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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Kulturpreis und Menschenrechtspreise der Ingrid zu Solms-Stiftung

Kampagnen und Aktionen gegen Sexualisierte Gewalt als Kriegswaffe

Von Renate Feyerbacher

Festlich war die Preisverleihung der Ingrid zu Solms-Stiftung an drei hervorragende, außergewöhnliche Frauen, die im Hölderlin Zentrum Villa Wertheimber in Bad Homburg verliehen wurden. Friedrich Hölderlin (1770 – 1843) lebte einige Jahre in der Stadt.

von links: Katharina Stüber, Gräfin zu Solms-Wildenfels, Anne-Sophie Bertrand, Beate Vinke, Heike Allgayer

Leider konnten die Menschenrechts-Preisträgerinnen, Dr.h.c. Monika Hauser – Preis für 2023 -, sie war krank, Dr. Ruth Halperin-Kaddari aus Israel – Preis für 2024 – und ihre Laudatorinnen, auch sie waren krank, bei der Preisverleihung in Bad Homburg nicht dabei sein. Wohl aber Anne-Sophie Bertrand, die Soloharfenistin des Sinfonieorchesters des Hessischen Rundfunks. Sie wurde mit dem Kulturpreis 2024 ausgezeichnet. Wunderbar ihr Harfenspiel, das sie durch Informationen zum Instrument vertiefte.

Begrüßt wurden die Teilnehmer der hochkarätigen Veranstaltung von Professorin Dr. Elisabeth Koch, der Vorstandsvorsitzenden der Stiftung. Oberbürgermeister AlexanderHetjes begrüßte die Gäste und brachte seine Freude zum Ausdruck, dass diese drei Frauen in Bad Homburg geehrt wurden.

Oberbürgermeister von Bad Homburg Dr. Alexander Hetjes, Foto: Renate Feyerbacher

Vor einem Jahr, im November 2023, wurde im Frankfurter Literaturhaus das 30jährige Bestehen der Ingrid zu Solms Stiftung gefeiert. Ihre Gründerin, Dr. Ingrid Gräfin zu Solms-Wildenfels, Fachärztin für Innere Medizin, Psychotherapeutin, ist eine unermüdliche Schöpferin von Projekten für Frauen, ein Füllhorn von Ideen. Natürlich hat sich die 91jährige, dynamisch wirkende, stets elegant gekleidete Gräfin es sich nicht nehmen lassen, die Preise selbst zu verleihen. Ihr herzlicher Kontakt mit den Gästen ist immer erfrischend.

Ingrid Gräfin zu Solms-Wildenfels am 2.11.2024, , Foto: Renate Feyerbacher

Heike Allgayer, Professorin an der Medizinischen Fakultät Mannheim /Heidelberg, Mitglied im Kuratorium der Ingrid zu Solms Stiftung, überreichte die Fellow-Nadeln. Den Menschenrechtspreis für 2023 an Monika Hauser, Gründerin von Medica Mondiale, nahm stellvertretend Beate Vinke, Präsidiumsvorsitzemde des Vereins medica mondiale e.V., in Köln entgegen. Sie ist von Anfang an dabei.

Foto: Monika Hauser / IzS

Was tut medica nationale? Die deutsche Frauenrechts- und Hilfsorganisation mit Sitz in Köln unterstützt weltweit Hilfsprojekte für Frauen und Mädchen, die von sexualisierter Kriegsgewalt betroffen sind.  Außerdem leistet die Organisation politische Aufklärungsarbeit über die Lage von Frauen und Mädchen in Kriegs- und Krisengebieten. Die UN-Resolution 1820 (von 2008) hat sexualisierte Gewalt als Kriegstaktik bezeichnet und festgestellt, dass sie eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit bedeuten kann.

„In vielen Ländern der Welt gehen die Kriegsvergewaltigungen ungestört weiter“, schreibt Monika Hauser im Vorwort der Broschüre „Zeit zu sprechen“ 2009. Die Berichte in diesem Heft beginnen in der NS-Zeit: Frauen in KZ-Bordellen, erinnern an Koreanische Zwangsprostituierte im chinesisch-japanischen Krieg, an die Tötungen und Zwangs-prostitution im Kosovo, an die systematische Vergewaltigung der weiblichen Bevölkerung bei den bewaffneten Konflikten im Kongo, das letzte Kapitel beschäftigt sich mit der Situation der Frauen in Afghanistan – ‚Dort ist mir etwas passiert…‘ Und es geht ungestört weiter.

