Ein lockerer Gesprächsabend mit Regisseurin Natja Brunckhorst im Deutschen Filminstitut/Filmmuseum (DFF) in Frankfurt
Brunckhorst über den neuen Film „Zwei zu eins“ und über sich selbst
von Renate Feyerbacher
Das grandiose Ensemble – auf dem Plakat gruppiert um Sandra Hüller – weckte das Interesse an dem Film „Zwei zu eins“. Von der Regisseurin Natja Brunckhorst war oberflächlich nur in Erinnerung, dass sie als 13-Jährige im Film „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ (1981) von Uli Edel auf dem Schulhof für die Hauptrolle der Christiane F. entdeckt wurde.
Renate Feyerbachers Foto vom Plakat „Zwei zu eins“
Im September war sie zu Film und Gespräch ins DFF gekommen im Rahmen der monatlichen Veranstaltung ‘Was tut sich – im deutschen Film‘, bei der zusammen mit epd-film herausragende Kinowerke näher unter die Lupe genommen werden.
Es sei ein Film der 150 Mitwirkenden, ihr Name stehe für alle. Vorzüglich sind alle Rollen besetzt, vor allem aber die Hauptrollen, die allesamt von Schauspielerinnen und Schauspielern, geboren und aufgewachsen in der DDR, gespielt werden: Sandra Hüller, Max Riemelt, Roland Zehrfeld, Ursula Werner, Peter Kurth, Martin Brambach. Regisseurin Natja Brunckhorst, die auch das Drehbuch schrieb, ist in West-Berlin aufgewachsen. Es war ihr wichtig, ein ostdeutsches Team zu haben, damit eventuelle Fehler und Unstimmigkeiten korrigiert werden konnten.
Wie kam sie zu diesem Thema? In einem Buch von Peter Ensikat (1941-2013), Schriftsteller, Drehbuchautor, Schauspieler, Kabarettist und Leiter des Kabaretts „Distel“ in Berlin, las sie vor einigen Jahren, dass das Geld der DDR in einem Stollen eingelagert war. Da wurde ihr Interesse geweckt.
Mit dem Untergang der DDR ging auch die Ostmark mit Einführung der D-Mark unter. Millionen von Banknoten, mit denen ab 1. Juli 1990 nicht mehr bezahlt werden konnte, wurden tief im Erdreich durch die DDR-Staatsbank bei Halberstadt eingelagert und sollten dort verrotten. Diebe bedienten sich, denn die Banknoten waren begehrt von Sammlern.
Zum Film: Maren (Sandra Hüller), Robert (Max Riemelt) und Volker (Roland Zehrfeld), als Jugendliche Freunde, entdecken in der Nähe ihres Heimatortes den Stollen und dringen mit Hilfe von Markowski (Peter Kurth) dort ein – zunächst aus Neugierde, dann aus Gier. Die Tonnen von Banknoten, die achtlos abgekippt wurden, machen sie sprachlos. Dann werden sie aktiv und füllen Säcke über Säcke, mit der Absicht, sie in Westmark bzw. Waren zu tauschen. Das gelingt ihnen mit Tricks unglaublich gut. Alle Freunde, Bekannte im Wohnkomplex machen mit. Dann taucht ein 200 Ostmark-Schein auf.
Und nun die reale Geschichte: Bei der KfW-Bank (Kreditanstalt für Wiederaufbau) wird man 2001 aufmerksam, dass 200- und 500-Ostmark-Scheine, gedruckt 1985, verstärkt auftauchen, aber nie in Umlauf kamen und die Diebe verhaftet werden. Im SPIEGEL gab es 2022 einen Beitrag darüber.
Der Titel des Films „Zwei zu Eins“ beschreibt den Umtauschkurs, mit dem im Jahr 1990 Ost- in Westmark umgewandelt werden konnte, wenn der Spar-Betrag von 6000 DDR-Mark überschritten wurde. Alles darunter, sowie Löhne, Gehälter, Mieten etc. wurde 1:1 umgewandelt. Die reale Geschichte der DDR-Banknoten, verbuddelt ohne Bekanntmachung, kannten bisher nur wenige.
Natja Brunckhorst, Foto: Renate Feyerbacher
Seit Wochen tourt Natja Brunckhorst mit dem Film durch Deutschland und ist immer dabei. Sie will die Reaktion des Publikums erfahren. Von Kritikern wurde sie damals für ihre Rolle in „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ gelobt. Aber der Medienrummel nervte sie, sie verließ Berlin, wo sie geboren ist, ging nach England, später nach Paris und kehrte 21-jährig 1987 wieder nach Deutschland zurück. Sie absolvierte ein Schauspielstudium in Bochum, spielte weiter in Filmen und begann nach ihrer Krebserkrankung mit dem Drehbuchschreiben. So war sie beteiligt am Drehbuch „Wie Feuer und Flamme“, das 2001 die LOLA erhielt.
Ein komödiantischer Film mit gesellschaftlichen Konflikten, Liebesduell, dem zu viel Raum gegeben wird. Enttäuschungen, Chaos und spannende Momente wie in einem Thriller sind der Regisseurin gelungen. Das Ensemble: grandios. Es ist kein ostalgielastiger Film entstanden. Allerdings hätte der Film etwas mehr über die Situation, über die Vorgänge in der sogenannten Wendezeit erzählen können.
Es wurde ein langer Abend im DFF. Denn Natja Brunckhorst erzählte nach dem Film – befragt von Autor und Redakteur Ulrich Sonnenschein (hr/epd) – ausführlich über die Dreharbeiten und auch über sich selbst.