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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Die 74. Frankfurter Buchmesse 2022 – Ein Rückblick in Splittern

Prominenz, Publikumsmagnet und Randständiges

Subjektive Impressionen von Petra Kammann

„Die Buchmesse ist das Gegenmodell zu einer Echokammer“ hatte Messechef Juergen Boos verkündet. So nahm in den vergangenen Tagen eben auch das Live-Erlebnis Frankfurter Buchmesse eine Eigendynamik an… Sie erwies sich nach den Einschnitten durch die Pandemie erneut als wichtigster internationaler Treffpunkt der Buch- und Medienbranche als stabil. 93.000 Fachbesucher*innen und über 4.000 Aussteller aus 95 Ländern kamen. Folglich gab sich Boos angesichts der weltweiten Krisen optimistisch, weil die Messe wichtige Signale setzte: „Das persönliche Gespräch ist in Zeiten aufgeheizter Debatten ein Gegenmittel zur Polarisierung“ und die Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels Karin Schmidt-Friderichs ergänzte fast euphorisch: „Die Frankfurter Buchmesse war ein großes Fest der Buchbegeisterung und der Demokratie. In vollen Messegängen und bei lebendigen Debatten spürte man deutlich die Kraft von Büchern, die Freude des Wiedersehens und den Willen zur konstruktiven Auseinandersetzung mit den Themen der Zeit. Drängende Fragen der Gegenwart standen auf der Tagesordnung – von der Situation in der Ukraine und im Iran bis hin zu Themen wie Diversität und dem Zusammenleben in unserer Gesellschaft…“

Transform minds? Der Frankfurt Pavilion auf der Buchmesse – ein Spiegel des aktuellen Weltgeschehens, Foto: Petra Kammann

Hier, im Frankfurt Pavilion auf der Agora, bestimmten Themen wie Ukraine / Russische Oppositionelle im Gespräch / Brennpunkte Iran und Afghanistan / Wie wehrhaft ist unsere Demokratie wirklich? / Solidarität oder Spaltung: Was bestimmt den Krisen-Winter? / Grundrecht Kunstfreiheit / Europa und seine Literaturen den Diskurs.

Mohsin Hamid (Mitte) mit Börsenvereins-Vorsteherin Karin Schmidt-Friderichs und Buchmesse-Chef Juergen Boos, Foto: Petra Kammann

Auf der Eröffnungspressekonferenz der Frankfurter Buchmesse im Frankfurt Pavilion war der welterfahrene Schriftsteller Mohsin Hamid einer der Keynote-Speaker. In seinem gerade erschienenen Buch „Der letzte weiße Mann“ (DuMont) entwirft er ein Szenario, in welchem die weiße Bevölkerung einer unbenannten Stadt ihre Hautfarbe wechselt: Protagonist Anders ist der Erste, der eines Morgens in den Spiegel blickt, um festzustellen, dass seine Hautfarbe nun dunkel ist. In diesem Szenario wird eine Gemeinschaft auf surreale Weise mit ihren Ängsten und Vorurteilen konfrontiert… Klar war aber auch, dass die instabile Welt- und Marktlage die Branche vor große Herausforderungen stellt. Er beschrieb die zunehmend mangelnde Kooperationsbereitschaft der Menschen in unterschiedlichsten Ländern und verwies auf die Bedeutung und Kraft des Romaneschreibens: „Ein Buch zu schreiben und zu lesen, ist an und für sich schon ein hoffnungsvoller Akt der Kooperation. In einer Welt, die im Begriff scheint, in eine Phase der Dunkelheit einzutreten, sind Romane ein Häufchen Glut, das wir in unseren Händen bergen, die Glut der Möglichkeiten. Sie ruft uns in Erinnerung, dass wir unsere Welt gemeinsam erneuern können.

Prominente Eröffnung

Dann die royale Eröffnung in Anwesenheit von König Felipe VI und Königin Letizia von Spanien zum diesjährigen Schwerpunktthema.

Eröffnungsfeier der Frankfurter Buchmesse 2022 am 18. Oktober mit König Felipe VI. und Königin Letizia von Spanien, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Elke Büdenbender, Foto: Frankfurter Buchmesse

Fünf Tage lang feierte Spanien, der Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2022, auf dem Messegelände und in der Stadt Frankfurt die Vitalität seiner Kultur- und Literaturszene.Unter dem Motto „Sprühende Kreativität“ präsentierte das diesjährige Gastland Spanien Entwicklungen und Strömungen im literarischen und kulturellen Leben, insbesondere die aktuelle Literatur und Kreativindustrie. Irene Vallejo war die literarische Rednerin für den Ehrengast Spanien, Antonio Muñoz Molina der literarische Redner. Im Instituto Cervantes traf sich dann in kleinerem Kreise die elegante Königin Letizia mit Hispanisten.