In ihrer Dankesrede, die Beate Vinke verlas, spricht Monika Hauser, die viele Preise erhielt, unter anderem den Alternativen Nobelpreis, zunächst über Sabina und ihre Tochter Ajna, die sie nach Jahren in Sarajewo wiedertraf. Sabina war im sogenannten Bosnienkrieg (1992-1995) von mehreren Soldaten vergewaltigt worden und schwanger, dachte an Abbruch.

Sie wurde 1993 im Therapiezentrum Medica Zenica in Zentralbosnien psychologisch betreut und entschied sich für ihre Tochter, obwohl sie Angst hatte, von der Familie verstoßen zu werden. Auch Monika Hauser kümmerte sich um das Baby. Sabina fand einen Mann, der sie und die Tochter unterstützte. Heute: Anja, sie müsste 31 Jahre sein, wurde Psychologin und hat mit anderen den kleinen Verein Forgotten children oft the war gegründet.

Die zweite Geschichte beschäftigt sich mit Afghanistan. Zur Erinnerung: Mitte August 2021 wurde Kabul von den radikal-islamischen Taliban übernommen. Es war eine Blitzaktion ohne Gegenwehr. Die Bundeswehr hatte bereits Juni 2021 das Land verlassen. Für die afghanischen Frauen begann eine Leidenszeit, die immer noch anhält. Sie haben keinerlei Rechte.

In der Zentrale von medica mondiale in Köln wurde fieberhaft daran gearbeitet, die Mitarbeiterinnen und ihre Familien aus Afghanistan zu bringen. „Schlussendlich schafften wir es, zwischen September 21 und März 22 alle afghanischen Kolleginnen und ihre Kernfamilien nach Deutschland zu bringen. 30 von ihnen kamen nach Frankfurt, um hier an einem speziell für sie entwickelten einzigartigen Qualifizierungs-programm an der University of Applied Science in Frankfurt teilzunehmen. Da sie nach §22 Aufenthaltsgesetz hierherkommen konnten, begannen sofort Sprach- und Integrationskurse, sie konnten sich Wohnungen suchen, die Kinder kamen sofort in die Schule.“

Wahida Mohammadzai, , Foto: Renate Feyerbacher

Diese 30 Frauen, Ärztinnen, Psyhologinen, Juristinnen und Sozialarbeiterinnen haben den Verein Hami e.V. gegründet, der im September 2024 den Preis der Gerhart und Renate-Baum-Stiftung in Köln erhielt.

„Hami ist ein großartiges integrationspolitisches Beispiel dafür, wie geflüchtete Menschen in ihren Fähigkeiten gestärkt werden, wenn ihre mitgebrachte Expertise hier anerkannt wird und sie sich dadurch mit Engagement in unsere Gesellschaft einbringen, eine gesellschafts-politische Win-Win-Situation.”  (Hauser)

Eine der Vorsitzenden des Vereins Wahida Mohammadzai war bei der Preisverleihung in Bad Homburg dabei. Sie ist Ärztin für Allgemeine Chirurgie, kann aber in ihrem Beruf derzeit oder noch nicht tätig sein.

Ruth Halperin-Kaddari / IzS

Ruth Halperin-Kaddari ist die Menschenrechtspreisträgerin für 2024. Die Professorin ist Expertin für Familienrecht und Frauenrechte. Sie hat an der Yale Law School der USA studiert und dort 1993 promoviert. Sie lebt heute in Israel und hat einen Lehrstuhl für Frauenrechte an der Barr-Ila -Universität in Ramat Gan und gründete vor 25 Jahren dort auch das Ruth und Emanuel-Rackman Zentrum zur Förderung des Status von Frauen. Sie war Mitglied des Ausschusses für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau bei den Vereinten Nationen und zeitweise auch dort die Vizepräsidentin. Sie erhielt viele Auszeichnungen und die Ehrendoktorwürde der Brandeis University.

