter anderem den Ayoreo in Südamerika oder Mbuti in Afrika praktiziert wurde. Und auf der anderen Seite die Ansiedlung von Bienen in künstlichen Behausungen als Imkerei oder Zeidlerei. Beide Traditionen hatten und haben ihre Praktiken, Vorstellungen und Gerätschaften. Diese Vielfältigkeit soll hier gezeigt werden.“

Metflasche – Met ist ein alkoholisches Getränk aus Honig. Zur Herstellung muss lediglich Honig mit Wasser und Hefepilzen zur Gärung gebracht werden. Die ältesten Nachweise in Hessen stammen von den eisenzeitlichen Kannen aus dem Prunkgrab des Fürsten vom Glauberg; Foto: Museum Wiesbaden / Bernd Fickert

Die Produkte dieser edlen „Nutztiere“ sind auch heute noch Bestandteil unseres alltäglichen Lebens. Und immer mehr Menschen betätigen sich als Imker und führen dieses uralte Handwerk als trendiges Hobby aus, wie das „Urban Beekeeping“ zeigt.

Entsprechend umfangreich ist das Spektrum an ausgestellten Objekten aus Archäologie und Ethnologie: Scherben mit Spuren von vorgeschichtlichem Wachs, Geräte zur Gewinnung von Honig, honighaltiger Hustensaft für Pferde, Räuchergeräte und Bienenkörbe sind ebenso zu sehen wie Nachbildungen der goldenen Bienen aus dem Grab des ersten Frankenkönigs oder Objekte mit der Wappenbiene Napoleon Bonapartes, der die Imme zum Symbol seiner Herrschaft wählte. Auch der Bedeutung und Rolle der Biene in der heutigen Gesellschaft wendet sich „Honiggelb“ zu und thematisiert nachhaltigen Umweltschutz oder präsentiert den Hautflügler in Form von Bonsels Biene Maja als Star moderner Kindermedien.

In Kooperation mit den Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen (SG) findet ein vielseitiges Programm an Vorträgen, Führungen und Workshops in den historischen Gärten und Parks der SG statt, das die Doppelausstellungen in Museum Wiesbaden räumlich in die Natur erweitert. „Wir freuen uns sehr, dass wir die Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen als Kooperationspartner gewinnen konnten, denn die Biene soll auch als Lebewesen in der freien Natur erlebt werden können. Die herrlichen Parkanlagen bieten vielfältige Einblicke in die faszinierende Welt der Bienen, wobei hier nicht nur die Honigbiene eine Rolle spielt, sondern auch ihre vielen wilden Schwestern“, sagt Dr. Andreas Henning, Direktor des Museums Wiesbaden, der auch eine Imker-Ausbildung absolviert hat. „Wir bringen nicht nur unsere Parkanlagen in die Kooperation ein, sondern auch historische Bezüge“, ergänzt Kirsten Worms, Direktorin der SG. „So entstammt dem Kloster Lorsch der sogenannte Lorscher Bienensegen, eine der ältesten gereimten Dichtungen der deutschen Sprache, entstanden im 10. Jahrhundert. Die Biene ist ein unverzichtbarer Bestandteil in der Historie unserer Parks und Gärten wie auch in deren heutigem Erscheinungsbild“.

Weitere Informationen unter:
www.schloesser-hessen.de

Im April 2025 erwartet Besucherinnen und Besuchern ein buntes, äußerst abwechslungsreiches Programm. An jedem Tag will das Landesmuseum seine Gäste mit besonderen Angeboten überraschen. An vier Wochenenden im April ist der Eintritt frei;

Weitere Informationen unter:
www.museum-wiesbaden.de

Die Ausstellung im Landesmuseum wird gefördert durch die Alfred Weigle Stiftung und die Freunde des Museums Wiesbaden. Ein pädagogisches Kinderkonzept durchzieht die großartige Schau. Angeboten wird auch ein Begleitprogramm mit Sonderführungen und Abendvorträgen.

 

 

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