Abschiedsveranstaltung von Stefan Bachmann mit dem „Sommernachtstraum“
Das Beste kommt zum Schluß: Verdammt, ich lieb Dich!
Jan Bosse zeigt als letzte Inszenierung unter der Intendanz von Stefan Bachmann einen phantastischen Sommernachtstraum in Köln. Besser kann man sich nicht verabschieden.
Von Simone Hamm
Ein alter Hippibus samt live Band rollt auf den Platz vorm Theater. Buntgekleidete Menschen in Schlaghosen und Plateauschuhen purzeln heraus. Hermina (Rebecca Lindauer), ganz in zartviolett und Lysander (Justus Meier) in zitronengelbem Frottee (Kostüme: Kathrin Plath), kapern den Bus, fliehen, wollen in den Wald, um ihre Liebe zu leben. Das Publikum trabt hinterher, ins Dunkle durch die Kulissen zu den Sitzplätzen. Taschenlampen werden ausgegeben, Handylichter gezückt.
Baumstämme ohne Rinde liegen, übereinander geworfen wie zu einem Scheiterhaufen vor einem riesigen Mond (Bühnenbild: Moritz Müller). Später werden Plastiktüten, wird Müll auf die Bühne fallen. Ganz oben thront das Elfenaar Titania (Marek Harloff) und Oberon (Peter Knaack), giftgrün, zottelig, pelzig. Oberon ist wütend auf seine eifersüchtige Frau und befiehlt Puck seiner Frau Titania und etlichen anderen, die im Wald umherlaufen, ein glitzerndes Liebespulver in die Augen zu streuen, damit sie sich in den erstbesten verlieben, den sie sehen. Das Chaos ist programmiert.
Jan Bosse inszeniert den Sommernachtstraum heiter und leicht – als knalliges Musical (Musik: Carolina Bigge/Arno Kraehahn) Einmal singt Puck, ein Waldschrat mit grünem Bart und Glatze (grandios: Stefko Hanushevsky) ein atemberaubendes Medley aus Liebesliedern, immer nur eine Zeile: „Stop in the name of love, what’s love got to do with it, love, love, love, verdammt, ich lieb’ Dich.“
„Ein Sommernachtstraum“, Regie: Jan Bosse, Foto: Birgit Hupfeld
Bruno Cathomas ist Bottom, der den Pyramus spielt. In Köln ist er kein Esel, sondern ein regenbogenfarbenes Einhorn. Er ist es, den Titania sieht, als sie erwacht und er kann sich ihr nicht erwehren, sie zieht ihn in eine Höhle unter dem Wald, aus der live gestreamt wird, wie sie über ihn herfällt. Bruno Cathomas ist so sehr das tumbe, schnaubende Einhorn, dass man nicht weiß, ob sein zittriges Lachen zur Performance gehört oder ob er sich hat anstecken von der guten Laune, die Bosses Regie versprüht. Das Publikum jedenfalls lachte mit.
In der Neuübersetzung von Gabriella Brussacker und Jan Bosse (sehr heutig, sehr derb, sehr witzig) zeigen sieben Schauspieler, die sich pausenlos umziehen müssen, einen fulminanten, witzigen, publikumsnahen Shakespeare. So wird der „Sommernachtstraum“ wohl damals aufgeführt worden sein. Mit absichtlichen oder unfreiwilligen Lachen, mit reiner Spielfreude, mit groben Andeutungen, mit allerhöchster Lust.
Eine Abschiedsinszenierung, wie sie überzeugender nicht sein konnte. Und das gilt für alle Gewerke, die Live-Musik von Carolina Bigge, die exquisit ausgesuchten Kostüme, das überwältigende Bühnenbild, die wunderbare Regie und für alle sieben Schauspieler. Vier davon werden mit Stefan Bachmann ans Wiener Burgtheater gehen: Bruno Cathomas, Stefko Hanushevsky, Rebecca Lindauer, Justus Maier. Man sollte sie unbedingt noch einmal in Köln gesehen haben!
Weitere Vorstellungen im Schauspiel Köln:
Sa 15.6.2024
So 16.6.2024