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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

„Partenope“ von Georg Friedrich Händel im Bockenheimer Depot

Erbitterter Liebes-Wettkampf um die Hand der Königin

 von Renate Feyerbacher

Fotos: Barbara Aumüller / Oper Frankfurt

Die Oper „Partenope“, die erstmals in Frankfurt gespielt wird, ist anders als die meisten seiner Werke. Komödienhaftes ist stark vertreten. Parthenope ist nicht die Sirene, von der Homer in der Odyssee erzählt. Sie und andere Sirenen stürzten sich ins Meer vor Neapel, weil sie es nicht geschafft hatten, Odysseus zu sich zu locken. Partenopolis – das heutige Neapel – wurde dort gegründet, wo die tote Parthenope angeschwemmt wurde. Als Stadtgöttin von Neapel wurde sie verehrt. Die römische Mythologie hatte noch eine andere Version. In der Oper Partenope von Georg Friedrich Händel (Halle an der Saale1685-London, 1759) ist sie die Königin und Kriegerin von Neapel.

v.l.n.r.: Magnus Dietrich (Emilio), Jessica Niles (Partenope), Kelsey Lauritano (Rosmira), Franco Klisovic (Arsace) und Cláudia Ribas (Armindo)

Händel war einer der bedeutendsten Barock-Komponisten. Schwerpunkt war die Oper – viele sind es. Er komponierte am Fließband. Hinzukommen Oratorien, Kirchenmusiken, Orgelkonzerte. Außerdem war er künstlerischer Leiter der privaten Royal Academy of Music in London, für die er mehrere Opern schrieb. Die Academy musste aus finanziellen Gründen schließen, weil das Publikum sich 1728 für The Beggar’s Opera – die Ballad Opera – begeisterte und maßgeblich zu ihrem Niedergang beitrug. Händel selbst war als Opernkomponist direkt betroffen. Die Star-Kastraten verließen London in Richtung Italien. Händel brach nach Italien auf und fand ein neues Ensemble.

Die Oper Partenope, deren Libretto auf einem Text des römischen Dichters Silvio Stampiglia (1664-1725) basiert, wurde 1730 in London uraufgeführt. Stampiglia war über ein Jahrzehnt kaiserlicher Hofdichter in Wien. Die mythologische Geschichte der Parthenope wird zur turbulenten Tragikkomödie. Ernsthaftigkeit, Humor, Witz, Sarkasmus sind hier gebündelt.

Drei Männer konkurrieren um die Liebe von Partenope: der eine, Arsace, ihr Liebhaber, liebt er sie wirklich oder ist er machthungrig? Der zweite, Emilio, glaubt die Königin durch einen Krieg, den er verliert, zu gewinnen, der dritte, Armindo, leidet – sein Liebeskumme treibt ihn fast in den Tod.

Da taucht ein Mann namens Eurimine auf, der angeblich Schiffbruch erlitten hat. Arsace fällt die Ähnlichkeit zu seiner Verlobten Rosmira auf, die er wegen Partenope verließ. Sie gibt sich ihm zu erkennen und schwört Rache. Arsace beteuert ihr seine Liebe.

Das Liebeskarussell nimmt Fahrt auf, endet aber versöhnlich, weil Königin Partenope ständig die Kontrolle behält. Eine starke Frau, die keine Rache will. Den stillen Armindo wählt sie sich zum Mann, mit Emilio schließt sie Freundschaft und erteilt Arsace und Rosmira ihren Segen für die Hochzeit. Die Staatsraison hat sie immer im Blick. Anfangs ist sie schwer durchschaubar.

Ganz anders Rosmira alias Eurimine. Sie verstellt sich, obwohl sie Arsace noch liebt, tobt, schwört Rache. Ihre Emotionen, ihren Schmerz zeigt sie.

v.l.n.r.: Cláudia Ribas (Armindo), Franco Klisovic (Arsace; mit dem Rücken zum Betrachter), Magnus Dietrich (Emilio), Kelsey Lauritano (Rosmira; am Boden sitzend) und Jessica Niles (Partenope; stehend)

An mythologischen sowie erzählerischen Aspekten hat sich Regisseurin Julia Burbach orientiert. Einfühlsam hat sie den Kontrast der Charaktere Partenope – Rosmira herausgearbeitet. Beide sind Hauptfiguren.

