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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

THE GREAT CHRISTMAS CIRCUS in town!

„Der Zirkus ist fast so alt wie die Zivilisation“ (Brian Lehmann)

Von Walter H. Krämer

Es riecht nach Sägespänen und Pferd. Musik ertönt. „Hereinspaziert, meine Damen und Herren!“ Die Menge hält den Atem an. Artisten in Fantasiekostümen fliegen unter dem Zeltdach umher. „Was für Menschen, diese Artisten! Aber sind es denn welche?“ aus Thomas Mann „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ – 1954.
Alle Jahre wieder und diesmal zum elften Mal schlägt der Zirkus Carl Busch seine Zelte am Ratsweg in Frankfurt am Main auf. Schon von Weitem sichtbar, das weißblaue Zelt im eingezäunten Gelände, das Schauplatz für THE GREAT CHRISTMAS CIRCUS ist und der die Besucher*innen aller Altersgruppen mit einem wahrlich beeindruckenden Programm zu begeistern weiß.

Eingangsbereich des umzäunten Circus-Geländes – © Walter H. Krämer

Die ältesten Zeugnisse über die Existenz von artistischen Darbietungen sind schon über 5000 Jahre alt und finden in diversen Bildwerken ihren Ausdruck. Allerdings hatte das, was damals zwar den gleichen Wortlaut trug, kaum etwas mit der kunterbunten Zirkuswelt von heute zu tun.

Blick von oben auf Zirkuszelt mit Zirkuswagen am Ratsweg – © Circus Carl Busch

Die neuzeitliche Geschichte des Zirkus, wie wir ihn heute kennen, hat ihren Ursprung in England Mitte des 18. Jahrhunderts. Ehemalige englische Kavallerie- Offiziere traten als Zirkusartisten auf und glänzten mit Pferdedressuren und akrobatischen Kunststücken auf ihrem Pferd. Vor allem die für den Zirkus heute noch charakteristische runde Manege verweist auf diese Entwicklung aus dem Kunstreiten heraus. Als Begründer des klassischen Zirkus gilt der Kunstreiter Philip Astley, welcher 1782 mit dem sogenannten „Astleys Amphitheater“ das erste feststehende Zirkuszelt entwickelte. Als die drei grundlegenden Bausteine des Zirkus galten von nun an Tiervorführungen, artistische Darbietungen und die Clownerie.

Fangen wir mit den Clownerien am Ratsweg an. Bello Nock ist wohl einer der wagemutigsten Clowns der Gegenwart. Er bringt das Publikum nicht nur zum Lachen, sondern dreht gemeinsam mit seiner Tochter unglaubliche Kapriolen auf dem sogenannten Todesrad.

Clown Bello Nock im Todesrad – © Circus Carl Busch

Zuvor kann man ihn schon als aufblasbaren Mann und in einer Lachnummer mit „Apfelschuss“ als Wilhelm Tell erleben.

Auch die Nummer Flying Microphones von Michael Olivares ist Slapstick und Comedy vom Feinsten. Im knallpinken Anzug kämpft er mit den Tücken von Mikrofon(en) und Stuhl. Dass seine Frau Helena Polach als Fußball-Jongleurin auch im Programm vertreten ist, verweist einmal mehr auf Familienbindungen und Familientraditionen im Zirkus hin.

Den elf Männern und zwei Frauen der Truppe Amaraa aus der Mongolei haben es Springseile und das Schleuderbrett angetan. Mit Hilfe des sogenannten Schleuderbretts befördern sie sich katapultartig durch die Luft und manch einer nimmt hoch oben in der Luft bequem in einem Sessel Patz. Sensationell.

Truppe Amaraa am Schleuderbrett – © Circus Carl Busch

Auch die Robles, eine Hochseil-Truppe aus Kolumbien sorgt für Nervenkitzel, wenn die drei Frauen und die vier Männer über das dünne Stahlseil balancieren oder mit dem Fahrrad auf dem Seil unterwegs sind. Ihre legendäre 7er -Pyramide gehört zu einer der spektakulärsten Circus-Darbietungen unserer Zeit und man hofft inständig, dass sie jedes Mal gelingt. Immerhin spielen die Artisten trotz getroffener Sicherheitsvorkehrungen bei jeder Aufführung mit ihrer Gesundheit und ihrem Leben.

7er- Pyramide der Truppe Robels am Hochseil – © Circus Carl Busch

Davide und Andreas Caveagna – schon wieder familiäre Bindungen – zeigen eine Hand-auf-Hand-Darbietung mit unglaublichen Hebefiguren und enorm schwierigen Balanceakten und das mit einer bewundernswerten Leichtigkeit.

Fratelli Caveagna bei ihrer Hand-auf -Hand-Akrobatik – ©W alter H. Krämer

Carlo Tribertis und Ursula Rossi als Joker und Harley Quinn wirbeln auf Rollschuhen in der Manege, Danny Luftmann zeigt Kunststücke mit dem traditionellen Wurfstock der australischen Aborigines, dem Boomerang und sorgt dafür, dass diese auch in der Manege immer zu ihm zurückkommen. Der Kinderspaß Hula Hoopo einmal anders:  Ursula Triberti lässt zeitweilig fünf Ringe um beide Arme, Hals, Taille und Beine kreisen und sich Reifen schwingend unter die Circuskuppel ziehen. Und dabei fällt kein Reifen nach unten.

Bleibt noch der Blick auf die Tiere. Eine Performance mit Tauben und die Pferdedressuren. Angeblich auf Wunsch des Publikums weiterhin im Programm. Für mich müsste das nicht sein – der Tiere wegen. Obwohl ich eingestehe, dass ich mich vom Auf(t)ritt vier pechschwarzer Friesen und vier edler Araber in weiß beeindrucken ließ.

Ein achtköpfiges Circus-Orchester liefert den Soundtrack zum Programm – mit Melodien von Klassik bis Pop und Angel Wille – die Tochter des Circus Direktors – auch seine Frau und sein Sohn sind Teil des Programms – gefällt mit Gesangseinlagen.

Die Dramaturgie des knapp dreistündigen Programms – inklusive einer Pause von 20 Minuten – ist durchdacht und macht Sinn. Erstklassische Artisten, moderne Lichttechnik, mitreißende Livemusik und die einfallsreichen Choreografien versprechen eine gelungene Vorstellung und sind einen Besuch wert.

Werbeplakat für 11 Jahre GREAT CHRISTMAS CIRCUS – © Circus Carl Busch

Dass beim Eingang ins Foyer ein Hauch weihnachtliche Stimmung aufkommt dafür sorgen ein Weihnachtsbaum und weihnachtliche Tischdekorationen. Ab und an sind auch weihnachtliche Töne des Liveorchesters unter Leitung von Petru Haruta zu hören. The Great Christmas Circus gastiert noch bis zum 12. Januar 2025 in Frankfurt am Main. Gehen sie hin!

https://www.great-christmas-circus.de/programm

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