Neben dem Gastland Spanien mit dem umfangreichen Programm bildete die Ukraine in diesem Jahr einen weiteren thematischen Schwerpunkt.

Verleihung des Julius-Campe-Preises 2022 an die Buchmesse

Mit dem Julius-Campe-Preis ehrte der HOFFMANN UND CAMPE Verlag nach zwei pandemischen Jahren, die eine Durchführung der Messe nahezu unmöglich gemacht haben, die Frankfurter Buchmesse für ihre Verdienste um die Literatur. Tim Jung, verlegerischer Geschäftsführer des Verlags, begründete die Auszeichnung folgendermaßen: „Die Frankfurter Buchmesse überführt Geschichten, Ideen, Argumente und Meinungen in eine gesellschaftliche Erfahrung. Damit ist sie von herausragender Bedeutung für die Vermittlung und für das Verständnis der Literaturen unserer Welt.“

Mit dem Julius-Campe-Preis, den Juergen Boos stellvertretend in Empfang nahm, wurde die Frankfurter Buchmesse ausgezeichnet , Foto: Petra Kammann

„Die gesellschaftlichen Entwicklungen und Spannungen abzubilden, dies ist eine der Kernaufgaben der Buchbranche – und damit auch unsere“, fügte Boos seinen Dankesworten hinzu. „Es gelingt am besten durch eine große Präsenz von Büchermenschen, Verleger*innen, Leser*innen, Politiker*innen mit liberal-demokratischer Haltung. Nur so können wir einer Polarisierung in der Gesellschaft und einer vergifteten Debattenkultur entgegenwirken: Indem wir den demokratischen Diskurs stärken, Diversität eine Bühne bieten und kontroverse Themen mit gegenseitigem Respekt verhandeln.“ Die gesamte Rede von Buchmesse-Direktor Juergen Boos, die er auf der Preisverleihung hielt, finden Sie hier.

Der Julius-Campe-Preis gilt Persönlichkeiten und Institutionen, die sich auf herausragende Weise literaturkritische und literaturvermittelnde Verdienste erworben haben. Die Auszeichnung ist mit 99 Flaschen edlen Weins und des bei HOFFMANN UND CAMPE erschienenen Faksimiles der »Französischen Zustände« Heinrich Heines dotiert, auf die Tim Jung in seiner Laudatio auch Bezug nahm. Jürgen Boos versprach ein großes Fest mit dem gesamten Buchmesse-Team zu veranstalten.

Staatsministerin für Kultur Claudia Roth und Hoffmann und Campe-Verleger Tim Jung, Foto: Petra Kammann

Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien, erklärte in ihrer Laudatio: „Die Frankfurter Buchmesse ist längst ein Synonym für gelingende Literaturvermittlung und das weltweit bedeutendste Forum für Literatur. Insbesondere in den vergangenen zwei Jahren hat sie in der Pandemie Herausragendes geleistet und mit der Entwicklung neuer Formate den unverzichtbaren Austausch in der Buchbranche aufrechterhalten.“

Thomas Ganske, Verleger der traditionsreichen Buchverlage Hoffmann und Campe und Gräfe und Unzer,  Foto: Petra Kammann

„Nichts ist interessanter als eine gute Geschichte. Das Erzählen, die Neugierde, etwas ausprobieren, darum ging es mir schon immer – überhaupt um die Kunst und das Showbusiness, also Talente und ihre Begabungen zu entdecken.“ Philipp Keel

Ein Highlight der Messe war die Autorenveranstaltung des Diogenes Verlags. Verleger Philipp Keel und Denis Scheck verwickelten auf intelligente und amüsante Weise die Diogenes Autor:innen ins Gespräch: Solomonica de WinterShelly Kupferberg, Andrej KurkowDonna LeonIngrid NollIrene VallejoStefanie vor SchulteBenedict Wells. „Jede Art zu schreiben ist erlaubt – nur die langweilige nicht.“ Diese Sentenz von Voltaire hatte sich schon der 2011 verstorbene Verleger Daniel Keel zu eigen gemacht und damit auf unterhaltsam anspruchsvolle Literatur gesetzt, womit er sehr erfolgreich war.