Das DINAH-Projekt, benannt nach der biblischen Figur, („and is a symbol for recognition for all victims of sexual abuse“ , so Ruth Halperin-Kaddari in den von ihr geschickten Lebensdaten), fordert Anerkennung und Gerechtigkeit für Opfer sexueller Gewalt in Konflikten.

Derzeit beteiligt sich Ruth Halperin-Kaddari an dem DINAH-Project, für das sie die Ingrid zu Solms Stiftung auszeichnet.

„Es hat direkten Bezug zu dem schrecklichen Datum des 7. Oktober 2023, als Hamaskämpfer Israel überfallen haben und über 1500 friedlich feiernde und total überraschte Menschen ermordet haben.  Sie haben dabei ihr Augenmerk besonders auf Frauen gelegt und unendlich viele Frauen auf die brutalste, unmenschlichste Art vergewaltigt und danach ermordet, oder entführt,“ so Professorin Susanne Schröter, Mitglied im IzS Vorstand, die die Laudatio übernommen hatte.

Als Juristin weiß Ruth Halperin-Haddari, dass solche Untaten nur dann bestraft werden können, wenn Täter bekannt sind und Beweise vorliegen. Als sie vor kurzem in Frankfurt war, wurde klar, dass ihr Tun auch für sie persönlich nicht ungefährlich ist.

Die Harfenistin  Anne-Sophie Bertrand

Die Harfenistin Anne-Sophie Bertrand, geboren in Paris, studierte in London bei der in Indien geborenen, hervorragenden Skaila Kanga, in Brüssel und bei den großen französischen Harfenpädagoginnen Germaine Lorenzini (1942-2017) und Chatherine Michel (*1948). Seit 2000 ist sie Solo-Harfenistin des Sinfonieorchesters des Hessischen Rundfunks. Sie ist mehrfach ausgezeichnet und lehrt in London, an der Akademie für Tonkunst in Darmstadt, gibt Meisterkurse überall auf der Welt. Sie setzt sich für moderne Kompositionen ein und beteiligt sich gerne an Uraufführungen. Der französische Komponist und Dirigent Pierre Boulez (1925-2016) kennt sie: „Ich habe ihren Griff in die Saiten sehr genossen. So mag ich die Harfe.“

Annie-Sophie Bertrand mit dem Laudator Dr. Alfred Stenger, Foto: Petra Kammann

Eine lockere, bewundernde Laudatio auf die Preisträgerin hielt Musikwissenschaftler Professor Dr. Alfred Stenger von der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt. Nach ihrem Dank krönte Anne-Sophie Bertrand den Abend mit einem beeindruckenden Solo-Konzert mit Werken von Hindemith, Scarlatti, Liszt und der französischen Komponistin Germaine Tailleferre (1892-1983), die mit allen namhaften Komponisten des französischen Musiklebens befreundet war. Sie komponierte Opern, Ballettmusiken, Klavier-, Kammermusik und auch für Harfe wie 3‘, Sonate pour Harpe, die Anne-Sophie Bertrand spielte. Eine zauberhafte Komposition.

Anne-Sophie Bertrand und Ihr Vater aus Lyon, Foto: Renate Feyerbacher

Anne-Sophie Bertrand hatte ihren Vater, der aus Lyon gekommen war, ihren Ehemann und ihre vier Kinder mitgebracht. Dadurch gab es eine familiäre Stimmung. Die Kinder verteilten CDs ihrer Mutter unter anderem Jeux de Création, die in FeuilletonFrankfurt schon 2021 besprochen wurden.

Übrigens geben am 8. Dezember 2024 um 19 Uhr Anne-Sophie Bertrand und der großartige Soloflötist Sebastian Wittiber des Hessischen Sinfonieorchesters ein Konzert mit Werken von Bach, Poulenc, Doppler, Spohr, Debussy und Smetana in der Frankfurter Festeburgkirche.

Festeburgkirche in Frankfurt-Preungesheim
An der Wolfsweide 58 a
Telefon: 069 543007

Kartenverkauf:
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