8. ZAC-FÖRDERPREIS an Brenda Lien: Preisverleihung im Museum Moderne Kunst (MMK)
Ausgezeichnete Filmemacherin der TikTok-Generation
Alle zwei Jahre verleiht der Zonta Club Frankfurt II Rhein-Main seit 2008 den mit 5.000 Euro dotierten ZAC (Zonta Art Contemporary)- Förderpreis an eine Künstlerin aus der Region, die meist am Beginn ihrer künstlerischen Karriere steht. Damit möchte er Künstlerinnen in ihrer kreativen Arbeit fördern und dabei den Mitglieder aktuelles Wissen über Gegenwartspositionen in der Kunst vermitteln und vertiefen. In diesem Jahr wurde die Filmemacherin und Musikproduzentin Brenda Lien ausgezeichnet, deren Filme inzwischen mehrfach auf renommierten Filmfestivals wie Berlinale Shorts, Kurzfilmtage Oberhausen, Aspen Shortsfest, Uppsala ISFF gezeigt und ausgezeichnet wurden. pk
Preisverleihung mit Dr. Ursula Brüggemann, Brenda Lien, Monika Becker-Heymann und Schirmherrin Elisabeth Haindl, Foto: Petra Kammann
So war etwa ihr Film “Call of Cuteness” 2018 auf der Longlist der “Short Animation-Oscars“ und “Call of Comfort”gewann im selben Jahr den „Deutschen Kurzfilmpreis“. In 2019 wurde Brenda Lien zum „Berlinale Talents Campus“ eingeladen. Und 2020 erhielt sie den „Hessischen Newcomer Award“. Ihr Diplomfilm “First Work, Then Play”, von dem sich die Gäste anlässlich der Preisverleihung im MMK ein Bild machen konnten, wurde 2022 mit dem „Filmförderpreis des Landes Sachsen“ ausgezeichnet. Aktuell entwickelt die Absolventin der Hochschule für Gestaltung Offenbach ein Langfilmdrehbuch.
MMK-Direktorin Prof. Susanne Pfeffer begrüßte die Preisträgerin und die ZONTians, Foto: Petra Kammann
Nach der Begrüßungsrede von MMK-Direktorin Prof. Susanne Pfeffer, die darauf verwies, dass so prominente Gegenwartskünstlerinnen wie Anne Imhof (2012), die 2017 auf der Biennale den Goldenen Löwen gewann und die Frankfurter Künstlerin und Städelschulabsolventin Vera Palme den ZAC-Preis (2018) schon erhielten, nahm Dr. Ursla Brüggemann, Präsidentin des Zonta Club Frankfurt II Rhein-Main, in ihrer Begrüßungsrede Bezug auf das Programm „Empower her“ Bezug.
Sie illustrierte, dass dazu auch Museums- und Ausstellungsführungen, Führungen durch private Kunstsammlungen, Führungen in Galerien, Atelierbesuche und auch Künstlergespräche gehören und sie dankte vor allem auch der engagierten Schirmherrin und Sponsorin Elisabeth Haindl. sowie auch dem Clubmitglied Monika Becker-Heymann für die großzügige Unterstützung.
Schließlich hielt Max Pauer, Leiter 1822-Forum, Galerie für junge Kunst bei der Stiftung der Frankfurter Sparkasse und Jury-Mitglied, die kenntnisreiche Laudatio auf Brenda Lien. Bevor nun Liens ca. 20-minütiger Film „First Work, then Play„, eine aus Realfilm, Zeichentrick und 3D-Animation verschmolzener filmischer Erzählung auf die Stresssituation aktueller Influencerinnen mit starken, teils ironisch kommentierenden Bildern gezeigt wurde.
Max Pauer während seiner Laudatio auf die Filmemacherin Brenda Lien im MMK; Foto: Petra Kammann
DIE LAUDATIO
Von Max Pauer
„Vielleicht ist es übertrieben, Brenda Lien als „geborene Filmemacherin“ zu bezeichnen, aber es ist tatsächlich nur ein kleines bisschen übertrieben. Denn schon als Schülerin gewann Brenda Lien einen Videowettbewerb, und spätestens von diesem Zeitpunkt an war zumindest ihr klar, dass das Filmemachen ihr Metier sein würde.