Diesem Credo bleibt auch sein amerikaerfahrener Sohn Philipp Keel, der 2012 die Nachfolge seines Vaters Daniel Keel antrat, treu. Seit 2019 ist er der alleinige Inhaber. Zukunftsorientiert arbeitend hatte er schon 2016 die Tochterfirma Diogenes Entertainment gegründet und ist seither bei zahlreichen Filmproduktionen als Executive Producer beteiligt. Außerdem hat Philipp Keel um die 100 neue Autor:innen in den letzten Jahren hinzugewonnen und unter Vertrag genommen. Chapeau! Dass er selbstironisch von sich behauptet, man müsse meschugge sein, um Verleger zu werden, mag man ihm lächelnd daher nur bedingt abnehmen.

v.l.n.r.: Moderator Denis Scheck, Donna Leon, Irene Vallejo, Ingrid Noll, Verleger Philipp Keel, Solomonica de Winter, Benedict Wells, Shelly Kupferberg und Stefanie vor Schulte, Foto: Petra Kammann

Denis Scheck, Donna Leon, Philipp Keel, Shelly Kupferberg im Gespräch, Foto: Petra Kammann

Shelly Kupferberg, Andrej Kurkow und Irene Vallejo, Foto: Petra Kammann

Ein Hoch auch auf Dein Wohl, liebe Ruth! Strahlend wie immer, die langjährige Diogenes Pressechefin Ruth Geiger, inzwischen Mitglied der Geschäftsleitung, Foto: Petra Kammann

Die Ukraine auf Sendung

Ukrainische Buchverlage und Institutionen stellten an einem 100 Quadratmeter großen Gemeinschaftsstand mit eigener Bühne aus (Halle 4.0) aus. Das umfangreiche Programm am Stand beleuchtet die aktuelle Situation der ukrainischen Verlagsbranche, die sich in teils prekärer Lage befinden. Der Gemeinschaftsstand der Ukraine wurde durch die Zusammenarbeit der Frankfurter Buchmesse mit dem Goethe-Institut Ukraine und dem Ukrainian Book Institute ermöglicht.

Der Stand der ukrainischen Verlage in Halle 4, Foto: Petra Kammann

Die Frankfurter Buchmesse und der Europäische Verlegerverband (Federation of European Publishers FEP) hatten gemeinsam den Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, eingeladen, am Donnerstag, den 20. Oktober, auf der Frankfurter Buchmesse das Wort per Videobotschaft an die internationale Buch- und Verlagsbranche zu richten. Sie fand im vollen Saal Harmonie des Congress Centers statt. Peter Kraus vom Cleff  als Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, erläuterte die Hintergründe des Gesprächs, das wenige Stunden vorher aufgezeichnet wurde und noch übersetzt werden musste.

Einführende Worte von Peter Kraus vom Cleff (Hauptgeschäftsführer, Börsenverein des Deutschen Buchhandels), Foto. Petra Kammann

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eröffnete seine Rede mit den Worten :„Thank you for all the attention you pay to Ukraine! Such attention means that you indeed value freedom and are ready to defend it. This is what Europe needs most these days: to be united in the fight for freedom”. Die Videobotschaft in voller Länge finden Sie hier auf dem YouTube-Kanal der Frankfurter Buchmesse. Im Anschluss sprachen Juergen Boos (Direktor der Frankfurter Buchmesse), Oleksandr Afonin (Präsident Ukrainian Publishers and Booksellers Association) und Jesús Badenes del Río (CEO, Grupo Planeta) und erklärten ihre Solidarität.

Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, das Ziel der Russlandpolitik sei es, die ukrainische Kultur zu zerstören. Foto: Petra Kammann

Treffen der Profis an den Ständen

Was für eine Wohltat, sich endlich wieder Aug in Auge zu begegnen und auszutauschen. Außerdem macht das an einem Stand, wo die Bücher ausgebreitet sind, ganz andere Entdeckungen möglich, als in einer elektronischen Vorschau. Wenn die Augen bei Vermittlung eines interessanten Stoffes zu leuchten beginnen, ist das die Verführung zum Lesen pur!

