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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Leonard Elschenbroich, Violoncello ,und Alexei Grynyuk, Klavier, im 6. Kammerkonzert der Frankfurter Museums-Gesellschaft e.V.

Bewegend, berückend, beglückend!

Von Petra Kammann

Der Weltklasse-Cellist Leonard Elschenbroich, gebürtiger Frankfurter, war endlich wieder bei den 6. Kammerkonzerten der Frankfurter Museumsgesellschaft zu Gast in der Alten Oper. Er kam mit seinem langjährigen kammermusikalischen Partner, dem herausragenden britisch-ukrainischen Pianisten Alexei Grynyuk.

Alexei Grynyuk und Leonard Elschenbroich, Foto: L. Nugent/F. Broede

Kaum war der erste tiefwarme Celloton der ausdrucksstarken Melodie, das Andante grave aus Prokofjews Cellosonate in C-Dur op. 119  erklungen, so antwortete unmittelbar darauf auch das Klavier in changierenden Tonarten und machte den doppelten Boden hörbar. Und schon hier vermittelte sich der Eindruck: Da sind zwei leidenschaftliche Kammermusiker am Werk, der Pianist Alexei Grynyuk und der Cellist Leonard Elschenbroich. Dabei haben beide, unabhängig voneinander, schon mit etlichen führenden Orchestern in den verschiedensten renommierten Konzerthäusern der Welt gespielt.

Man spürt es: die Musiker lieben ihr Instrument und reagieren sehr feinfühlig auf die jeweilige Stimme und Tönung des anderen Instruments. Vermutlich waren sie sich auch schon ziemlich einig über das so stimmige Cellosonaten-Programm des Abends in der Alten Oper. Immerhin hatten sie doch zuletzt auch schon nach dem Einspielen sämtlicher Cellosonaten Beethovens viel Zuspruch erhalten, die als Ursprung dieser Gattung gelten und an denen Beethoven gute 20 Jahre lang gearbeitet hatte.

Mit den 1796 entstandenen Grandes Sonates op. 5 hatte Beethoven nämlich erstmalig dem Violoncello, das bis dahin nur als Orchester-Instrument zu erleben war, eine Sonderstellung eingeräumt. Neben dem Klavier trat es seither als gleichberechtigter Partner auf.

Im Frankfurter Konzert spielten die Interpreten die letzte der fünf so eigenwilligen und revolutionären Beethoven-Sonate in D-Dur. Sie verlangt einem Duo mit den zahlreichen teils ruppig wirkenden Fugato- und kanonartigen doppelbödigen Motiven, die von gefühlvollen langsamen Sätzen abgewechselt werden, nicht nur eine große Dialogfähigkeit ab, sondern auch ein hohes technisches Können, dem sie dank ihrer großen Spielfreude Ausdruck und bisweilen auch spielerische Leichtigkeit verliehen.

Man hatte den Eindruck, dass sie sich im dialogischen Wechsel der Motive die Bälle und verschiedenen Tempi nur so zuspielten und sich immer wieder neu steigerten. Elschenbroich und Grynyuk schienen wie geschaffen, parallel  die technischen wie auch emotionalen Herausforderungen zu meistern, die zwischen reif empfundener Melancholie und höchster Zartheit abwechselten.

Ein beglückendes Zusammenspiel, Foto: Petra Kammann 

Das aufmerksame Publikum überzeugend hatten Elschenbroich und Grynyuk schon den Bogen von Prokofjews Cellosonate in C-Dur op. 119 zu dieser Beethoven-Sonate gespannt.

Der russische Komponist Prokofjew, der zum Ende der 1940er Jahre unter dem Einfluss der stalinistischen UdSSR zu leiden hatte, hatte in seiner tiefen Traurigkeit darüber 1949 die Cellosonate eigens für den damals noch blutjungen Mstislaw Rostropowitsch geschrieben, der sie wiederum mit seinem Freund, dem großartigen Pianisten Swjatoslaw Richter 1950 in der Uraufführung präsentierte.

In der Frankfurter Aufführung unterstützte das besondere Instrument, auf dem Elschenbroich spielte, ein „Ex-Leonard Rise-Ex-Alfredo „aus Venedig 1693, mit seinem warmen vollen Celloton die ganze Bandbreite der angesprochenen Gefühle und hüllte das Publikum förmlich in eine Art meditativen Cello-Kosmos ein.

Dicht und feinfühlig war in jedem Moment das kammermusikalische Zusammenspiel des Duos Elschenbroich und Grynyuk. So brillant wie entspannt überwand der Pianist Alexei Grynyuk, der auch schon früh etliche internationale Klavierwettbewerbe gewann, u.a. in Moskau, Kiew und Shanghai, auch die technischen Klippen und vertrackten Finessen des gleichrangigen Klavierparts.

Das traf auch auf die „Klaviersonate für Violoncello und Klavier A-Dur“ des belgischen Komponisten Césare Franck zu. Dabei hatte dieser die Sonate ursprünglich als Violinsonate für den virtuosen Geiger Eugène Ysaÿe konzipiert, die der Cellist Jules Desart seinerzeit aber zur Cellosonate umgearbeitet hatte, und die schließlich als „Sonate pour Piano et Violon où Violoncelle“ veröffentlicht und in Frankreich zur bedeutendsten französischen Sonate des Fin de siècle wurde.

Ein Konzert, bei dem man das Klatschen über das so innige wie beglückende Spiel beinah vergessen hätte –  inklusive bei  der bewegenden Zugabe aus den „Vier ernsten Gesängen“ für Cello und Klavier von Johannes Brahms, mit dem die beiden Interpreten eine anhaltende Konzentration im Mozart Saal zum Ausklang hervorriefen. Klänge wie aus einer anderen Welt für „Alle, die Unrecht leiden unter der Sonne“, die noch immer nachhallen.

 

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