So entschied sie, die Oberstufe vorzeitig zu verlassen und – nach erfolgreich absolvierter Begabtenprüfung – im Alter von 17 Jahren ihr Studium an der Offenbacher Hochschule für Gestaltung aufzunehmen.
Nachdem sie mir schon auf den Hochschulrundgängen als künstlerisch besonders eigenständig aufgefallen war, eröffneten wir am 9. April 2018 im 1822-Forum der Frankfurter Sparkasse „POSITIVE AFFIRMATIONS“ von Brenda Lien.
Persönliche Gratulation: die Preisträgerin Brenda Lien und der Laudator Max Pauer, Foto: Petra Kammann
Mit dieser ersten Einzelausstellung schloss die junge Studentin der Filmklasse, die damals noch von der ein Jahr später verstorbenen Professorin Rotraut Pape geleitet wurde, ihre dreijährige Arbeit an einer Trilogie ab.
Alle drei Filme handeln von populären Internet-Videos, untersuchen hier und ironisieren dort das Phänomen sowie deren kulturelle Bedeutung und waren in einem jährlichen Rhythmus herausgekommen.
Der erste Film „Call of Beauty“ von 2016 handelt von zwei Beauty-YouTuberinnen und ihren ultimativen Schminktipps, der zweite „Call of Cuteness“ aus dem Jahr 2017 transponiert das Genre der Katzenvideos von der üblichen Niedlichkeit in die Welt des Horrorfilms, der dritte „Call of Comfort“, pünktlich zum Ausstellungsbeginn 2018 fertiggestellt, kommt im Stil eines Wohlfühl- und Entspannungsfilm, neu-deutsch „ASMR“ genannt, daher.
In Brenda Liens ganz besonderer Art der filmischen Erzählung, die Realfilm, Zeichentrick und 3D-Animation frei miteinander kombiniert, führt sie vor Augen, wie neue Technologien uns durch ihre Überrumplungstaktiken dazu bewegen, unsere Privatsphäre aufzugeben.
Die Galerie-Version der Filmvorführung beinhaltete drei film- und raumbezogene Installationen. Beispielsweise wurde das Video über die Beauty-Influencerinnen auf einem Laptop abgespielt, das auf einem schicken Schminktischchen stand. Und es war jeweils eine digitale Zeichnung, die den wohnlichen Charakter unterstrich.
In der Slideshow auf der Leinwand sehen Sie einige dieser Einzelbilder, zahlreiche Making-of-Aufnahmen sowie im Mittelteil die auf der Vernissage im 1822-Forum entstandene Fotostrecke des Offenbacher Fotografen und HfG-Absolventen eines früheren Jahrgangs Hans-Jürgen Herrmann.
Filmszene mit den beiden Hauptdarstellerinnen Mutter Maxi und ihre imaginierte Tochter Foto auf der Kinoleinwand des MMK, Foto.: Petra Kammann
Zonta vernetzt beruflich erfolgreiche Frauen, der ZAC-Kunstpreis wird an besonders gute Nachwuchskünstlerinnen vergeben und Brenda Lien ist eine feministische Filmemacherin.
Dies habe ich zum Anlass für eine entsprechende Selbstüberprüfung genommen und festgestellt, dass ich – ganz ohne Quote – seit 2009 genau 100 Künstlerinnen und Künstler für eine Ausstellung im 1822-Forum ausgewählt habe.
Und davon waren 45 Künstler und 55 Künstlerinnen. Auch in unserer Nachwuchsfördergalerie lässt sich also die künstlerische Qualität zeitgenössischer Künstlerinnen nachvollziehen.
Die kleine Installation mit dem Laptop-Video „Call of Comfort“ war im Mai und Juni dieses Jahres dann auch Bestandteil der Jubiläumsausstellung des bereits 1970 gegründeten 1822-Forums. Hier konnte ich eine kleine lokale Kunstgeschichte an ausgewählten Originalwerken zusammenstellen, die alle einmal im 1822-Forum gezeigt worden waren, von Thomas Bayrle bis Brenda Lien.
