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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Die Internationale Ballettgala XXXIX in Dortmund

Von Schwanenesee zum Robotertanz

von Simone Hamm

Zu Beginn seiner 21. Spielzeit beim Ballett Dortmund – es wird seine letzte Spielzeit sein – hat Ballettintendant Xin Peng Wang zur XXXIX. Internationalen Ballettgala eingeladen. Kammersänger Hannes Brook führte gekonnt und mit viel Witz durch den Abend.

Le Parc (Angelin Preljocaj): Yasmine Naghdi (The Royal Ballet London) & Julian MacKay (Bayerisches Staatsballett München), Foto: Leszek Januszewski 

Der Abend begann mit Xin Pen Wangs Interpretation des „Schwanensee(s)“, getanzt vom Ballett Dortmund und dem NRW Jugendballett: junge Männer im Smoking, von Tänzerinnen in weißen Kleidern spritzig und sehr lebendig. Die Gala endete mit Ausschnitten aus Alexander Ekmans „Mittsommernachtstraum“.

Hier haben die Frauen die Macht übernommen. Den siebzehn Tänzerinnen mit ihren kraftvollen Bewegungen stehen siebzehn Männer gegenüber, die sie meist nur beobachteten. Dazu die dynamische Musik von Mikael Karlsson. Die Hommage an William Shakespeare und den schwedischen Mittsommer macht Lust auf mehr. Beide Ballette, „Schwanensee“ und „Mittsommernachtstraum“ werden in dieser Spielzeit in Dortmund zu sehen sein.

Giselle (Marius Petipa): Anna Tsygankova (Het Nationale Ballet, Amsterdam) & David Motta Soares (Staatsballett Berlin) Foto: Leszek Januszewski

Es wurde viel Klassisches gezeigt auf der Ballettgala, etwa Auszüge aus „Giselle“, choreografiert von Marius Petipa. Heraus stach vor allem ein wunderbares Pas de deux aus: „Flammes de Paris“, einer Choreografie von Wassili Valnonen aus dem Jahre 1932 zur Musik von Boris Asafyev, getanzt von Yasmine Naghdi vom London Royal Ballett und Julian MacKay, dem Ersten Solisten beim Bayerischen Staatsballett.

Es gab und gibt kein Bashing russischer Kultur in Dortmund. „Flammes de Paris“ ist ein Revolutionsballett. Die beiden Tänzer trugen eine Schärpe mit den russischen Nationalfarben, ansonsten unterscheiden sich Yasmine Naghdis graziöse Bewegungen und Julian MacKays starke, ausholend weite Sprünge nicht sehr von anderen Balletten aus dieser Zeit. Der Einfluss des Marseiller Tanzreformers Marius Petipa ist überdeutlich.

Yasmine Naghdis und Julian MacKay tanzten auch die schönste Choreografie des Abends: Angelina Preljocajs „Le Parc“ zur Musik von Mozart: Liebe in all ihren Facetten. Verliebtheit, Verzagtheit, Begehren, Leidenschaft, Innigkeit, ja, auch Verzweiflung. Es sind zarte und sehr intensive, unter die Haut gehende Momente, wenn sie sich unter seinem Arm durchschlängelt, ihn umarmt, ihre Arme um ihn legt.

Er hebt sie nicht einmal an, während sie sich innig küssen. Sie hängt seinem Hals, als er beginnt, sich um sich selbst zu drehen, schneller und schneller und sie sich mit ihm, immer weiter werden ihre Bewegungen, immer höher zieht er sie. Besser kann man dieses Stück nicht tanzen.

Neben klassischen und neoklassischen Ballett gab es auch Zeitgenössisches zu sehen in Dortmund. Gleich zweimal eine Choreografie von Philippe Kratz, dem ehemaligen Leiter der renommiertesten Ballettkompanie Italiens, „Aterballetto“.

„I“ zur Musik von Soundwalk Collective ist ein Stück unter Neonröhren, das Einsamkeit und Sehnsucht zugleich ausdrückt..

O“ ist Kratz‘ preisgekrönte Arbeit über zwei Roboter, die interagieren. Kratz hat dieses Ballett oft selbst getanzt. In Dortmund tanzten Casia Vegoechea und Toon Lobasch kühl und erzeugten doch eine unglaubliche Spannung. Sind da Menschen auf der Bühne, die wie Roboter tanzen oder Roboter, die wie Menschen tanzen?

Xing Peng Wang hatte ihn einst, gleich nach seiner Ausbildung nach Dortmund  geholt. Jetzt ist Philippe Kratz zurück an den Ort gekommen, an dem er seine Karriere begonnen hat.

 

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