Freudiges Wiedersehen: Die Schriftstellerin, Hörspielautorin, Hörbuchsprecherin und begeisterte Literaturkritikerin, Kabarettistin, Moderatorin, Journalistin und Opern-Librettistin Elke Heidenreich und Thomas Hocke, der ehemalige Redakteur des ZDF für Literatur und Bildende Kunst, Begründer etlicher Literaturformate in ZDF, 3sat und arte treffen sich am Stand von Kiepenheuer & Witsch und hatten sich viel zu sagen, Foto: Petra Kammann

Kein Wunder, dass Cristina Henrich-Kalveram auf den fantasievoll gestalteten Stand stolz ist! Der Frankfurter Regionalverlag Henrich Editionen erhielt außerdem den mit 15.000 Euro dotierten Hessischen Verlagspreis, Foto: Petra Kammann 

  

Piper-Verlegerin Felicitas von Lovenberg und Pressesprecherin Eva Brenndörfer sind stolz auf den Roman „Spitzweg“ von Eckart Nickel, der es in die Finalisten-Runde zum Deutschen Buchpreis geschafft hat, Foto: Petra Kammann

Auch als Verlegerin kreativ und erfolgreich: Karin Schmidt-Friedrichs und ihr Mann und Verleger Bertram Schmidt-Fridrichs, Foto: Petra Kammann

Dr. Jürgen Kron, Verleger von Droste und Grupello, stellt die neu gestalteten Quiz-Schachteln des Grupello Verlags vor, Foto: Petra Kammann

Der S. Fischer-Stand zog mit seinen gerade sehr erfolgreichen Titeln magisch das Publikum an, Foto: Petra Kammann

Verleger Michael Faber (Faber&Faber) mit großer Lust am Experiment, hat sich auf besonders schön gestaltete Literatur spezialisiert. So wurde er Preisträger des Deutschen Verlagspreises 2022, Foto: Petra Kammann

Melanie Florin, Programmleiterin des Grupello Verlags, mit Quiz-Autorin Petra Kammann, Foto: privat

Verleger Peter Engelmann feiert 35 Jahre Passagen Verlag mit französischer und europäischer Philosophie, Foto: Petra Kammann

Lesung im Schauspiel Frankfurt mit Leïla Slimani

Um eine Gesellschaft im Umbruch zwischen kolonialem Erbe und autoritärer Monarchie geht es in Leïla Slimanis „Schaut, wie wir tanzen“ (Luchterhand). Da kehrt die marokkanisch-stämmige Protagonistin in den späten 60er Jahren aus Straßburg nach Marokko zurück. Mit sprühender Lebendigkeit und voller Empathie schilderte Leïla Slimani die Atmosphäre im damaligen Marokko, die in manchem noch heute spürbar ist. Faszinierend! Die Signierschlange war lang…

Leïla Slimani beim Signieren im Schauspiel Frankfurt, Foto: Petra Kammann

Better Time Stories – Trost, Liebe und Optimismus

Zwei kluge First Ladies engagieren sich für das Buchpaket: Olena Selenska, die Frau des ukrainischen Präsidenten Selenskyj, und Elke Büdenbender, Frau von Bundespräsident Steinmeier, Foto: Petra Kammann

Der Krieg in der Ukraine verursacht einen großen Strom von Kinderflüchtlingen. Dabei werden Familien auseinandergerissen. Geschichten sind es, welche die Kraft haben, Leben zu inspirieren und zu verändern. Was wäre, wenn sie auch Familien näher zusammenbringen könnten? Diese Frage hatte sich Andriy Shmyhelskyy  gestellt. Um die Kinder in ihrem Gastland zu unterstützen, hat „Better Time Stories“  dafür ein Geschenkpaket entwickelt und zusammengestellt, das sie beiden Ladies öffneten..

Tolle Teamarbeit: Gruppenbild mit zwei Damen und den Projektentwicklern, Foto: Petra Kammann

Das Projekt der Schirmherrinnen Elke Büdenbender, Ehefrau von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Prinzessin Laurentien von der Niederlande (sie wurde virtuell zugeschaltet), Doris Schmidauer, First Lady von Österreich (auch sie wurde virtuell zugeschaltet) mit dem Vorsitzenden von Better Time Stories Reinout Wissenburg und dem Initiator Better Time Stories, dem in den Niederlande lebenden Ukrainer und Initiator  der Geschichte Andriy Shmyhelskyy wendet sich nun an die Öffentlichkeit und bittet um Solidarität.

