DER FAUST 2024 – Deutscher Theaterpreis für junges Publikum am Theater Altenburg-Gera
Puppenspieler Tobias Weishaupt – bester Darsteller für die Titelrolle in der Inszenierung „Mein ziemlich seltsamer Freund Walter“
von Walter H. Krämer
Alle Jahre wieder und das seit 19 Jahren wird er verliehen – der Deutsche Theaterpreis DER FAUST – ein Preis von Theaterschaffenden für Theaterschaffende und – so formulierte es der Hamburger Kultursenator und Präsident des Deutschen Bühnenvereins: Dr. Carsten Brosda, „DER FAUST ist ein Fest für das Theater und ein Dank an die vielen Künstler*innen, die Abend für Abend die Bühnen mit Leben füllen.“Im Jahr 2024 wurde der Geraer Puppenspieler Tobias Weishaupt für die Titelrolle in der Inszenierung Mein ziemlich seltsamer Freund Walter nach einem Theaterstück von Sibylle Berg mit dem deutschen Theaterpreis DER FAUST als bester Darsteller Theater für junges Publikum (eine von insgesamt 12 Kategorien) ausgezeichnet. Es ist das erste Mal, dass ein Puppenspieler und damit auch das Puppenspiel als besondere Kunstform diesen bedeutsamen Theaterpreis verliehen bekam.
Es spielen: Steffi König, Annika Schaper, Martin Vogel, Tobias Weishaupt, Foto: Ronny Ristok
Die Jury begründete ihre Wahl wie folgt: Lisa ist fast neun Jahre alt und viel allein. Ihre Eltern haben sich zurückgezogen, Freund*innen hat sie keine. Sie liebt das Weltall und alles, was mit Computern zu tun hat. Besonders gerne imaginiert sie Dinge. Tobias Weishaupt führt zu Beginn der Inszenierung gemeinsam mit Annika Schaper die Figur der Lisa. Als Puppenspieler tröstet er sie, versucht, ihre Wünsche zu erfüllen, ist dabei, wenn sie Scham empfindet.
Lisas größter Wunsch ist es, einen Außerirdischen zum Freund zu haben, der so wäre wie sie: sehr freundlich und nett. Und da ist er: Walter, auf der Erde gestrandet nach einem misslungenen Erdspaziergang mit drei warmen Mahlzeiten. Dieser Walter ist 345 Jahre alt und ein wenig nervös. Dort, wo Walter herkommt, gibt es – wie könnte es auch anders sein – alles, was sich Lisa wünscht: kuscheln, spielen, sich umeinander kümmern, spazieren gehen: „Die wichtigen Dinge halt“, wie Tobias Weishaupt so wunderbar trocken und unsentimental in den Raum wirft.
Walter erkennt Lisas Sorgen und beschließt, sich um sie zu kümmern. Er will bleiben, solange es nötig ist. Er hört nie auf zu fragen, verurteilt nicht und ist sehr neugierig. Deshalb vertraut sie ihm. Seine Reaktionen sind überraschend und identifikationsstiftend, aber vor allem trostspendend in dieser tiefen Einsamkeit von Lisa. „Warum lässt du das zu, dass man dich ärgert?“, fragt er sie.
Mit Walters Hilfe wird sie mutig und wehrt sich. Er zeigt ihr, wie es gehen könnte. Auch er kommt nicht ohne einen Moment des Kummers aus, „Themenwechsel“, sagt er nur und es ist klar, er hat Heimweh. Ganz schlicht und tiefergreifend vollzieht Weishaupt diesen Stimmungswechsel in der Figur. Sein Spiel ist dabei durchgehend schlicht, fast unaufgeregt und schafft dadurch eine große Empathie und spürbare Verbindung zwischen den Figuren auf der Bühne und dem Publikum.
Sybille Bergs Geschichte über soziale Isolation für Kinder ab neun Jahren mit Puppen zu erzählen, ist eine wundervolle Idee. Puppenspieler Tobias Weishaupt am Theater Altenburg Gera, wo das Puppenspiel schon eine lange Tradition hat, zelebriert diese besondere Kunst in dieser Inszenierung mit Herz und handwerklichem Können auf hohem Niveau.
Annika Schaper und Tobias Weishaupt mit den Puppen Lisa und Walter, Foto: Ronny Ristok
Über das Puppentheater und dessen Tradition in Gera schreibt das Theater selbst:
„Das Puppentheater Gera ist ein professionelles Ensemblepuppentheater und eine von fünf Sparten am Theater Altenburg Gera. Jahrzehnte der Figurentheaterkunst zwischen Tradition und Moderne prägen seine über 90-jährige Geschichte.
Hervorgegangen ist es aus zwei unabhängigen Wanderpuppentheatern, die ab 1929 in der Region tourten und sich 1951 zur „Kollektivbühne Oestreich-Ohnsorg“ zusammenschlossen. 1962 ging die Kollektivbühne als eine eigene Sparte in die Bühnen der Stadt Gera über.
Insbesondere in den 1970er und 1980er Jahren der DDR kam dem Puppentheater Gera eine besondere Rolle als Ort des kreativen Austausches für das alternative und kirchliche Milieu zu und war eines der modernsten Puppentheater der DDR.“
Ob Handpuppen, Fadenmarionetten, Stab- und Tischfiguren, Klappmaulpuppen und Vierfüßler: In einem vielfältigen Repertoire an Stücken kommt hier jede erdenkliche Art von Figuren zum Einsatz, die meist in offener Spielweise animiert werden, bei der die Puppenspieler*innen sichtbar auf der Bühne agieren.
Mein ziemlich seltsamer Freund Walter ist ein Stück über Freundschaft und über kleine Schritte der Veränderung.Walter bietet Lisa hierbei Hilfe zur Selbsthilfe und zeigt ihr, wie sie sich selbstbewusst behaupten und damit vieles, was ihr das Leben schwer macht, aus dem Weg räumen kann.
Sibylle Bergs (*1962) erfolgreiches Kinderstück zeigt das Puppentheater des Theaters Altenburg-Gera in einer einfühlsamen Inszenierung von Matthias Thieme.
Theater Altenburg-Gera, Mein ziemlich seltsamer Freund Walter –
Puppentheater nach dem Kinderstück von Sibylle Berg
Aufführungstermine im Dezember:
13. 12.+ 14.12.+ 17.12. + 18.12. 2024
Vom 2.-4. April 2025
wird das Stück jeweils um 10 Uhr im Theater Gera in der Bühne am Park gespielt.
https://theater-altenburg-gera.de
Mein ziemlich seltsamer Freund Walter
Buch für junge Menschen
Comicroman ab 10 Jahren
Mutmachgeschichte über Freundschaft und Mobbing
S.Fischer, Sauerländer