home

FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

„Frösche, Feuer, Finsternis – Aktuelle Positionen zu Jan Luyken“ in Ingelheim

Die Internationalen Tage erstmals mit Herbst-Schau in neuem Format

Von Hans-Bernd Heier

Anlässlich des 65. Geburtstags der Internationalen Tage Ingelheim zeigt sich die neue Leitung besonders experimentierfreudig: Erstmals wird im Kunstforum – Altes Rathaus auch im Herbst eine Präsentation gezeigt, zudem in völlig neuem Format. Zehn zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler wurden eingeladen, sich mit der Radierfolge „De Plaag van Egipt“ („Die zehn Plagen von Ägypten“) des Niederländers Jan Luyken auseinanderzusetzen. Die Ergebnisse des künstlerischen Dialogs sind bis zum 10. November 2024 im Kunstforum Ingelheim zu bewundern.

Jan Luyken „Die zweite Plage in Ägypten. Die Frösche kommen über Ägypten“, Detail, 1708, Radierung; © Wallraf-Richartz-Museum &Fondation Corboud Köln; Foto: Stanislaw Rusch

Im Jahr 1708 schuf der Niederländer Jan Luyken (1649–1712) einen 67 Blätter umfassenden eindrucksvollen Radierzyklus, der Geschichten des Alten und Neuen Testaments illustriert. Die Blätter 11 bis 20 schildern detailliert und erzählerisch „Die zehn Plagen von Ägypten aus dem 2. Buch Mose: Exodus“.  Ägypten war zu jener Zeit auch die Heimat des Volkes Israel, das jedoch sehr unter der Herrschaft des Pharaos litt. Als dieser sich weigerte, das jüdische Volk aus der Sklaverei zu entlassen, brachte sein Gott – so die Überlieferung der Bibel – zehn verheerende Katastrophen über das Land: Wasser verwandelte sich in Blut, Frösche, Feuer und Finsternis zogen herauf, Heuschrecken und wilde Tiere suchten zusammen mit Unwetter und Hagel die Region heim. Erst nach der zehnten, der schrecklichsten Plage, die alle Erstgeborenen von Mensch und Tier tötete, ließ der Pharao das Volk Israel endlich ziehen.

Das Charakteristische der emotional anrührenden Darstellungen Luykens sind vor allem die vielfigurigen Szenen. Die Blätter wirken fast wie „Wimmelbilder“ durch die Menge der betroffenen und agierenden Menschen. Um den Besuchern bessere Einblicke in das dramatische Geschehen zu geben, liegen in den Ausstellungsräumen Lupen bereit.

Christian Weihrauch „Frösche Ass“, 2024, Spielkartenmotiv als Vorlagen für ein Kartenspiel, Tusche auf Karton; courtesy of the artist

Luykens schonungslose Radierungen der biblischen Schilderungen bilden zwar den Anfang der Ausstellung. Aber im Fokus der Schau stehen die neu geschaffenen Zeichnungen der zehn eingeladenen zeitgenössischen Künstler: Sandra Boeschenstein, Ambra Durante, Marcel van Eeden, Sławomir Elsner, Serena Ferrario, Bettina Munk, Christian Pilz, Malte Spohr, Brigitte Waldach und Christian Weihrauch.

Besucherin inmitten der Rauminstallation “Deal with it” von Serena Ferrario; Foto: Hans-Bernd Heier

„Als Ergebnis entstand eine beeindruckende Vielfalt von Zeichnungen: Während sich manche Künstler mit dem Thema »Plage« allgemein oder mit nur einer bestimmten Plage befassen, verweisen andere auf aktuelle Bedrohungen oder verarbeiten persönliche Herausforderungen“, erläutert Dr. Katharina Henkel, die neue Leiterin der Internationalen Tage. „Die Bandbreite der künstlerischen Arbeiten ist entsprechend vielgestaltig und abwechslungsreich“. Sie reicht von kleinen, zarten Blättern, die zum nahen Schauen einladen, bis hin zu großformatigen Zeichnungen. Diente zumeist Papier als Bildträger, wurden aber ebenso Leinwand, ein Bildschirm oder eine mehrteilige, in den Raum greifende Installation auf Tischen gewählt.

Die dargestellten Naturkatastrophen provozieren Fragen und dürften bei den Besuchern Assoziationen auslösen, die sich in der heutigen Zeit geradezu aufdrängen: Welche Analogien gibt es zwischen den alttestamentarischen und den modernen anthropogenen Plagen? Welche Rolle spielen ökologische Fragen, welche die Klimakatastrophe? Krisen und Bedrohungen wie virale Infektionskrankheiten bei Menschen und Tieren, Extremwetterereignisse und ein aus dem Gleichgewicht geratenes Ökosystem sind offensichtlich.

Die Schau „Frösche, Feuer, Finsternis – Aktuelle zeichnerische Positionen zu Jan Luyken“ ist bis zum 10. November 2024 im Kunstforum Ingelheim zu sehen.

 

Weitere Informationen:
 www.internationale-tage.de

Comments are closed.