Buchmesse und Filmbranche wieder in der Alten Oper vereint beim Hessischen Film- und Kinopreis 2024
Das Land Hessen feierte die Filmbranche
Ein Kurzüberblick von Petra Kammann
Fehlten auf der Buchmesse die Teppiche, so wurden die roten Teppiche vor just einer Woche vor dem Eingang zur Alten Oper ausgerollt und brachten wieder ein wenig Glamour in die Mainmetropole. Da nämlich wurde der 35. Hessische Film- und Kinopreises verliehen, wozu Kunst- und Kulturminister Timon Gremmels als Gastgeber zahlreiche Gäste aus Politik, Gesellschaft und vor allem aus der Film- und Kinobranche begrüßte, so auch nach zehn Jahren wieder parallel zur Buchmesse den Direktor der Frankfurter Buchmesse Juergen Boos, sind Bücher doch häufig doch die Grundlage für Filmadoptionen. Der international renommierten Schauspielerin und Sängerin Barbara Sukowa wurde in der Alten Oper der Ehrenpreis des Hessischen Ministerpräsidenten zugesprochen. Neu war auch in diesem Jahr der Newcomer-Preis.
Gewinner und Gewinnerinnen, Laudatoren und Laudatorinnen mit Kulturminister Gremmels und Barbara Sukowa, Foto: HMWK
Der neue Kunst-und Kulturminister Gremmels bekannte sich zum Medium Film und wies auf die Bedeutung des Kinos als Ort der Ausstrahlung für demokratisches Bewusstsein und gemeinschaftliches Erleben gesellschaftlicher Prozesse und Veränderungen hin:„Gute Filme sind mehr als Kassenerfolge für die Massen oder Arthouse für die Nische. Gute Filme sind auch Spiegel unserer Gesellschaft, unserer Geschichte und unserer Werte. Sie öffnen uns die Augen für das Andere und schlagen Brücken in neue Welten und zu neuen Sichtweisen. Das ist in einer Zeit, in der unsere Demokratie unter Feuer steht, wichtiger denn je. Dabei spielt es eine genauso große Rolle, wo und wie wir diese Filme sehen. Gute Filme gehören ins Kino; dort kann ein Film seine Kraft entfalten. Mutige Filme und die Kunstform Kino fördern wir als Land Hessen mit beträchtlichen Mitteln. Der Filmpreis ehrt sie auf großer Bühne.“ Und so ist wohl auch der Ehrenpreis des Hessischen Ministerpräsidenten zu sehen.
Ehrenpreis des Hessischen Ministerpräsidenten
Er ging in diesem Jahr an die wandlungsfähige, international renommierte Schauspielerin und Sängerin Barbara Sukowa. Ihre Arbeit mit bedeutenden Regisseuren wie Rainer Werner Fassbinder und Margarethe von Trotta, insbesondere in Rollen wie Lola (1981), Rosa Luxemburg (1986), Hildegard von Bingen (2009) und Hannah Arendt (2012) ist bemerkenswert. Die 1950 in Bremen geborene Barbara Sukowa absolvierte ihre Schauspielausbildung an der Max-Reinhardt-Schule in Berlin, begeisterte seit den 1970er Jahren das Publikum mit intensiven Rollen in Film und Theater, unter anderem an den Städtischen Bühnen in Frankfurt, aber auch in Darmstadt. Für ihre Darstellungen wurde sie mehrfach international ausgezeichnet, unter anderem bei den Filmfestspielen in Cannes.
Barbara Sukowa bekannte sich auch zu Hessen, wo sie für ihre Karriere entscheidende Auftritte hatte, Foto: Petra Kammann
„Sukowas Fähigkeit, gleichermaßen starke wie zerbrechliche Frauenfiguren zu verkörpern, die an Wegmarken der Geschichte wirkten, ist unverkennbar und hat sie zu einer der bedeutendsten Schauspielerinnen ihrer Generation gemacht.“ Mit diesen Worten hatte Ministerpräsident Boris Rhein seine Auswahl begründet. Er konnte am Abend der Verleihung nicht zugegen sein, so dass Kunst- und Kulturminister Timo Gremmels als sein Vertreter noch eins draufsetzte: „Barbara Sukowa wird mit dem Ehrenpreis für ihre großartigen schauspielerischen Leistungen ausgezeichnet und für ihren künstlerischen Mut, sich immer wieder neu zu erfinden und Grenzen zu überschreiten. Mit ihrer Arbeit hat sie gezeigt, was es bedeutet, Kunst mit Leidenschaft, Intelligenz und Herz zu verbinden. Barbara Sukowas Fähigkeit, gleichermaßen starke wie zerbrechliche Frauenfiguren zu verkörpern, die an Wegmarken der Geschichte wirkten, ist unverkennbar und hat sie zu einer der bedeutendsten Schauspielerinnen ihrer Generation gemacht. Diese Frauen sind in ihrem Spiel stark, weil Sukowa ihre menschliche Zerbrechlichkeit nicht versteckt.“
Standing ovations im gefüllten Saal der Alten Oper für Barbara Sukowa
Und eine Neuigkeit : Der Newcomerpreis
In der Mischpoke der „Zweiflers „wird geliebt, gelebt, gestritten, gelitten und gelacht, wie in fast jeder anderen Familie. „David Hadda hat mit der ersten Serie, die er als Showrunner verantwortlich realisierte, neue Maßstäbe gesetzt. Ihm ist es gelungen, mit seinem ersten großen Serienprojekt einen internationalen Erfolg zu erzielen. In „Die Zweiflers“ portraitiert er eine jüdische Familie in einem vielfältigen und bunten Frankfurt, das in dieser Vielschichtigkeit so noch nie zu sehen war. Das macht ihn zu einem würdigen Träger des Newcomerpreises, den ich in diesem Jahr zum ersten Mal vergeben habe“, so der Kunst- und Kulturminister Gremmels.
