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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Erinnerung an Matthias Beltz in der Volksbühne Frankfurt

„Ich lache, also bin ich.“

Von Renate Feyerbacher

Nun ist er schon bald 22 Jahre nicht mehr da. Am 31. Januar wäre er 80 Jahre alt geworden. Anlass für die Volksbühne, mit einer außergewöhnlichen Veranstaltung  unter dem Titel „Adorno, Adorno, Girokonto Storno“ an ihn zu erinnern. Alle, die ihn kannten, schätzten, ehemalige Spontis. Sie alle waren gekommen – das Haus war ausverkauft. So manche, mancher der Vorlesenden hätte laut Johnny Klinke, Direktor des Varietés Tigerpalast, nicht gedacht, jemals mit dem einen oder andern am Abend, unter diesem Motto auf der Bühne zu stehen, so wie zum Beispiel der frühere katholische Stadtdekan, der heutige Dompfarrer Johannes zu Eltz.

Zum Abschluss: Matthias Beltz auf der Leinwand und alle am Abend Beteiligten auf der Bühne, Foto: Renate Feyerbacher

Hausherr  Michael Quast und Philipp Mosetter, die Moderatoren des Abends, hatten dem Pfarrer Johannes zu Eltz den Beltz-Text „Sachsenhäuser Bergpredigt“ – einen der 23 Texte aus dem Band „Parmesan und Partisan“ , 2018 hrsg. von Harry Oberländer (Büchergilde Gutenberg), „Partisan und Parmesan, Alles wird zerrieben“ zum Lesen gegeben. Der stellte vorab seine persönliche Ansicht dar, dass diese Bergpredigt, die er vorlas, nichts mit der biblischen Forderung gemein habe: „Liebe deinen Nächsten wie Dich selbst“, sondern ein Wort-Mix aus Nihilismus, Misanthropie und Melancholie sei. Er las brillant.

Michael Quast und Johnny Klinke, Foto: Renate Feyerbacher

Der Satiriker und Autor Peter Knorr, bekannt als Pit Knorr, begeisterte mit „Die Balkanisierung in der Straßenbahn“ aus: „Notschlachten von 1998″. Da ging es um die Linie 11 – die „Erlebnisstraßenbahn “ –, wie Beltz sie nannte. „Erregung öffentlichen Ärgernisses ist bei der Linie 11 im Fahrpreis inbegriffen [..] Als Deutscher bist du in dieser Bahn eine Besonderheit, quasi ein Fremder. Das klingt so, als hätte ich was gegen Ausländer. Stimmt. Aber ich habe auch was gegen Deutsche. Besonders gegen die, die sich über Ausländer beschweren. Anstatt, daß sie sich freuen, daß sie was zu meckern haben.“

Pit Knorr 2022, Foto: Renate Feyerbacher

Matthias Beltz (1945-2002) war ein ausgezeichneter Beobachter der Gesellschaft, ein scharfer Wortjongleur. Schonungslos hielt er Politikern, aber auch Bürgern den Spiegel vor. „Freispruch für alle – Gnade für niemand“ – so ein Titel seines Programms. Er machte Abitur in Frankfurt, studierte Jura in Marburg und Frankfurt, begann nach dem ersten Juristischen Staatsexamen ein Referendariat, brach es ab und wurde für mehrere Jahre Arbeiter bei der Adam Opel AG in Rüsselsheim. Dann begann so nach und nach seine eigentliche Berufung als Kabarettist und Autor. 1988 gründete er mit Margareta Dillinger und Johnny Klinke das Varietétheater Tigerpalast, in dem er oft als Conférencier auftrat.

Auf den Brettern der Volksbühne, am 30. Januar, dem Vorabend des Gedenkens an den 80. Geburtstag von Beltz, standen auch die ehemalige Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth, die sich mit Gießen beschäftigte, der Stadt, in der Beltz aufwuchs, sowie die Schriftstellerin Ria Endres.

Johnny Klinke und Ulrich Waller (li), Foto: Renate Feyerbacher

Aus Hamburg angereist war Ulrich Waller, der vor fast 50 Jahren erst Regieassistent am Schauspiel Frankfurt war, dann am Schauspiel Köln. Erste Regiearbeiten in Bremen, dann Regisseur und Dramaturg am Deutschen Schauspiel Haus Hamburg. Im TAT (Theater am Turm) in Frankfurt gehörte er zur künstlerischen Leitung. Die weitere Aufzählung seiner Tätigkeiten sprengt den Rahmen des Beitrags. Beim Frankfurter Fronttheater arbeiteten er und Matthias Beltz zusammen. Das St.Pauli Theater in Hamburg ist heute einer seiner Wirkungsstätten.

„Liberté, Egalité, Variété“, so hieß das Projekt, das Beltz ab 1989 mit der inzwischen verstorbenen Anne Bärenz und Frank Wolff realisierte. Wolff war eigens aus Berlin gekommen. Er spielte auf seinem Cello mit grandioser Leidenschaft die deutsche Nationalhymne in der Art von Jimi Hendrix. 

Der Frankfurter Cellist Frank Wolff, Foto:Renate Feyerbacher

Eine atemberaubende Kostprobe vom noch laufenden Internationalen Herbst-Winter Programm im Tigerpalast bot der Artist Ruslan Fomenko aus Kiew mit seinen tanzenden Bällen.

Ruslan Fomenko eilt zur Abendvorstellung in den Tigerpalast in der Heiligkreuzgasse 16, Foto: Renate Feyerbacher

Ein lockerer fröhlich-ernster Abend, der dazu anregte, sich mehr mit den Texten von Beltz zu beschäftigen.

www.tigerpalast.de

www.volksbuehne.net

Volksbühne
Großer Hirschgraben 19
60311 Frankfurt am Main
Tel. 069-24142435

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