„Bernd Pfarr. KNOCHENZART“ im Caricatura Museum
Karikaturist brilliert mit urkomischen Bildern von Tieren und Engeln
Von Hans-Bernd Heier
Der früh verstorbene Bernd Pfarr zählt zu den bedeutendsten Vertretern der Komischen Kunst in Deutschland und gehörte zum engen Umfeld der „Neuen Frankfurter Schule“. Bereits 2008 ehrte das Caricatura Museum Frankfurt – zur Eröffnung des Museums am heutigen Standort – den Künstler mit einer großen Schau. Die neue Wechselausstellung, die bis zum 19. Januar 2025 zu genießen ist, konzentriert sich auf die tierischen Aspekte in seinem Werk. Präsentiert wird eine Auswahl seiner skurril-absurden tierischen Cartoon-Helden, flankiert von Originalen aus seinem Buch-Adventskalender „Engel und sonstiges Geflügel“, der in diesem Jahr neu aufgelegt wird.
Ausstellungsansicht; Foto: Britta Frenz ©Bernd Pfarr
Bernd Pfarr wurde am 11. November 1958 in Frankfurt am Main geboren. Comics seiner Generation wie „Pit und Pikkoli“ oder auch „Fix und Foxi“ begeisterten ihn und animierten ihn zum Zeichnen. Die Grundlagen des akademischen Malens und Zeichnens erlernte er als Oberstufenschüler beim Frankfurter Maler Hans-Ludwig Wucher und anschließend beim Studium an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach.
Bereits mit 20 Jahren war Pfarr Mitbegründer des Comic-Magazins „Hinz & Kunz“. Später folgten Veröffentlichungen in den Satirezeitschriften „Pardon“ und „Titanic“. Seine komischen Cartoons, aufwendig in Acryl auf Leinwand gemalt, erschienen von 1994 bis 1999 wöchentlich im Zeit-Magazin. „Seine Gemälde faszinieren mit ihren strahlenden Farben und vielen Details“, sagt Kurator Dr. Thomas Kronenberg. Hinreißend ist die Pfarr’sche Fauna, in der sich unter anderem Hunde, Bären, Krokodile und seltener auch Katzen tummeln.
„Der gefürchtete Stau aus dem Nichts findet zuweilen doch eine erstaunlich simple Erklärung“, Leihgabe privat; Foto: Hans-Bernd Heier
„Die Komik Bernd Pfarrs ist einzigartig. Seine Arbeiten gehören zu den kanonischen Werken der Komischen Kunst. In ihrer Art und Ausführung sind sie singulär. Er verstand es, seine Idealvorstellungen der Welt in seine Zeichnungen und Gemälde zu übertragen, die Wirklichkeit in Paralleluniversen zu übersetzen – mit ihren ganz eigenen Gesetzmäßigkeiten“, so Martin Sonntag, Leiter des Caricatura Museums Frankfurt.
Seine Figuren, Menschen wie Tiere, erzählen von alltäglichen Lebensgeschichten und Tragödien, nur selten lassen sie aktuelle Bezüge erkennen. „Mit einem untrüglichen Sinn für das Komische im Grotesken folgt Pfarr in seinen Bildern seinem hehren Ziel, den Dingen, gar der ganzen Welt jegliche Realität auszutreiben“. Dafür studierte er akribisch Referenzbücher, nutzte selbst geschossene Fotos von Dingen, die ihn interessierten, und setzte sie nach ästhetischen Gesichtspunkten in seinen Bildern ein.
„Das Werk Pfarrs ist durchzogen von Gegensätzlichkeit, in der sich die urkomische Wirkung entfaltet. Inhalt und Ästhetik konterkarieren sich ebenso wie das Text-Bild-Verhältnis. Ernste, ästhetisch schöne Bilder treffen auf spöttelnden, witzigen Text. Skurril humoristische Bildwelten auf erhabene Sprache“, betont Kronenberg. „Pfarr spielt mit den Erwartungshaltungen der Leser, Erhabenes trifft auf Gewöhnliches, Gewöhnliches auf Erhabenes – das macht den Reiz seiner Bilder aus“.
Einen besonderen Platz in Pfarrs Zeichnungen nehmen die absurden Abenteuer des Buchhalters Sondermann ein. Über 400 Sondermann-Comics und Strips zeichnete der Künstler, die er nach dem Vorbild des gleichnamigen ersten Verlegers der Satirezeitschrift „Titanic“ geschaffen hat. Noch im Todesjahr wurde zu Pfarrs Ehren und seiner wohl bekanntesten Comic-Figur der Kunstpreis „Bernd-Pfarr-Sondermann für Komische Kunst“ geschaffen. Seit 2012 verleiht der 2010 gegründete Verein Sondermann e.V. den „Sondermann“-Preis an etablierte Künstler wie auch an Newcomer. Die diesjährige Sondermann-Gala mit Verleihung der Sondermann-Preise findet am 9. November statt – erstmals im Caricatura Museum.
Kurator Thomas Kronenberg neben dem Hund mit “knochenzarten“ Knochen; Foto: Hans-Bernd Heier
Bernd Pfarr lebte mit seiner Frau Gabriele Roth-Pfarr in Frankfurt am Main und in Südfrankreich. Er starb am 6. Juli 2004 nach langer Krebserkrankung in Köln.
In der von der Dr.-Marschner-Stiftung unterstützten sehr sehenswerten Schau sind insgesamt 64 Gemälde und 260 Arbeiten auf Papier zu sehen.
Ab 27. September sind auch die neugestaltete Sammlungsetage des Caricatura Museums und der neue Caricatura Salon geöffnet. Dieser wird mit der Ausstellung „PAULINA STULIN. COMICS ÜBER LEBEN“ eingeweiht. Vor allem Stulins autobiografisch geprägter Comic „Bei mir zuhause“ erreichte beachtliche Erfolge und eine breite mediale Aufmerksamkeit. 2022 machte sie mit der Comic-Adaption „Freibad“ zum gleichnamigen Film von Doris Dörrie auf sich aufmerksam.
Caricatura Museum Frankfurt – Museum für Komische Kunst
Weckmarkt 17
60311 Frankfurt am Main
Weitere Infos unter:
www.caricatura-museum.de