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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Die Kammeroper Frankfurt – Eine vagabundierende Bühne

Ausblicke für 2023

Von Renate Feyerbacher

Zu einem Neujahrsempfang am 31. Januar hatte der Regisseur Rainer Pudenz  und Leiter der Kammeroper Frankfurt in die Weihehalle der Unitarischen Freien Religionsgemeinschaft Frankfurt geladen. Viele waren gekommen und freuten sich auf persönliche Begegnungen. Dort wurde das neue Jahr mit einem künstlerisch-pfiffigen Programm begrüßt. Der stadtbekannte Journalist Claus-Jürgen Göpfert führte kenntnisreich durchs Programm, ein Gespäch mit Rainer Pudenz eingeschlossen. Im letzten Jahr hatte es wieder eine echte Oper mit vollem Orchester im Palmengarten gegeben und der 40. Geburtstag der Kammeroper konnte gefeiert werden.

Rainer Pudenz mit der Pianistin Ninel Menshchikova und ihrer Tochter, der Geigerin Oleksandra Chekalenko, Foto: Renate Feyerbacher

Ninel Menshchikova, einst stellvertretende Direktorin am Musiklyzeum Odessa, begleitete an diesem Abend ihre 14-jährige Tochter Oleksandra Chekalenko, die mit dem „Sketch in the Moldavian Style“ von Levko Kolodub begeisterte. Mutter und Tochter waren aus der Ukraine geflohen. Erstaunlich, dass dieser Teenager bereits in die Young Akademie der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt (HfMDK) aufgenommen wurde.

Die Herren Florian Wugk (Tenor) und Thomas Peter (Bariton) lockerten die Stimmung mit Operettendarbietungen wie zum Beispiel „Das Leben ist lebenswert“ (Franz Lehár), oder „Da geh ich zum Maxim“ (Die lustige Witwe“ von Franz Lehár) auf. Die Begeisterung für die Operette ist groß.

Flötist Walter Dorn spielte Ungarische Pastorale von Franz Doppler und Tobias Rüger ließ sein Saxophon immer wieder erklingen. Beide sind Vollblutmusiker.

Schauspieler Philipp Hunscha brachte „Zur Teleologie“ aus der „Matratzengruft“ von Heinrich Heine zur Geltung. Das Gedichtepos beginnt „Beine hat uns zwei gegeben Gott der Herr, um fortzustreben…“ So zählt Heine Organ für Organ auf. Dann: „Gott gab uns nur einen Mund, weil zwei Mäuler ungesund [..] Wenn er doppelmäulig wär, fräß und lög er auch noch mehr.“ Wie wahr.

Sängerin Dzuna Kalnina, Foto: Renate Feyerbacher

Mezzosopranistin Dzuna Kalnina gab Kostproben aus ihrem Programm Zarah und die Geister von Bert Bresgen,das am 28.Januar Premiere feiert.

Es geht um die Lieder von Zarah Leander, die auch junge Leute heute noch kennen und mögen. Zarah Leander (1907- 1981) im schwedischen Karlstadt mit dem Namen Sara Stina Hedberg geboren, wurde unter dem Künstlernamen Zarah Leander, dem Namen ihres ersten Mannes, bekannt.

Der Vater hatte Orgelbau und Musik in Leipzig studiert, aber es muss der Einfluss des deutschen Kindermädchens und des deutschen Klavierlehrers gewesen sein, der sie früh mit deutscher Kultur vertraut machte. Nie hat sie Gesangs- oder Schauspielunterricht gehabt.

Sie drehte Filme in Schweden, dann feierte sie in Wien 1936 erste Bühnenerfolge und drehte ihren ersten Film in Österreich.

Dann winkte die deutsche UFA und bis 1943 wurde Film über Film produziert. Sie wurde zum höchstbezahlten weiblichen Filmstar im national-sozialistischen Deutschland. „Die Geschäftserfolge mit ihr sind enorm“, schrieb Joseph Goebbels in sein Tagebuch. Aber sie lehnte die hohe Ehre, zur Staatsschauspielerin ernannt zu werden, ab und kehrte Ende 1942 nach Schweden zurück.

Eine unpolitische Künstlerin sei sie gewesen, sagte sie später. Welchen Einfluss haben dennoch unpolitische Künstler?

In Wiesbaden geht es derzeit hoch her wegen des Gastspiels des russischen Stars Anna Netrebko, die sich als unpolitisch bezeichnet. Die ukrainischen Orchester, die auch eingeladen waren, haben abgesagt.

Zweifellos war Zarah Leander den Nationalsozialisten zu Diensten und ihre linientreuen  Filme beeinflussten das Publikum. „Zarah Leander blieb Schwedin und schaffte es anders als Herbert von Karajan und Marika Röck Gott-sei-Dank nie auf Goebbels „Gottbegnadetenliste.“ (Pressetext der Kammeroper)

Ihre Kontra-Alt Stimme – so wird die sehr tiefe Stimmlage genannt – war beeindruckend und ihre melodramatischen Lieder begeistern Fans,  Ablehner kritisieren sie. Autor Bert Bresgen, der im letzten Jahr für die von der Kammeroper in Auftrag gegebene Oper „Der Antichrist“ des italienischen Komponisten Andrea Cavallari (*1974) das Libretto schrieb, zeichnet verantwortlich für Zarah und die Geister. Kritisch ist sein Text.

Plakat für den Abend über Zarah Leander /Kammperoper

Mit ihrer leicht rauchigen tiefen Stimme und ihrem schauspielerischen Talent wird Dzuna Kalnina als Zarah gefallen, sogar begeistern. Der Pianist, Komponist, Dirigent Stanislav Rosenberg wird sie begleiten. Mit von der Partie sind die Schauspieler Philipp Hunscha, Harald Mathes und der Saxophonist Tobias Rüger.

Die Premiere der Produktion ist am Dienstag, den 28. Februar 2023 an einem ungewöhnlichen, aber durchaus gefälligen Ort nämlich in der Taverna Omikron in der Frankfurter Schloßstraße 94. Denn die Kammeroper hat keine feste Bleibe, wandert dahin und dorthin. Für Rainer Pudenz hat das auch seinen Reiz. Immer wieder begegne man einem neuen Publikum.

Es gibt dennoch Aussicht auf ein festes Haus. Zugesagt wurde die Sachsenhäuser Fabrik. Mal sehen, wie lange die Realisation braucht. Aber es ist Absicht, auch dann weiterhin in Altersheimen und Schulen aufzutreten.

Eine weitere Veranstaltung: am 1. April gestalten die vielseitige deutsch-ägyptische Sopranistin Ingrid El Sigai und Sopranistin Annette Fischer, unter anderem Kurt Weill-Spezialistin, Klavierbegleitung Stanislav Rosenberg, im Kulturzentrum Evangelische Kirche in Bad Homburg ein Lions Benefizkonzert mit Liedern- und Chansons von Kurt Weill und anderen Komponisten. Beide Sängerinnen gehören zum Ensemble-Stamm der Kammeroper Frankfurt.

Weitere Termine

„Zarah und die Geister“ gibt es bis zum 15. März.

Und im Sommer?

Die Rossini Oper „Die seidene Leiter“ im Palmengarten

vom 7. Juli bis 6. August 2023 

 

Kontakt

Mail: pudenz@kammeroper-frankfurt.de

Ticketverkauf: 069 – 1340 400, Telefon 069-556189

www.kammeroper-frankfurt.de 

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