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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Pablo Casals Award – for a better world  posthum für den Pianisten Lars Vogt

Musik im Dienste der Menschlichkeit

Preisverleihung in der Kronberg Academy

 von Renate Feyerbacher

„Liebevolle Zugewandheit, unbändiges lautes Lachen.[..] ich möchte ihn anrufen, wenn etwas Trauriges oder Komisches geschieht.“ Worte von Tanja Tetzlaff. Sie hielt die Laudatio auf Lars Vogt. Er starb vor einem Jahr, wenige Tage vor seinem 52. Geburtstag. Bereits Anfang 2021 hatte er die Diagnose Speiseröhrenkrebs im fortgeschrittenen Stadium bekommen.

„Er war einer unserer besten Freunde“. Die Cellistin und der Geiger Christian Tetzlaff, ihr Bruder, und Lars Vogtmusizierten viele Jahre als Trio zusammen. Ihm zu Ehren spielte das Geschwisterpaar ein Duo von Zoltán Kodaly, teils kräftig, teils zart, teils schrill – es war wie ein Ausdruck der Fassungslosigkeit über den frühen Tod des Freundes, aber auch Freude über die posthume Ehrung.

Tanja und Christian Tetzlaff  / Foto Kronberg Academy

Zuvor hatten Raimund Trenkler, der Gründer und Intendant der Kronberg Academy, und Friedemann Eichhorn, der künstlerische Leiter, die Gäste begrüßt, die zur Preisverleihung des Konzertes „Lebenswerk“ gekommen waren. Unter ihnen waren die Witwe von Lars Vogt, die Geigerin Anna Reszniak, Konzertmeisterin bei den Nürnberger Symphonikern und seine Tochter, die Schauspielerin Isabelle Vogt. Sie nahm die Preis-Skulptur, eine kleine Nachbildung der großen Stele vor dem neuen Casals Forum, die der britische Bildhauer Tony Gragg schuf, entgegen.

Stele vor dem Casals Forum in Kronberg Academy von Tony Cragg als Vorbild für die Preisskulptur, Foto Renate Feyerbacher

Das Festival anlässlich des 30. Geburtstags der Academy und zur Erinnerung an den Todestag des großen Cellisten und Friedenskämpfers Pablo Casals (1876-1973) stand unter dem Motto „Zuerst Mensch“. Pablo Casals: „In erster Linie bin ich ein Mensch, in zweiter ein Künstler.“

In diesem Sinne wird auch der Award verliehen, es war das zweite Mal, den die Vermögungsverwaltung Flossbach von Storch initiierte. Vergeben wurde der Pablo Casals Award for a better world an das Projekt „Rhapsody in School“, das Lars Vogt bereits 2005 anregte.

Dahinter steht die Idee, klassische Musik mit namhaften Künstlern zu Kindern und Jugendlichen in die Schule zu bringen, um sie für diese Musik zu begeistern, zu berühren.

Sabine von Imhoff, Mitbegründerin des Projektes, bedankte sich und nahm den Preis, dotiert mit 10.000 Euro, freudig entgegen. Im Sinne von Lars Vogt werde sie und ihre Geschäftsführerin Julia Ströbel-Bänsch seine Leidenschaft für die Klassik an die jungen Menschen weitergeben. Die Fortsetzung des Projektes sei gewährleistet.

Der in Düren geborene Lars Vogt (1970-2022) zählte zu den bedeutendsten Pianisten weltweit. Mit 20 Jahren erspielte er den 2.Preis beim internationalen Klavierwettbewerb im englischen Leeds. Mit Dirigent Simon Rattle schuf er bereits kurze Zeit später wunderbare Interpretationen von Klavierwerken der Komponisten Schumann, Grieg und Beethoven. Lang ist die Liste von Konzerten mit großen Dirigenten.

2012 übernahm der Pianist als Nachfolger seines einstigen, bedeutenden Lehrers Karl-Heinz Kämmerling (1930-2012) die freigewordene Professur an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover.

