Die 50. Stadtschreiberin von Bergen-Enkheim wird Nino Haratischwili
Als 50. Amtsinhaberin tritt Nino Haratischwili die Nachfolge von Marion Poschmann an und wird für ein Jahr im Stadtschreiberhaus in Bergen wohnen und arbeiten können. Zusätzlich zum Wohnrecht erhält sie ein Preisgeld von 20.000 Euro. Die preisgekrönte Romanautorin, Theaterautorin und Regisseurin Nino Haratischwili wurde 1983 in Tbilissi/Georgien geboren und lebt heute in Berlin. Ihr in 25 Sprachen übersetztes Familienepos Das achte Leben (Für Brilka) wurde weltweit ein Bestseller. Eine internationale Verfilmung ist in Vorbereitung. Ihre Romane erzählten “ sehr eindringlich von der Geschichte der Post-Sowjetunion am Beispiel Georgiens“, so die Jury.
Die neue Stadtschreiberin Nino Haratischwili, Foto: Kulturgesellschaft Bergen-Enkheim mbH
Das Amt des Stadtschreibers / der Stadtschreiberin von Bergen-Enkheim wurde erstmals 1974 verliehen, die grundlegende Idee ist seither von zahlreichen anderen Städten in Deutschland aufgegriffen worden. Der Preis wird von einer Jury vergeben, den Fachjuror:innen (darunter die letzte Stadtschreiberin) sowie Juror:innen aus der Bergen-Enkheimer Bürgerschaft und der Ortsvorsteherin Bergen-Enkheims. Der Literaturpreis wird am 1. September 2023 verliehen. Marion Poschmann wird eine Abschiedsrede halten und den Schlüssel für das Stadtschreiberhaus symbolisch an ihre Nachfolgerin übergeben, die sich mit einer Antrittsrede dem Publikum vorstellen wird.
Namhafte Amtsinhaber:innen waren nach Wolfgang Koeppen u. a. Peter Härtling, Jurek Becker, Peter Bichsel, Eva Demski, Katja Lange-Müller, Robert Gernhardt, Herta Müller, Wilhelm Genazino, Peter Kurzeck, Peter Weber, Katharina Hacker, Ulrich Peltzer, Thomas Lehr, Marcel Beyer, Thomas Melle, Anja Kampmann und Dorothee Elmiger.
In der Begründung der Jury für die Wahl der neuen, der 50. Stadtschreiberin von Bergen-Enkheim heißt es: „Nino Haratischwili ist eine Erzählerin von Weltformat. Mit viel Hingabe nimmt Sie sich Zeit für ihre Geschichten, zeichnet bleibende Bilder und starke Figuren, die die Leser*innen in ihren Bann ziehen. Ihre Prosa und Dramatik ist aus der europäischen Literaturgeschichte nicht mehr wegzudenken: Nino Haratischwili ist eine DER weiblichen Stimmen, die sich mit der Geschichte des 20. Jahrhunderts auseinandersetzt.
Auf den großen Theaterbühnen feiert Nino Haratischwili als Dramatikerin und Regisseurin große Erfolge. In ihren Romanen Das achte Leben (Für Brilka) und Das mangelnde Licht erzählt sie sehr eindringlich von der Geschichte der Post-Sowjetunion am Beispiel Georgiens. Damit macht sie den langen Weg aus der Abhängigkeit der Sowjetstaaten zu Russland sichtbar und die gegenwärtige politische Situation nachvollziehbar.
Haratischwili verbindet das Weltgeschehen mit Einzelschicksalen ihrer Figuren und lässt so die Vergangenheit Georgiens lebendig werden, ohne den Bezug zur Gegenwart zu verlieren. Ihre Literatur ist so erschreckend aktuell wie die Dramen der alten Griechen. Es geht um Kriegsgeschehen, schmerzhafte Erfahrungen, Gewissensprüfungen, Schuld und Tragik und das große Leid, das aus Krieg entsteht und über Generationen weitergegeben wird. Dabei verlieren die Protagonist*innen nie aus den Augen, was Hoffnung spendet: Freundschaft, Liebe, Familie und Zusammenhalt unter Gleichgesinnten.“
In ihrem aktuellen Roman „Das mangelnde Licht“ erzählt Nino Haratischwili (Frankfurter Verlagsanstalt) die dramatische Geschichte einer bedingungslosen Frauenfreundschaft in der Zeit nach der Unabhängigkeitserklärung Georgiens, die von Straßenschlachten, Bürgerkriegen und Heroinsucht geprägt war.
Veranstalter des Stadtschreiberfestes sind die Kulturgesellschaft Bergen-Enkheim mbH und der Ortsbeirat Bergen-Enkheim.
Weitere Informationen zum Stadtschreiberpreis auf der Homepage der Stadt Frankfurt am Main unter dem Stichwort Kulturgesellschaft Bergen-Enkheim oder direkt unter der Webadresse
https://frankfurt.de/themen/kultur/literatur/stadtschreiber-von-bergen-enkheim