In den seither vergangenen vier Jahren war Brenda Lien weiterhin sehr produktiv, und als besonderen Höhepunkt des Abends werden wir uns gleich gemeinsam das wichtigste Arbeitsergebnis ansehen dürfen, ihren zwanzigminütigen Diplomfilm „First Work, Then Play“. Mit diesem schloss sie ihr Studium 2020 ab, seine Kinopremiere hatte er arbeits- und coronabedingt allerdings erst in diesem Jahr.
Wie erleben Maxi, eine Kreative der Tik-tok-Generation, begleiten sie bei ihrem Kampf gegen den sich ankündigenden Burn-out und ihrer Auseinandersetzung mit ihrem inneren Kind…
Ich hoffe, es hat sich Ihnen und Euch mitgeteilt, wie sehr es mich freut, dass der Zonta Club Frankfurt II Rhein-Main seinen diesjährigen ZAC-Kunstpreis an die außergewöhnlich talentierte und besonders förderwürdige Filmkünstlerin Brenda Lien vergibt. Herzlichen Glückwunsch, liebe Brenda!
Tatkräftig wie immer Renate von Köller, die vorherige ZONTA-Präsidentin, beim Ausschank, Foto: Petra Kammann
And Now: Play
Nach der Präsentation des Films „First Work, then Play“ gab es endlich nach der Pandemie wieder ein „unbefangenes geselliges Beisammensein bei Brot, Wasser und Wein sowie anregenden Gesprächen untereinander und mit der Filmemacherin.
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Die Jury
Vorschlagende Jury:
Corinna Bimboese (Direktorin AtelierFrankfurt e.V.), Franziska Nori (Direktorin Frankfurter Kunstverein), Professorin Susanne Pfeffer (Direktorin Museum MMK für Moderne Kunst, Frankfurt), Max Pauer (Leiter 1822-Forum, Frankfurt), Yasmil Raymond (Direktorin Städelschule, Frankfurt)
Auswählende Jury:
Christoph Schütte (Journalist, Rhein-Main Zeitung, F.A.Z.), Dr. Beate Kemfert (Vorstand und Kuratorin Stiftung Opelvillen, Rüsselsheim), Ingrid Pfeiffer, (Kuratorin Schirn Kunsthalle Frankfurt), Silke Schuster-Müller (Leiterin Gesellschaftliches Engagement der DekaBank, Frankfurt) und Lea Schäfer (Kuratorin Museum Reinhard Ernst, Wiesbaden).
Das offizielle Jury-Statement zur Preisvergabe an Brenda Lien
„Brenda Lien (*1995), Absolventin der Offenbacher Hochschule für Gestaltung, arbeitet in den Medien Drehbuch, Film und Komposition. Sie untersucht Zeitgeistphänomene in den sozialen Medien, indem sie Motive aus vorgefundenen Videoclips dekonstruiert, in Kurzfilmen neu zusammensetzt und dadurch Mechanismen wie Leistungsdruck und Konsumzwang sichtbar macht.
Sie vermag es, in einer höchst eigenständigen Bildsprache in ihren Real- und Animationsfilmen die heutige Gesellschaft und Kultur zu befragen. Ihre Trilogie „Call of Beauty“, „Call of Comfort“ und „Call of Cuteness“ beschäftigt sich mit populären Internetvideo-Phänomenen wie Schmink-, Katzen- und Entspannungsvideos und regt zu einer kritischen Auseinandersetzung an. Dies gelingt aufgrund ihrer Überzeugung, dass die Analyse der Kunst und Kultur, die eine Gesellschaft schafft und konsumiert, sehr scharfe Einblicke in verbreitete Denkweisen oder auch Machtstrukturen bietet.
Damit sind ihre Kurzfilme reichhaltiger als so manche Serie. Sie halten der heutigen digitalen Burnout-Kultur den Spiegel vor, irritieren und regen zum Umdenken an. Brenda Lien überzeugt als feministische Filmemacherin.“
Finanzierung:
Der Preis wird durch Spenden finanziert. Dabei geht der besondere Dank an die Schirmherrin Elisabeth Haindl und das Clubmitglied Monika Becker-Heymann für die großzügige Unterstützung.
Weitere Informationen unter:
Anm. der Redaktion:
Leider gab es im Veranstaltungssaal Beleuchtungsprobleme, was sich nicht in alle Fällen günstig auf die Fotos ausgewirkt hat.
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