Julia Burbach, ihr Vater ehemals Diplomat, ihre Mutter Schauspielerin und Chansonsängerin, wurde in Tokio geboren, wuchs in verschiedenen europäischen Städten, zuletzt in Hongkong, auf. Solch internationales Heranwachsen prägt. Durch ihre Mutter, Eva Meier, Brecht-Interpretatorin weltweit, und den Großvater – er war Sänger – fand sie die Liebe zum Theater.

Ihr Theaterstart begann als Assistentin von Christof Loy in München, der immer wieder an der Oper Frankfurt inszeniert.

Die Nacht vor Weihnachten wird ab Dezember wieder gezeigt

Seit vielen Jahren arbeitet Julia Burbach mit dem neuseeländisch-britischen Choreografen Cameron McMillan zusammen. Fünf ausgezeichnete Tänzerinnen und Tänzer interpretieren mal Emotionen und mal betrachten sie das Geschehen. Eine belebende Idee.

Herbert Murauer lässt die Bühne ständig drehen – Ausdruck der Unruhe, unterstützt auch von den Lichtspielen – Joachim Klein. Die Kostümentwürfe von Raphaela Rose bestechen durch Vielfalt und Witz. Die Werkstätten der Städtischen Bühnen Frankfurt haben wieder fabelhaft gearbeitet.

Die junge amerikanische Sopranistin Jessica Niles, die bereits eine beachtliche Karriere vorweisen kann, verleiht der Rolle der Partonope in Stimme und Spiel Glanz. Der junge, kroatische Countertenor Franko Klisović, der kurzfristig die Rolle des Arsace übernahm, gab sein Debüt an der Oper Frankfurt. Es sind schwierige Arien, die er zu meistern hat und meistert.  Glanzvoll seine Ausdrucksstärke, seine Stimmsicherheit in jeder emotionalen Situation, die das Publikum zu Zwischenbeifall motivierten.

Kelsey Lauritano, Franko Klisovic, Julia Burbach nach der Premiere im Bockenheimer Depot, Foto: Renate Feyerbacher

Die japanisch-amerikanische Mezzosopranistin Kelsey Lauritano, Ensemblemitglied, weltweit gefeiert, offenbart hervorragend ihre Liebe, ihre Wut – lebendig und zielbewusst. Als Cherubino wurde sie vor einem Jahr gefeiert. La nozze di figaro wird im Dezember wieder aufgenommen.

Cláudia Ribas, die portugiesische Mezzosopranistin, ist seit einem Jahr im Opernstudio Frankfurt, singt überzeugend die männliche Rolle des Armindo. Magnus Dietrich als Emilio und Jarret Porter als Ormonte komplettieren das vorzügliche Ensemble.

Jessica Niles (Partenope; halbrechts an die Drehbühne gelehnt stehend, in weißem Rock) sowie Ensemble und Frankfurter Opern- und Museumsorchester mit Dirigent George Petrou

Es heißt, der Kosmopolit Georg Friedrich Händel habe viel Humor gehabt und der ist in dieser Oper zu spüren. Locker und leicht sind die Arien, lebendig die Orchestrierung. „Die Partitur von Patenope ist brillant, bewegend, witzig und explosiv! [..] So schafft er mit seiner Musik barocke Musik vom Feinsten,“ begeistert sich George Petrou, der in Athen geborene Dirigent, künstlerischer Leiter der Internationalen Händel-Festspiele Göttingen.

Das Frankfurter Museums Opern- und Museumsorchester wieder grandios. Es feuert an, leidet mit, ist im ständigen Einsatz. Aus Thessaloniki angereist war der Lautenspieler Theodoros Kitsos, der eine Professur an der dortigen Universität hat. Er, Felice Venanzoni, Cembalo, Solorepetitor und vieles mehr an der Oper Frankfurt und Orchestermitglied  Johannes Oesterlee, Violoncellist, bilden die wichtige Continuo-Gruppe.

Weitere Vorstellungen:

22.,25. und 27.11.2024

www.oper-frankfurt.de

oper-frankfurt.de/tickets

Telefon: 069-212-49494

Die Hoffnung, eine Karte zu ergattern, ist gering. Die Vorstellungen waren im Nu ausverkauft.

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