Der mit 7.500 Euro dotierte Newcomerpreis, über dessen Vergabe der Kunst- und Kulturminister entscheidet, ging an David Hadda, Foto: Petra Kammann
Alle Gewinner und Nominierten im Überblick
Ein schwerwiegender Preis aus Bronze
Spielfilm
„Shahid“ von Narges Kalhor.
Nominiert waren außerdem „Cuckoo“ von Tilman Singer und „Klandestin” von Angelina Maccarone.
Der Gewinner erhält 18.000 Euro Preisgeld, alle drei Nominierten je 4.000 Euro Nominierungsgeld.
Dokumentarfilm
„Exile Never Ends“ von Bahar Bektas.
Nominiert waren auch „Sisterqueens“ von Clara Stella Hüneke und „Watching You – Die Welt von Palantir und Alex Karp” von Klaus Stern.
Die Gewinnerin erhält 18.000 Euro Preisgeld, alle drei Nominierten je 4.000 Euro Nominierungsgeld.
Kurzfilm
„Starren“ von Tianshu Yang und Xiaoxuan Yu.
Nominiert waren auch „Der perfekte Tag” von Christoph Lauenstein und Wolfgang Lauenstein sowie Kûnstscheissé“ von Mark Menzel.
Die Gewinnerinnen erhalten 7.000 Euro Preisgeld, alle drei Nominierten je 1.000 Euro Nominierungsgeld.
Hochschulabschlussfilm
„Der Friedhof der Namenlosen“, Dokumentarfilm von Hesam YouseW, Hochschule Darmstadt.
Nominiert waren außerdem der Dokumentarfilm „Die Stadt ist die Gilde und die Gilde ist die Stadt“ von Jonas Leichsenrings (Kunsthochschule Kassel) sowie „It’s (Not) A Men’s World“ von Julia Gens (Kunsthochschule Kassel) in Zusammenarbeit mit Franziska Rozicki.
Der Gewinner erhält 7.000 Euro Preisgeld, alle drei Nominierten je 1.000 Euro Nominierungsgeld.
Drehbuch
„September bis September“ von Nur Muhammed Tarhan.
Außerdem nominiert waren „Out Of Place“ von Alison Burns und „Der 2. Stern von rechts“ von David Ungureit und Markus Dietrich.
Der Gewinner erhält 7.000 Euro Preisgeld, alle drei Nominierten je 1.000 Euro Nominierungsgeld.
„Schauspieler*innen-Preis“ und Ensemblepreis des Hessischen Rundfunks
Oliver Masucci bekommt den „Schauspieler*innen-Preis“ des Hessischen Rundfunks für seine Hauptrolle in der ARD-Miniserie „Herrhausen – Der Herr des Geldes“. Nominiert waren zudem Dirk Martens für seine Rolle in der Miniserie „Schleudergang“ und Havana Joy für ihre Rolle in der ZDF-Miniserie „Love Sucks“.
Ensemblepreis
Der Ensemblepreis des Hessischen Rundfunks geht an das Schauspiel-Ensemble der ARD-Serie „Die Zweiflers“.
Preis der Frankfurter Buchmesse
Der Preis der Frankfurter Buchmesse für die beste Adaption 2024 geht an „Ellbogen“ unter der Regie von Asli Özarslan. Die Verfilmung des Coming-of-Age-Romans von Fatma Aydemir (Verlag Hanser) wurde bereits auf der Berlinale uraufgeführt. „Der Film erzählt die bewegende Geschichte um Hazal sehr nah am Buch, dennoch schafft die Literaturadaption eine ganz eigene, außergewöhnliche Atmosphäre. Mit unserer Auszeichnung möchten wir auch die enge Zusammenarbeit zwischen der Autorin Fatma Aydemir und der Regisseurin AslÄ Özarslan honorieren, die als Team hervorragend zusammengearbeitet haben, um Hazal und ihre Geschichte auch auf der großen Leinwand zu zeigen“, begründet Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse, die Entscheidung.
Buchmessedirektor Juergen Boos begründete den Preis für die beste Adaption, Foto: Petra Kammann
Sonderpreis der Jury
Der Sonderpreis der Jury geht an die Fusionmusikerin Marja Burchard, die die Musik für „Shahid“ komponiert hat.
Die Preise des Hessischen Rundfunks, der Preis der Frankfurter Buchmesse und der Sonderpreis der Jury sind undotiert.
Der Hessische Kinopreis
Der Hessische Kinopreis richtet sich an Programmkinos und Filmkunsttheater und ist mit insgesamt 150.000 Euro dotiert. Er wird in diesem Jahr an 17 gewerbliche Filmtheater oder gewerblich betriebene Kinos und an zehn nicht gewerbliche Filmtheater, Abspielstätten oder Kinoinitiativen und kommunale Kinos verliehen.
Einer der Gewinner: Burghard Schlicht für seine engagierte Kinoarbeit im Eschborn K., Foto: Petra Kammann
Nicht zum ersten Mal zeichnete die Jury des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst auch dieses Jahr das Eschborn K mit dem Hessischen Kinopreis für das vielseitige und anspruchsvolle Programm aus. Es hat sich nach der schweren Corona-Krise mit ständig steigenden Besucherzahlen und einem besonderen Service wie Kinowerkstätten, Gesprächen und Kooperation mit verschiedenen gesellschaftlich engagierten Gruppen hervorgetan. Die kleine Bar im Kino fördert zudem informelle Gespräche und hebt die Stimmung des Kinopublikums.