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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Museum Wiesbaden verlängert interaktive Wasser-Schau

Alles im Fluss? Spannende Info-Reise durch Wiesbadens Gewässer und Abwässer

Von Hans-Bernd Heier

Ohne Wasser kein Leben. Wasser ist die Grundlage allen Lebens und ein unverzichtbares Gut. Es ist Lebensraum und Lebensmittel, Energiequelle, Transportmedium und Rohstoff. Dem Thema Wasser hat Hessens Landeshauptstadt im letzten Jahr eine Reihe von gut besuchten Ausstellungen und Veranstaltungen mit den unterschiedlichsten Themenschwerpunkten gewidmet. Die Führungen durch die große Sonderausstellung „Vom Wert des Wassers – Alles im Fluss?“ im Landesmuseum Wiesbaden waren so stark gefragt, dass es zu regelrechten Engpässen kam. Die Museumsleitung hat deshalb beschlossen, die großartige Schau bis zum 14. Januar 2024 zu verlängern.

Das große naturgetreue Rhein-Diorama empfängt Besucherinnen und Besucher zu Ausstellungsbeginn; Foto: Museum Wiesbaden / Bernd Fickert

Wiesbaden ist eine Stadt des Wassers. Viele denken da zuerst an die berühmten heißen Thermalquellen, die seit tausenden von Jahren genutzt werden und Wiesbaden Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur „Weltkurstadt“ machte. Täglich sprudeln rund zwei Millionen Liter Thermalwasser aus 27 Quellen in die Stadt.

Schon beim Betreten des Museums begegnet man schon traditionell dem Thema „Wasser“, Foto: Petra Kammann

Aber in Sachen Wasser hat die Stadt deutlich mehr zu bieten. Im Stadtgebiet plätschern 55 Bäche in Richtung Rhein und Main. Und mit dem Rhein strömen durchschnittlich in jeder Sekunde 2.300 Kubikmeter Wasser an Wiesbaden vorbei.

Beachtliche Fisch-Vielfalt im Rhein; Foto; Hans-Bernd Heier

In der informativen Schau belegen zahlreiche Objekte aus Vergangenheit und Gegenwart eindrücklich Wiesbadens Bezug zum Wasser und gestatten einen Blick in die Zukunft. Welche Entwicklungen stehen bevor und wie können wir darauf Einfluss nehmen? So stellt beispielsweise die wachsende Bevölkerung die Stadtverwaltung bei der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung stetig vor neue Herausforderungen. Und Klimawandel, Versiegelung des Bodens und Agrarindustrialisierung verdeutlichen drastisch den steigenden Wert des Wassers und erfordern ein entschlossenes nachhaltiges Handeln. Welche Gefahren sich allein aus der topografischen Lage der Stadt ergeben können, hat die katastrophale Überschwemmung des Rambachs im November 2020 gezeigt. Ein zutiefst beeindruckender Video-Film zeigt, wie das reißende Hochwasser des sonst gemächlich fließenden Bachs das Kurhaus samt Tiefgarage, die Wilhelmstraße bis hin zum Landesmuseum geflutet hat.

Aufgrund der großen Wassermassen, die rund zwei Drittel der Erdoberfläche bedecken, wird unsere Erde „Blauer Planet“ genannt. Doch von diesen enormen Wassermengen sind gerade einmal zwei Prozent als Trinkwasser nutzbar; Foto; Hans-Bernd Heier

Highlights der Schau sind die fünf Meter breite, naturnahe Darstellung des Rheinufers mit zahlreichen Vögeln und Säugetieren und das neun Quadratmeter große 3D-Modell von Wiesbadens Innenstadt. Das maßstabgerechte Modell informiert nicht nur über die sprudelnden Thermalquellen, es macht auch das Kanalnetz und die unter der Stadt fließenden Bäche sichtbar. Neben diesen zentralen Inszenierungen zeigen weitere Ausstellungsexponate sowohl die Bedeutung des Wassers in der Natur als auch seine Nutzung durch den Menschen.

Ergänzt werden diese Exponate durch gut verständliche Informationstafeln. So fließen in Hessens Landeshauptstadt Abwässer durch Kanäle, die 3,5 bis fünf Meter unter der Erde liegen. Insgesamt umfasst das städtische Kanalnetz weit über 800 Kilometer Leitungen, die Brauch-, Regen- und Bachwasser sammeln. Die Leitungen münden in das Hauptklärwerk unter der Salzbachtalbrücke und in das Klärwerk Biebrich. In beiden Anlagen werden täglich etwa 80.000 Kubikmeter Abwasser gereinigt (entspricht rund 666.666 Badewannenfüllungen) und dann in den Rhein geleitet. Bestimmte Chemikalien lassen sich durch den Klärprozess allerdings nicht aus dem Abwasser entfernen und landen im Fluss.