Vogt hatte sich auch in Richtung Dirigat begeben, war Musikdirektor des Royal Northern Orchestra und übernahm 2019 das Orchestre de Chambre de Paris als Chefdirigent. Mit ihm nahm er noch im November 2021 das 1. und 2. Klavierkonzert von Mendelssohn auf. (Deutschlandradio/Ondine Oy, Helsinki produziert mit Deutschlandfunk)

Foto: Renate Feyerbacher

Seine musikalische Liebe galt der Kammermusik. 1998 hatte der vielseitige, unermüdlich aktive Lars Vogt sein eigenes Festival „Spannungen“ gegründet, auf dem auch immer wieder die Geschwister Tanja und Christian Tetzlaff bis zuletzt mit ihm musizierten. Es findet jährlich eine Woche lang im Jugendstil-Kraftwerk Heimbach (Eifel) statt.

Bis zuletzt hat Lars Vogt zwischen den Chemotherapien dem Krebs Paroli geboten. Im Juni 2022 kam er zu seinem letzten Konzert nach Heimbach. Vogt, die Tetzlaff-Geschwister und Barbara Buntrock, Viola, widmeten sich einem Quartett von Johannes Brahms, seinem Lieblingskomponisten.

„Schlaf sanft, mein Kind, schlaf sanft und schön, mich dauert sehr, dich weinen zu sehen“, zitierte Vogt Brahms‘ Worte, die er dem 1.Intermezzi-Solo aus Opus 117 vorangestellt hatte. Wahrscheinlich dachte der Vater an seine noch kleinen Kinder.

Das Festival „Spannungen“ wird weitergehen. Der 1966 in Hamburg geborene Christian Tetzlaff leitet das Festival nun seit Juni 2023.

Zurück zum Konzert „Lebenswerk“ in der Kronberg Academy im Septemer.

Christian Tetzlaff, einer der renommiertesten Geiger unserer Zeit, interpretierte das Konzert d-Moll für Violine und Orchester von Robert Schumann, sein letztes Orchesterwerk, mit dem Chamber-Orchestra of Europe unter der Leitung von Robin Ticciati. Der in London geborene Dirigent ist seit Jahren Musikdirektor des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin.

Enger Blickkontakt von Ticciati und Tetzlaff, der auch immer wieder zu den Orchestermusikern blickt, sich leicht fast tänzerisch bewegend. Präzise Einsätze. Brillant begann Tetzlaff mit warmem Ton, leidenschaftlich der 2. Satz, den er ausdrucksstark in den lebhaften 3. Satz überleitet.

Die Zugabe von Bachs Andante aus der Violinsonate Nr. 2 a-Moll vertieften die emotionale Stimmung, die dieser Konzertabend – gewidmet dem früh verstorbenen Lars Vogt – hervorgerufen hatte.

Isabelle Vogt hatte kurz vor dem ersten Todestag des Vaters gesagt: „Er begegnete allen Menschen auf einer Augenhöhe, hatte immer ein offenes Ohr und nahm jedes noch so kleines Problem ernst und das schätze ich an ihm sehr.“

Programm aus Menton vom 11. August 2018, Foto: Renate Feyerbacher

Beim Musikfestival Menton (Südfrankreich) interpretierte Lars Vogt zusammen mit dem Kammerorchester Royal Northern Sinfonia, das 5. Klavierkonzert -„Empereur“ von Beethoven, das er vom Flügel aus dirigierte. Das war am 11. August 2018 auf dem Vorplatz der Basilika Saint-Michel-Archange, einem wunderschönen Ort, der Musik und Natur verbindet.

Ein unvergleichlich hervorragende Interpretation bot er, die ihn auch körperlich forderte.

Dennoch nahm er sich danach noch die Zeit, mit uns zu reden. Seine Offenheit, seine Herzlichkeit bleiben in Erinnerung.

→„Fair Play“ mit einem Medley Grosso in der Kronberg Academy

Pablo Casals Award – for a better world  posthum für den Pianisten Lars Vogt

 

 

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