Die ukrainischen Kinder testeten gleich das Buchpaket, Foto: Petra Kammann

Das Paket enthält fünf interaktive Bilderbücher zu den Themen Trost, Liebe und Optimismus. Jedes bilinguale Buch ist auch als Hörbuch erhältlich. Darüber hinaus können Familienmitglieder die Geschichten über eine sichere Web-App aufzeichnen, so dass die Kinder die Stimme ihrer Väter, Mütter oder Großeltern hören können, während sie lesen. „Better Time Stories“ möchte mithilfe von (Hör-)Büchern ukrainische Flüchtlingskinder wieder mit Familienmitgliedern, die in der Ukraine bleiben mussten, mittels einer Hörbuch-App in Kontakt bringen. Jedes bilinguale Buch ist auch als Hörbuch erhältlich. Das ermöglicht es Familienmitgliedern, ihren Kindern aus der Ferne Bücher vorzulesen. Darüber hinaus können Familienmitglieder die Geschichten über eine sichere Web-App aufzeichnen, so dass die traumatisierten Kinder die Stimme ihrer Väter, Mütter oder Großeltern hören können, während sie lesen.

Die deutsch- und ukrainischsprachige Edition in 5 Bänden, die an die Kinderflüchtlinge verschenkt wird, Foto: Petra Kammann

Damit dieses wunderbare Buchpaket an die richtigen Empfänger gerät bedarf es einer Spendenaktion. Die deutsche Spendenkampagne hat zum Ziel, dass ukrainische Flüchtlingskinder kostenlos auf diese (Hör-)Bücher zugreifen können. Mit einer Spende kann jede*r einen Beitrag  leisten und unkompliziert auf diese Weise ukrainische Familien unterstützen.

Spendenaufruf:
Mit „Better Time Stories“ kann jetzt jede:r für nur 15 Euro (einschließlich Versandkosten) ein Paket mit fünf Büchern an ein Flüchtlingskind spenden und so einen Beitrag für geflüchtete Familien leisten. Jede Spende über bettertimestories.com hilft direkt einer ukrainischen Familie, die ein Bücher-Paket angefordert hat. Dadurch wird die Spende zu einem persönlichen Geschenk. Aktuell gibt es dieses Angebot in den Niederlanden, Deutschland, Österreich und Belgien. Zu einem späteren Zeitpunkt soll die Initiative auf weitere Länder ausgedehnt werden.

Weitere Informationen: https://www.bettertimestories.com/de/

Demokratie und Streit in den USA

Immer dann, wenn es kontrovers zugeht, kann die öffentliche Diskussion auch besonders konstruktiv sein. Das bewies eine Diskussion, die der Publizist, Amerikanist und Politologe Tobias Edler mit dem Verleger Herbert von Halem über die Progressiven in den USA führte, die viel weniger fundamentalistisch als pragmatisch denken. Sie knüpften die Frage daran, ob das nicht auch in manchem ein Vorbild für Deutschland sein könne.

Der Publizist, Amerikanist und Politologe Tobias Edler im Gespräch mit dem Verleger Herbert von Halem, Foto: Petra Kammann

Talk mit Olena Selenska bei BRIGITTE live

Früher arbeitete Olena Selenska, die sehr selbständig denkende Ehefrau des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyi, bei ihrer eigenen TV-Produktionsfirma, mit der sie die Comedy-Formate ihres Mannes umsetzte. Mittlerweile nimmt die studierte Bauingenieurin ganz andere Aufgaben wahr: Seit Beginn des Krieges in der Ukraine kämpft sie unter anderem dafür, dass ihre Landsleute schnell psychologische Hilfe bekommen können. Im Rahmen einer Kampagne lässt sie Ersthelfer*innen ausbilden. Auch Barrierefreiheit ist eines ihrer Hauptprojekte, wozu sie ein Handbuch initiiert und gefördert hat, das sie im Saal „Harmonie“  auf der Frankfurter Messe im Congress Center vorstellte. Sie sprach über ihre Vision einer barrierefreien Ukraine nach dem Wiederaufbau und beantwortete die Fragen von BRIGITTE-Chefredakteurin Brigitte Huber und Chefreporterin Meike Dinklage. Klug, schön und nachdenklich!