Das Modell einer gerade schlüpfenden Eintagsfliege, steht sinnbildlich für saubere Fließgewässer, von denen es in Hessen nur noch wenige gibt; Foto: Museum Wiesbaden / Bernd Fickert

Ausführlich thematisiert die ebenso lehrreiche wie kurzweilige Mitmach-Schau unser wichtigstes Lebensmittel: das Trinkwasser. Rein statistisch betrachtet, braucht in Deutschland jeder Mensch täglich mehr als 3.900 Liter, was 33 gefüllten Badewannen entspricht. Davon kommt eine Wanne voll, also 120 Liter, für das tägliche Trinken, Kochen, Waschen, Putzen und die WC-Nutzung, direkt aus der Leitung. Die restlichen 3.780 Liter sind unserem Lebensstil und Konsumverhalten geschuldet. Denn so viel Wasser ist erforderlich, um beispielsweise Getränke, Nahrung, Kleidung und technische Geräte oder Möbel zu produzieren und zu transportieren. Diese indirekt verbrauchte Wassermenge wird „virtuelles Wasser“ genannt. Die Gesamtheit des direkt und indirekt genutzten Wassers wird als „Wasserfußabdruck“ bezeichnet, der in Deutschland überdurchschnittlich hoch ist.

Kinder sind am Mikroskop kleinen Wasserlebewesen auf der Spur, Lionsclub sponsort Mikroskope
2017 Museum Wiesbaden/Bernd Fickert

Trinkwasser ist in vielen Teilen der Welt äußerst rar, während es in Mitteleuropa noch gut verfügbar ist. Dieses wird in Deutschland regelmäßig auf bestimmte Schadstoffe und Schadorganismen geprüft. Dank seines hohen Reinheitsgrades ermöglicht es uns ein gesundes Leben. Erwachsene sollten zwei bis drei Liter zu sich nehmen. Das erfolgt überwiegend in Form von Getränken, wie beispielsweise Mineralwasser. Aber auch feste Nahrung besteht zum Teil aus Wasser.

Mineralwasser, das aus der Umgebung kommt, Foto: Petra Kammann

Die sehenswerte Ausstellung wendet sich nicht nur an Erwachsene, sondern mit vielen interaktiven Mitmachstationen besonders an Kinder. Die Stationen werden ergänzt durch einen kostenfreien App-Rundgang sowie Quizze. Begleitet vom Riesen Ekko, einer Wiesbadener Sagengestalt, erfahren die jungen Gäste vieles zum Wasser und der Notwendigkeit, es zu schützen. Ein großer Touchscreen gibt Auskunft über die Bäche von Wiesbaden und eine Rätselwand verrät einiges über Wiesbadener Wasserbesonderheiten. Mit Mikroskopen und Lupen können Besucher kleinste Wasserlebewesen entdecken und an Maltischen ihre Eindrücke auf Papier festhalten.

Wegen des anhaltenden großen Interesses an der faszinierenden Themenschau wird diese um ein Jahr verlängert. „Wir öffnen das Museum für angemeldete Schulklassen und Kitagruppen schon um 9 Uhr, obwohl der generelle Einlass erst um 11 Uhr beginnt“, so Museumsdirektor Dr. Andreas Henning. Dank des Nassauischen Vereins für Naturkunde e.V. (NVN) werden 100 kostenfreie Führungen für Kitas, Horte und Schulen ermöglicht und können ab sofort bei der Museums-Abteilung Bildung und Vermittlung gebucht werden. Schulklassen und pädagogische Gruppen inklusive zwei Betreuer/innen sowie Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren haben freien Eintritt ins Museum.

Auch der Kurator der Ausstellung, Dr. Hannes Lerp, begrüßt das Engagement des NVN, da Kinder hier erlebnisreich das Lebensmittel Nummer eins kennenlernen können: „Die Ausstellung vermittelt einerseits eindrücklich wie bedeutungsvoll Wasser für Wiesbaden ist. Andererseits können sie sich mit den wichtigen Themen wie Klimawandel und nachhaltigem Handeln auseinandersetzen“.

Auf der Suche nach Leben im Salzbachtal, Museum Wiesbaden/Bernd Fickert 2022

Der Nassauische Verein für Naturkunde e.V. wurde 1829 gegründet. Seitdem engagieren sich seine Mitglieder für die naturkundliche Erforschung der Region und leisten Bildungsarbeit mit dem Schwerpunkt Naturkunde in Form von Vorträgen, Exkursionen und Publikationen. Neben einer eigenständigen Sammeltätigkeit naturkundlicher Objekte unterstützt der Verein ferner die naturhistorischen Sammlungen des Museums Wiesbaden gemäß Satzungsauftrag.

 

Die sehenswerte Sonderausstellung „Vom Wert des Wassers – Alles im Fluss?“ ist bis zum 14. Januar 2024 im Hessischen Landesmuseum für Kunst und Natur zu sehen.

 

Buchung der kostenfreien Führungen unter:

edu@museum-wiesbaden.de oder per Buchungsanfrage über die Website:

www.museum-wiesbaden.de

Beratung: Tel.: 0611 / 335 21 85

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