Caricatura Museumzeigt zeigt POLOs komische Kunst und Traxlers neuste Bilder
Faszinierende Lust am „Rumprobieren“
Von Hans-Bernd Heier
Das Caricatura Museum Frankfurt lockt gleich mit drei hochkarätigen Ausstellungen: Unter dem Titel „POLO − Die Komische Kunst des André Poloczek“ würdigt das Museum den Cartoonisten posthum und bietet einen Einblick in dessen äußerst vielseitiges Werk. In der sogenannten Sammlungsetage im ersten Stockwerk sind die Ausstellungen „Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler“ und „F.W. Bernstein – Postkarten vom ICH“ zu genießen.
„Banana Republican“, 2015; © bei POLOs Rechtsnachfolger Martin Poloczek
Die Arbeiten des bereits mit 62 Jahren verstorbenen Cartoonisten André Poloczek, alias POLO, sind überraschend abwechslungsreich: Sie sind bunt, laut, bisweilen auch leise. Zu sehen sind Cartoon-Klassiker auf Papier, digitale Bildwitze, Malereien, Objekte und allerhand Spielereien. Komplementiert wird die unterhaltsame Schau durch Digitaldrucke, eine Diashow und Videos.
POLOs Werk ist facettenreich und erschwert die stilistische Einordnung des Künstlers. Ob gemalt, illustriert, karikiert oder modelliert; mit Stift, Tusche, Öl, Pinsel, Stempel oder Zahnbürste gefertigt, immer ist seine große Lust und Freude am künstlerischen Schaffen, am Ausprobieren, am „Rumprobieren“, so POLO, spürbar. Seine Cartoons kommentieren Alltägliches, Politisches wie Gesellschaftliches genauso wie Kulinarisches, Medizinisches und Zwischenmenschliches. Die Sprache ist im Werk des studierten Germanisten Poloczek ein wichtiges Element. Wortspielereien und Kalauer werden gekonnt und einfallsreich in Szene gesetzt.
Ausstellungsplakat; © Abbildung: bei POLOs Rechtsnachfolger Martin Poloczek / Gestaltung: CMF, Hardy Burmeier
Geboren wurde André Poloczek in Wuppertal 1959. Nach seinem Umzug nach Haltern am See veröffentlichte er bereits als Schüler 1978 erste Comics und Cartoons im Halterner Kommunalteil der Ruhr Nachrichten. Mit dem Abitur in der Tasche und dem Abschluss seines Zivildienstes kehrte er 1981 zum Germanistik- und Soziologiestudium in seine Geburtsstadt zurück. Seine Abschlussarbeit über den Schriftsteller Robert Wolfgang Schnell sollte ihn auch in seiner eigenen künstlerischen Arbeit lebenslang prägen: „Wie Schnell verstand es POLO, die alltäglich spießbürgerlichen, absurden und unglaublichen Situationen als Gegenentwurf zur kritisierten Gegenwartsgesellschaft als „Urkomik des Daseins“ (Max Christian Graeff) darzustellen“, so Martin Sonntag, der neue Leiter des Caricatura Museums Frankfurt.
Asoziales Jahr, 2005; © bei POLOs Rechtsnachfolger Martin Poloczek
Anfang der 1980er Jahre dokumentierte der leidenschaftliche Fotograf vorwiegend das nächtliche Wuppertal, malte in Öl surreale oder metaphysische Motive in Anlehnung an Dali oder De Chirico. Über die Kulturszene berichtete er als fester freier Mitarbeiter mit dem Kürzel „Apo“ für die „Westdeutsche Zeitung“ und für die alternative Zeitung „Wupper Nachrichten“. Hier erschien auch die erste von POLO entwickelte Cartoon-Figur „Anton von de(r) Gathe“. Der knollennasige Comicstripheld im Lokalkolorit erfreute sich schnell großer Beliebtheit und feierte sein wöchentliches Comeback von 2001 bis 2009 in der „Wuppertaler Rundschau“. Mitte der 1980er Jahre machte POLO mit ersten eigenen Ausstellungen auf sich aufmerksam: unter anderem 1987 mit „Karicartoons und andere UnARTigkeiten“ in der Schwelmer Galerie Basiner und ein Jahr später mit „Dichter ge-sichtet“ im Wuppertaler Kulturpalast.
