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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

„Die Frau ohne Schatten“ an der Kölner Oper

Von Menschen und Geistern

von Simone Hamm

Zum Auftakt der Spielzeit zeigt die Kölner Oper „Die Frau ohne Schatten“ von Richard Strauß. Dessen umfänglichste und musikalisch anspruchsvollste Oper entstand aus der Zusammenarbeit mit dem Dichter Hugo von Hofmannsthal. Eine Herausforderung für Orchester, Sänger und Regie. Und das im Staatenhaus, der Ausweichspielstätte der Kölner Oper, jenem jahrelangen Provisorium. Das Orchester spielt neben der Bühne. Große Umbauten sind auf der Bühne nicht möglich.

Chor der Oper Köln, AJ Glueckert, Giulia Montanari © Matthias Jung

Genau damit spielt Regisseurin Katharina Thoma. Keine Zauberwelt oben, keine Weltuntergangsstimmung unten, sie  konzentriert sich in ihrer überaus gelungenen Inszenierung aufs Wesentliche, zeigt, wie zwei Frauen über sich hinauswachsen. Durch Selbstfindung und Selbsterkenntnis.

„Die Frau Ohne Schatten“ ist eine Oper über die Menschlichkeit im Rahmen eines orientalischen Märchens. Die Frau ohne Schatten kommt aus dem Reich der Geister, ihr Vater Keikobad ist der strenge Geisterkönig. Sie hat die Gestalt einer Gazelle, bis der Kaiser sie beim Jagen trifft und sie sich in eine schöne jungen Frau verwandelt, die seine Geliebte, nicht aber seine Gefährtin wird. Er besucht sie des Nachts.

AJ Glueckert, Giulia Montanari © Matthias Jung

Aj Gluckert ist ein ruhiger Kaiser mit warmem Timbre in der Stimme, der erst langsam lernt, seine Frau zu verstehen. Er wird zu Stein werden, wenn es seiner schattenlosen Geliebten nicht gelingt, einen Schatten zu erwerben und ihm ein Kind zu schenken.

In der kaiserlichen Welt gibt es ewige Seligkeit. Menschlichkeit, Liebe, Leid hingegen nicht. Dafür steht symbolisch der Schatten. Die Geliebte des Kaisers will all das erleben. Dafür braucht sie einen Schatten. Den muss sie einem Menschen wegnehmen.

Daniela Köhler als Geliebte des Kaisers beginnt verhalten, scheu, steigert sich dann, wird zur selbstbewussten Frau, die dem Vater, dem Geisterkönig und ihrem Geliebten zu widersprechen wagt. Es ist Köhlers Rollendebüt als Frau ohne Schatten. Sie singt fein, später mit Verve, nuanciert, glaubhaft.

Mit Hilfe der Amme will sie der Färberin ihren Schatten abluchsen. Irmgard Vilsmaier ist die ganz in schwarz gekleidete Amme mit Bowlerhut und Stock. Verschlagen in einem Moment, pflichtbewusst in einem anderen, selbstgerecht und zynisch. Und ihre Stimme wechselt mit jeder Stimmung.

Die Färberin soll für den Schatten Geld und Gold und einen jugendlichen Liebhaber bekommen. Lise Lindstrom zeigt eine Frau, die mehr sein will als Köchin und Geliebte. Sie will heraus aus dem eintönigen, harten Leben. Sie verachtet ihren Mann und dessen Brüder und bemitleidet sie zugleich. All diese Widersprüchlichkeiten, die Sehnsucht und die Verbitterung legt sie in ihre Stimme.

Ihr Ehemann, der Färber Barak, erträgt geduldig sein hartes Leben. Er verkörperte die Menschlichkeit. Jordan Shanahan in seinem Rollendebüt als Barak ist müde, verzweifelt, gütig.

Die  Aussage, Kants, dass kein Mensch als bloßes Mittel zum Zweck betrachtet werden darf, ist für Regisseurin Katharina Thoma heute so aktuell wie gestern. Der Mensch trägt Verantwortung für die anderen.

Schließlich erkennen die Frau ohne Schatten und die Färberin, dass Glück nicht durch das Unglück anderer erkauft werden. Sie tragen Verantwortung für ihr Handeln. Sie tragen auch Verantwortung für die Zukunft, die ungeborenen Kinder. Und sehen viel weiter in die Zukunft als die Männer an ihrer Seite.

Daniela Köhler, Irmgard Vilsmaier, Lise Lindstrom © Matthias Jung

Auf einer Bühne aus vielen, breiten lang geschwungenen Stufen liegen Berge von alten Kleidern, so wie sie aus dem Westen nach Afrika exportiert werden. Die Spender der Altkleider beruhigen ihr Gewissen, ohne sich zu fragen, was aus den Kleider wird, wie sie die Wirtschaft in afrikanischen Ländern verändern (Bühne: Johannes Leiacker).

Auf den Stufen thront ein riesiger Felsbrocken, der durch Videoüberblendungen zum goldenen Fluß, zum Spinnennetz werden kann.

Marc Albrecht am Pult des Gürzenich Orchesters lässt den Sängern viel Raum, ihr Text bleibt meist auch an den bombastischsten Stellen verständlich. Und auch seine Musiker, die Bläser, den ersten Violonisten, lässt Albrecht, bekannt als Meisterdirigent spätromantischer Opern, von Zeit zu Zeit herausstechen aus seinem hervorragenden Orchester.

 

Weitere Aufführungen:

„Die Frau ohne Schatten“

Oper Köln Staatenhaus

8.10.  16 Uhr

11.10. 18 Uhr

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