Olena Selenska live auf der Buchmesse im Gespräch mit den BRIGITTE-Redakteurinnen, Foto: Petra Kammann 

Open Books: Eine besondere Veranstaltung

Am Sonntag, dem 23. Oktober, endete OPEN BOOKS, das Lesefest der Stadt zur Frankfurter Buchmesse. Ausgelassene Stimmung und intensive Gespräche, sehr gute Buchverkäufe und prominente Gäste machten das Festival mehr denn je zu einem großen Erfolg. Alle Räume waren bestens gefüllt, zum Teil mit mehreren hundert Gästen. Am Ende wurden Bücher verkauft und signiert. In der Villa Metzler moderierte Andreas Isenschmid das Gespräch mit dem „Großmeister des Erzählens“, dem ungarischen Autor Peter Nádas. Die spannend vertrackte Geschichte vermittelte der deutsch sprechende Autor mit seiner so hintersinnig weich klingenden Stimme, die vordergründige Fragen ins Absurde lenkt. „Schauergeschichten“ lautet der neue Roman des nun 80-jährigen Autors, mit dessen „Buch der Erinnerung“ er sich in das Jahrhundertgedächntnis und die Weltliteratur eingeschrieben hat.

Lesung mit Peter Nádas in der Villa Metzler, Moderation Andreas Isenschmid, Foto: Petra Kammann

 

Nádas signiert seinen neuesten Roman „Schauergeschichten“, Foto: Petra Kammann

Villa Metzler: Die österreichische ORF-Redakteurin und Trägerin des Staatspreises für Literaturkritik Katja Gasser (li) im Gespräch mit Barbara Stang (re), PR Consulting freie Presse- und ÖA für Verlage, Kulturinstitutionen und Autoren, über Slowenien,  Schwerpunktthema des nächsten Gastlandes, Foto: Petra Kammann

Immer wieder attraktiv: die Veranstaltungen auf der ARD-Bühne, Foto: Petra Kammann

Das Publikum war wieder da, Foto: Petra Kammann

Slowenien, das Ehrengastland 2023, präsentierte sich erstmals im Frankfurt Pavilion, Foto: Petra Kammann

Fünf Tage lang feierte Spanien, der Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2022, auf dem Messegelände und in der Stadt Frankfurt die sprühende Kreativität seiner Kultur- und Literaturszene. Am Nachmittag des letzten Messetages verabschiedete sich der diesjährige Ehrengast mit der traditionellen Übergabe der „GastRolle“ an Slowenien.

Der Ehrengast Slowenien auf der Frankfurter Buchmesse 2023 präsentierte sich mit seiner vielfältigen literarischen Landschaft. Noch etwas ist besonders und wird den geplanten Auftritt prägen: Die lebendige Lyrikszene Sloweniens, die nicht nur im Rückblick auf die Geschichte des Landes besonders spannend ist, sondern sich hochaktuell mit den Diskursen unserer Zeit auseinandersetzt. Die kulturelle Szene Sloweniens ist aufgrund der geringen Anzahl slowenischsprachiger Personen und der geografischen Lage am Schnittpunkt zahlreicher Kulturen traditionell mehrsprachig. Daraus entstand das Motto „Waben der Worte“: Das Ergebnis ist eine Kultur, welche die europäische Vielfalt widerspiegelt, dabei aber eigenständig und ursprünglich bleibt; eine Kultur, die anerkennt, dass sie ihre Existenz und Entwicklung den Verbindungen verdankt, die sie mit der Bienenwabe der Menschheit hat.

Friedenspreis des Deutschen Buchhandels an Serhij Zhadan

Serhij Zhadan in der Paulskirche, Foto: Petra Kammann

Inter armae tacent musae? Nein, auch im Krieg schweigt die Sprache des Dichters nicht. „Solange wir unsere Sprache haben, so lange haben wir immerhin die vage Chance, uns erklären, unsere Wahrheit sagen, unsere Erinnerung ordnen zu können. Deswegen sprechen wir und hören nicht auf„, sagte er in seiner Dankesrede. So bleibt die berührende Verleihung des Friedenspreises an den ukrainischen Dichter Serhij Zhadan inklusive der sprachlich so ausgefeilten Rede der Laudatorin Sasha Marianna Salzmann ein absoluter Höhepunkt der Buchmesse.

Noch nie waren wir in Frankfurt seit Beginn des Friedenspreises im Jahre 1949, der übrigens auch in der Paulskirche vergeben wurde, so existenziell vom Nicht-Frieden betroffen wie heute. Die Verleihung war ein historischer Moment von großer Tragweite, und das knapp vor dem 175ten Paulskirchen-Jubiläum.

Aus den Anfangszeiten der Buchmesse in der Paulskirche 1950, Foto: Ursula Assmus

 

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