Zwei mehrwöchige Computer-Comiczeichenkurse in Hamburg sollten seine Komische Kunst nachhaltig prägen: 1989 lehrte dort F. K. Waechter, nur ein Jahr darauf F. W. Bernstein. Ab 1992 nahm Poloczek regelmäßig an der „Zeichenschule an der Eider/Grafisches Trainingslager an der Eider in Rendsburg“ teil, gegründet und geleitet von F. W. Bernstein, der für ihn zum Mentor und Wegbegleiter werden sollte.
André Poloczek, POLO; Foto: © Olaf Joachimsmeier
Ein bundesweites Publikum erreichte POLO durch Veröffentlichungen in überregionalen Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen wie TITANIC, Eulenspiegel, taz, Konkret, Kowalski, ‘stern und Süddeutsche Zeitung. Mit dem Satiriker und Grafiker Andreas Greve bildete er von 2009 bis 2011 das Cartoon-Duo „Jünger und Schlanker“, die nicht nur gemeinsam Cartoons entwickelten, sondern auch humorvolle Auftritte absolvierten und 2011 den „Abräumer“-Sonderpreis des Deutschen Karikaturenpreises erhielten. Ab 2013 engagierte sich POLO auch zunehmend für den künstlerischen Nachwuchs und ab 2015 lehrte er an der Junior Uni Wuppertal die Kunst des Cartoonzeichnens. Für sein künstlerisches Schaffen erhielt André Poloczek 2002 den Deutschen Karikaturenpreis in Silber.
André Poloczek verstarb plötzlich im Juni 2022 in Wuppertal. Seinen künstlerischen Nachlass vermachte er der Sammlung des Caricatura Museums Frankfurt. Polos „Komische Kunst“ ist bis zum 1. September 2024 im Caricatura Museum Frankfurt zu sehen.
Das Neueste von Hans Traxler“ und „F.W. Bernstein – Postkarten vom ICH“
Plakat; © Abbildung: Hans Traxler / Gestaltung: CMF, Hardy Burmeier
Das erste Obergeschoss des Caricatura Museums ist traditionell den Künstlern der Neuen Frankfurter Schule gewidmet. Noch bevor dieses ab August wegen Umbaumaßnahmen für den Publikumsverkehr geschlossen wird, präsentiert das Museum dort gleich drei Ausstellungen: In der sogenannten Sammlungsetage sind bis zum 4. August 2024 die Ausstellungen „Die Dünen der Dänen – Das Neueste von Hans Traxler“ sowie „F.W. Bernstein – Postkarten vom ICH“ zu sehen. Und anlässlich der Fußball-EM sind zwei Trophäen der Eintracht Frankfurt zu Gast im Caricatura Museum. Diese werden flankiert mit thematisch passenden Zeichnungen von Chlodwig Poth, F.K. Waechter und Robert Gernhardt.
„Der heilige Franz von Assisi …“; © Hans Traxler
Hans Traxler (geboren 1929 in Herrlich, Tschechoslowakei), der in diesem Jahr seinen 95. Geburtstag gefeiert hat, ist zeichnerisch nach wie vor tätig. In jüngster Zeit ist viel entstanden, was bisher noch nicht veröffentlicht wurde: Bildergeschichten, Cartoons und dazu wieder viel Gereimtes. Eine Auswahl von Traxlers jüngsten Werke dokumentiert seine nach wie vor beeindruckende Produktivität. Mit dabei sind auch die Illustrationen der Kunstgeschichte „Wie die Malerei verschwand“, in der er sich kritisch und humorvoll mit der modernen Kunst auseinandersetzt. Zudem wird Traxlers Geschichte „Franz – Der Junge, der ein Murmeltier sein wollte“ exklusiv als Animationsfilm gezeigt, der noch unveröffentlicht für die Sendung mit der Maus produziert wurde.
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