Zauber und Schwerelosigkeit der Compagnie Käfig
Vom Tanz der Straße zur reinen Poesie
Der Choreograf Mourad Merzouki im Theater Bonn
von Simone Hamm
Die Tänzer hängen an Seilen. Sie pendeln hin und her, dazu minimale Musik. Sie sind Artisten unter der Zirkuskuppel und virtuose Tänzer zugleich.
Szene aus Mourad Merzouki, Vertikal, Theater Bonn, Foto:© Karo Cottier
Mourad Merzouki ist in der Banlieue von Lyon aufgewachsen. Er begann, in Treppenhäusern zu tanzen. Doch die Treppenhäuser blieben Käfige für ihn. Ein Sozialarbeiter brachte ihn in die Zirkusschule.
Er wird Boxer, Breakdancer, Leitfigur der französischen Hip-Hop Szene. 1996 gründet er die Compagnie Käfig. Mourad Merzouki verbindet Breakdance mit Akrobatik. In seinen Choreografien gehört den Hip-Hop Tänzern nicht nur der Boden, sondern auch die Luft. Sie erobern sich eine neue Perspektive: die Vertikale.
An fast unsichtbaren Seilen schweben die Tänzer über die Bühne. Sie sind wie Puppen, bewegt durch das Gegengewicht der am Boden stehenden Partner.
Schon mit „Pixel“, das vor dreieinhalb Jahren in Bonn, ebenfalls in der Reihe „Highlights des internationalen Tanzes“ zu sehen war, hat Merzouki radikal Neues entworfen. Er verband Tanz, Musik und Videokunst. Ein Techniker verfolgte die Bewegungen der Tänzer mit einem digitalen Stift.
„Vertikal“ ist ganz anders, aber nicht minder faszinierend. Fünf riesige verschiebbare Türme bilden den Hintergrund. Sie können zu Kletterwänden werden. Zehn Tänzer treten nach und nach aus dem Halbdunkel, bilden Gruppen, Duette.
Alles geht ineinander über, alles fließt, dazu die minimale Musik des Komponisten Armand Omar, der Streicher, Klavier und Perkussionsinstrumente mit Gesang und elektronischen Beats verbindet. Merzouki macht aus dem Tanz der Straße und der virtuosen Artistik reine Poesie.
Diese extrem schwierige und exakte Tanzkunst wirkt bei der Compagnie Käfig ganz leicht. Mourad Merzouki und seine Kompanie verzaubern das Publikum.