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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Dorian – Ein magischer Abend von Bob Wilson

Makellose Schönheit und tiefe Verzweiflung

von Simone Hamm

Robert Wilson inszeniert „Dorian“ mit Christian Friedel. Im November und Dezember ist diese grandiose Aufführung wieder zu sehen: Ein Mann bleibt ewig jung, stattdessen altert sein gemaltes Porträt: „Das Bildnis des Dorian Gray“ von Oscar Wilde. Äußerlich bleibt der Porträtierte makellos schön, innerlich verrottet er, wird grausam, wird brutal. Darryl Pinckney hat Wilde’s Roman für Bob Wilsons Theater adaptiert, hat den Ausschnitten aus „Dorian Gray“, den Briefwechsel zwischen Oscar Wilde und seinem Geliebten Alfred Douglas Momente aus der Biografie des Malers Francis Bacon hinzugefügt. Letzterer verliebte sich in einen Mann, der bei ihm einbrechen wollte. Pinckney erzählt keine lineare Geschichte, er arbeitet assoziativ. Eine Produktion des Düsseldorfer Schauspielhauses in Koproduktion mit dem National Kaunas Drama Theater und dem Staatsschauspiel Dresden

Christian Friedel in „Dorian“ von Darryl Pinckney nach Motiven von Oscar Wilde und der Regie von Robert Wilson, Foto: Lucie Jansch

Robert Wilson inszeniert ein Spiel von Licht und Schatten, entführt die Zuschauer in seine magische Welt. Christian Friedel spielt. Und wie: Allein. Unglaublich wandlungsfähig. Ganz in schwarz, das Gesicht weiß geschminkt, einen weißen Handschuh in der Hand. Er schleicht durch ein Atelier voller Staffeleien, Pinseln, Farbtuben und schwarz -weißer Gemälde, die an den wilden Jackson Pollock erinnern. Es ist aber das Atelier von Francis Bacon und auch das von Basil Howard, der im Roman den Dorian Gray gemalt hat. Auf dem Boden zerknülltes Zeitungspapier. Friedel gibt mit hochgestelltem Mantelkragen den Nosferatu. Er ist mit seinen herausfordernden Gesten ein wahrer Dandy, der sich ganz der Kunst hingibt: Äußerlich schön, im Inneren verzweifelt.

Friedel wechselt das Tempo. Er wechselt die Stimmlage, gibt Gespräche mit verschiedenen Stimmen wieder. Er bleibt still. Er hängt unter dem Bühnenhimmel. Er wird zur Puppe. Er steppt, er singt. Songs seiner Band „Woods of Birnam“. Im weißen Anzug ist er eine Varietéstar. Friedel ist ein brillianter Schauspieler, Entertainer und Sänger. Er singt vom Straßenkater „Alley Cat“, der nicht weiß, was gut und böse ist. Der Song zieht sich leitmotivisch durch den Abend.

Schönheit und Ästhetik sind bei Wilde und Bacon gepaart mit Gier, Lust und Eitelkeit. Die drei Männer, die Friedel verkörpert, kreisen nur um sich selbst: der fiktive Dorian Gray genauso wie die beiden realen: der exzentrisch, exzessiv lebende Francis Bacon und Oscar Wilde, erst wird er der Liebling der Londoner Gesellschaft, dann muss er wegen Sodomie in den Kerker. Sein feiger Geliebter Alfred Douglas läßt ihn fallen.

Spiegelszene mit Christian Friedel in „Dorian“, Foto: Lucie Jansch

Sinnbild für diese Egozentrik und dieses Dandytum der Männer ist eine fulminante Szene, in der Friedel im stressbesetzten Smoking vor einem dreigeteilten Spiegel mit vielen Glühbirnen sitzt, grellbeleuchtet und ins Unendliche vervielfältigt. Am Ende geht er auf seinen eigenen Schatten zu, der kleiner und kleiner wird.

Dieser Abend ist Christian Friedels Abend. Ein großartiger Abend.

Weitere Vorstellungen D’haus Düsseldorf am:

06.11.  18.00 Uhr, 13.11. 18.00 Uhr, 22.11. 19.30 Uhr , 23.11  19.30  Uhr, 06.12. 19.30 Uhr, 16.12   19.30 Uhr

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