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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Glanzstücke aus dem Reportoire, „Favorite Things“ zeigte das Ballett der Oper am Rhein

Nicht nur eine Rückschau von Ballettdirektor Demis Volpi

Eine Klimaaktivisten, die er gar nicht kannte, hatte Volpi angerufen. Die Menschen brauchten angesichts der Klimakatastrophe wieder Hoffnung und was könne hoffnungsvoller stimmen als Kunst? Ob er ein Choreografie auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos zeigen könne? Volpi fragte die Tänzer Lara Delfino und Damián Torío . Sechs Stunden später saßen sie im Flugzeug.


Demis Volpi, Foto: Sigrid Reinichs

Auf fester Schneedecke, in atemberaubenden Naturkulisse vor einem Gletscher, vor einem Publikum in Skijacken und Pelzmänteln, zeigt das Duo in Turnschuhen im Schnee einen hinreißenden Tanz von Hingabe, Liebe, Vertrauen. Sie lassen sich fallen, fangen sich auf, umarmen sich, sind sich immer ganz nah. In Düseldorf war ein Film dieser außergewöhnlichen Performance zu sehen.

Neshema Nashman, Tänzerin im Düsseldorfer Ensemble Neshema Nashman steuerte eine Uraufführung bei: „And my beloved“ zur Musik zur fast minimalen Musik von David Lang. Nacheinander traten Paare oder Solisten auf, sind verwundert, verzückt, verträumt.

Begonnen hatte der Abend mit Neoklassikern. Von George Balanchine gab es einen Auszug aus  „Die vier Temperamente“ zu sehen zur Musik von Paul Hindemith. Auf Musik von Johann Sebastian Bach hatten William Forsythe und Hans van Manen choreografiert, von dem  Volpi sagte, er sei seit fünfzig Jahren der heimliche Hauschoreografen der Oper am Rhein.

Dominique Dumais „ A Kiss to the World “: Ensemble Ballett am Rhein, Foto: Ingo Schaefer

Der erste Teil des Abends endete mit Ludwig van Beethoven Musik und einem Ausschnitt aus „A kiss to the world“ (Choreografie: Dominique Dumais).

Verliebte Paare ganz in Rot, Heiterkeit. Demis Volpi zeigt, dass es für ihn, anders als bei John Neumann, dessen Stelle er in Hamburg antreten wird, überhaupt keine Rolle spielt, wie groß oder klein die Tänzer, wie mädchenhaft oder weiblich die Tänzerinnen sein sollen. Er setzt ganz bewusst auf Unterschiedlichkeit.

Nach der Pause ging es so hoffnungsvoll weiter wie vor der Pause. Demis Volpi zeigte eigene Choreografien. „Hope is an thing with feathers“ heißt es in einem Gedicht der amerikanischen Lyrikerin  Emily Dickenson. Der Vogel singt, ganz gleich, ob es stürmt oder die Sonne scheint.

In „The Thing with feathers“ zur Musik von Richard Strauss breiteten die 14 Tänzer und Tänzerinnen ihre Arme weit aus.  Sie sehnten sich nach Zusammenhalt und wollten doch Individualisten bleiben. Sie verkörperten Lust und Leidenschaft. Und ja, es könnte möglich sein, sich aufzulösen in der Liebe und doch ganz man selbst  zu bleiben.

„Fly“: Zur Musik von Antony & The Johnsons „Bird Guhl“ tanzte Long Zou an einem Reck. Was so sportlich klingt, war das ganze Gegenteil: federleicht und sehr berührend. Simultan wurden Zous Bewegungen auf eine große durchsichtige Leinwand übertragen. In Übergroße war er dort zu sehen und es wirkte, als könnte er fliegen. Niemand hätte dieses Song besser interpretieren können Zou. Er war das Vogelmädchen aus dem Song, das nach seinen Flügeln suchte. Mit seinem langen schwarzen offenen Haar sah er aus wie eine jüngere, fittere Anohi, wie die transgender Sängerin, ehemals Antony, sich jetzt nennt.

Zur Musik von Igor Strawinskys Ebony Concerto tanzten  Futaba Ishizaki  und Miquel Martinze Pedro in kurzen, abgerissenen Jeans, drehten schnelle Pirouetten, wurden zu Schattenfiguren. eine schnelle, aufregende Choreografie.

Beim Finale „Final Curtain“ tanzten alle vierzig Tanzer des Ensembles, Tänzer für Tänzer ein hinreißendes Soli. Alle Gefühlsregungen waren zu sehen, heiter, süffisant, selbstironisch, traurig. Auch Volpi und Nashman hatten einen kurzen Auftritt. Dazu spielte Lester Bowie Trompete: „Yes Im the great pretender„:

Und was gaben die Tänzer alles vor zu sein, was spietlen sie uns (und sich?) nicht alles vor: Sie waren Beau und Königin und Elfe und Kobold. Goldenes Konfetti rieselte herab. War Volpi schon bei seiner kurzen Dankesrede den Tränen nahe, gab es bei der Verbeugung der Tänzer und Tänzerinnen kein Halten mehr.

Allen im Saal auf und vor der Bühne, war plötzlich schmerzhaft berusst, dass dies wirklich der letzte Vorhang war. Viel Glück in Hamburg, Demis Volpi!


Demis Volpi „Final Curtain“: Emilia Peredo Aguirre, Foto: Ingo Schaefer

Es gibt die Gala noch zweimal zu sehen.

Am 6. Juli in Duisburg

am 7. Juli in Düsseldorf.

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