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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Eine Premiere: „Miranda“ – eine Koproduktion der Oper Köln mit der Opéra Comique Paris und den Theatern von Caen und Bordeaux

Eine Tote klagt an

von Simone Hamm

An der Kölner Oper ist die deutsche Erstaufführung einer neu geschaffenen Purcell-Oper zu sehen: „Miranda“. Ein in jeder Hinsicht aufregender, musikalisch überaus gelungenen Abend.

Adriana Bastidas-Gamboa als Miranda, Foto: © Sandra Then/Oper Köln

„Miranda“ ist eine Koproduktion der Oper Köln mit der Opéra Comique Paris und den Theatern von Caen und Bordeaux. Die Regisseurin Katie Mitchell und der Musiker Raphaël Pichon haben Musiken aus Purcell Opern und Semi-Opern (und die einiger  andere Komponisten) herausgesucht. Henry Purcell hat mehr als vierzig Musiken für Semioperas geschrieben, Musiken, die einem Theaterstück hinzugefügt wurden.

Mitchell und Pichon haben die Kompositionen so gekonnt arrangiert, dass man glaubt, einer wiedergefundenen Purcell Oper zuzuhören. Librettistin Cordelia Lynn greift auf Originaltexte aus diversen barocken Texten von Purcell Semioperas zurück, bleibt in deren Sprachduktus, schafft aber vor allem neue Texte, neue Sichtweisen.

Motive aus William Shakespeares „Der Sturm“ sind  Grundlage für „Miranda“. Cordelia Lynn erzählt die Geschichte aus der Sicht Mirandas.

In Shakespeare „Sturm“ wird der Zauberer Prospero, der Herzog von Mailand, von seinem Bruder vertrieben, flieht mit seiner Tochter Miranda auf eine Insel. Miranda, die außer ihrem Vater noch nie einen Mann gesehen hat, verliebt sich in Ferdinand, der auf der Insel gestrandet ist.

In Shakespeares „Sturm“ ist Miranda eine blasse Nebenfigur, auf der Bühne des Staatenhauses 2 ist Miranda die absolute Hauptperson, allerdings eine tote Hauptperson. Sie hat sich das Leben genommen. In einer kühlen, grauen, modernen Barockkirche (Bühnenbild Chloe Lamford) trauern die Gäste um sie. Der Vater scheint gramgebeugt. Er, ein wahrer Patriarch, und ihr depressiver Witwer Ferdinand halten Trauerreden, ihr Sohn Anthony singt ein zu Tränen rührendes Lied. Da erscheint plötzlich Miranda und spricht: „Wir werden Ihnen eine Geschichte erzählen. Ich wurde verbannt. Ich wurde geschändet. Ich war eine Kindsbraut. Und dieses Mal wird er zuhören. Dieses Mal wird mein Vater zuhören.“

Adriana Bastdias-Gamboa als Miranda mit ihrem warmen Mezzosopran überstrahlt nicht nur musikalisch die Trauergemeinschaft. Sie zeigt ihre Verletztheit, ihre Wut. Sie bleibt stark, temperamentvoll.

Der Bass des gefühlskalten Vater Prospero, gesungen von Alastair Milner hat etwas Unheimliches, Bedrohliches. Er bleibt uneinsichtig.

Seine junge Gattin (Emily Hinrichs) singt mit sanften Sopran und sanft und liebevoll ist sie auch als Person. Ihr Sohn Anthony (Sebastian Scherer von der Kölner Kinderoper) wird vom Vater Prospero gezwungen zu singen. Er singt sich Trauer und Schmerz von der Seele.

Der Tenor Ed Lyon ist Ferdinand, er singt seine Partie so leicht, so mühelos, dass man ihm ohne weiteres abnimmt, dass auch er sich keiner Schuld bewusst ist .

Auch der Kölner Opernohr ist großartig.

Das Gürzenich-Orchester spielt unter der Leitung  des Barockexperten George Petrou, mit barocken Instrumenten wie Theorbe und Königstrompeten.

Ein in jeder Hinsicht außergewöhnlicher Abend!

 

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