Musiktheater gegen das Vergessen von Georg Kreisler mit Sabine Fischmann und Markus Neumayer
„Heute Abend: Lola Blau“ im Holzhausenschlösschen
von Renate Feyerbacher
In der Woche „Gegen das Vergessen“ wurde an die Verfolgung jüdischer Menschen gedacht. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 brannten in Deutschland die Synagogen…
Sabine Fischmann – Markus Neumeyer am 9. November 2024 im Holzhausenschlösschen, Foto:Renate Feyerbacher
Der aus österreichisch-jüdischer Familie stammende Georg Kreisler, Komponist, Pianist, Sänger, Dichter, (1922-2011) emigrierte 1938 mit den Eltern in die USA. 1955 kehrte er nach Europa zurück. Er wurde nicht mit offenen Armen empfangen.
Sein Spott, seine Satire, sein Sprachwitz, sein Wissen und Blick auf die Zeit gefielen manchen nicht. 2010 erhielt er den Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg, bei dem die österreichische Schriftstellerin Eva Menasse, bisher auch eine Sprecherin des PEN Berlin, die Laudatio hielt.
Georg Kreisler am 6.6.2010 beim Hölderlinpreis in Bad Homburg, Foto:Renate Feyerbacher
Das Eine-Frau-Musical schrieb und komponierte Kreisler 1971.
Die Geschichte erzählt von der jungen Bühnenkünstlerin Lola Blau, die nach dem Anschluss Österreichs durch das Hitler-Regime, über die Schweiz nach den USA emigriert, dort berühmt wird, aber nach dem Krieg wieder nach Wien zurückkehrt. Sie muss feststellen, dass sich in den Ansichten der Menschen nicht viel geändert hat.
Sabine Fischmann, die Sängerin und Schauspielerin, ist in Frankfurt stadtbekannt. Viele kennen ihre Auftritte mit Michael Quast im Volkstheater. Sie ist Dozentin für Sprecherziehung und szenische Darstellung an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main.
Sie und der Pianist Markus Neumeyer, auch kein Unbekannter in Frankfurt, präsentierten „Heute Abend: Lola Blau“ im Holzhausenschlösschen. Flott und professionell begleitete er Sabine Fischmann, die schauspielerisch und sängerisch in Höchstform war: ihre Mimik differenziert, schnell wechselnd bringt sie Lola dem Publikum nah.
Ihre Stimme ist mal bescheiden, mal opernhaft, nuanciert, mal witzig. Jedes Wort ist auch in der letzten Reihe zu verstehen – eine lebendige Musical-Interpretation.
Noch eine Besonderheit bietet diese Produktion: Sabine Fischmann hat zwei Zeitzeuginnen in Frankfurt besucht, die aus ihren Biografien erzählen: die in Polen geborene Aviva Goldschmidt und die in Budapest geborene Eva Szepesi. Auszüge hat Fischmann in „Lola Blau“ eingebaut. Diese Idee macht den Abend sehr authentisch – realisiert die Fakten des tiefgründigen und doch ‚lockeren‘ Musicals.
Und noch Etwas hat die Sängerin, Schauspielerin Fischmann, die 2022 die Goetheplakette der Stadt Frankfurt erhielt, unternommen.
Cornelia Levi, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit bei der Claims Conference (Die Claims Conference führt Verhandlungen über Entschädigungsleistungen und Mittel zur Unterstützung von NS-Opfern sowie die Restitution und Entschädigung jüdischen Eigentums. Zum Beispiel in der ehemaligen Sowjetunion leben jüdische NS-Verfolgte ohne soziale Sicherung und Gesundheitssystem. Sie zählen zu den Bedürftigsten innerhalb der jüdischen Gemeinschaft.), hatte die Idee, „Lola Blau“ in einer zweisprachigen Fassung nach Berlin zu bringen.
Foto: Claudia Levi mit dem Künstler-Duo am 9. November 2024
Gesagt – getan: Fischmann fuhr mit Dr. Ruth Kinet nach Paris, die das Stück übersetzte. In Paris sprachen sie mit Esther Sénot, eine der letzten Shoa-Zeitzeuginnen in Frankreich. Nun wird diese französische Fassung am 13.11. in der französischen Botschaft in Berlin gespielt.
In Frankfurt zeigt das Duo Fischmann-Neumeyer Heute Abend Lola Blau am 2. Februar 2025 im English Theatre.