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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Überreiches Programm beim Kronberg-Festival im September 2022

Das neue Casals-Forum mit all’ seinen vielfältigen Möglichkeiten

Von Uwe Kammann

Möglichst morgen möge es losgehen: Wer je schon einen Blick in den fast fertiggestellten Kammermusik-Saal des Casals Forums geworfen hat, wird es nicht abwarten können, hier die ersten Töne eines Konzerts erklingen zu hören. So einladend, so vielversprechend sind die geschwungenen Wände mit ihren Eichen-Paneelen und den umlaufenden Glaswänden, so verlockend schweben die Schallsegel über der Bühne, dass schon jetzt nur noch ein Gedanke herrscht: Das wird ein klingendes Wunder, eine magische Verbindung von Schönheit für die Ohren und das Auge.

Akustikprobe im Casals Forum mit dem Chamber Orchestra of Europe und dem französischen Oboisten und Dirigenten François Leleux; Foto: Andreas Malkmus/Kronberg Academy Stiftung

Die Probe aufs Exempel soll am 24. September zu erleben sein, exakt um 17.15 Uhr, an einem Samstag. „Englische Eröffnung – Das Spiel beginnt“, so ist der musikalische Auftakt angekündigt, der vom Chamber Orchestra of Europe bestritten wird – das Residenzensemble der Akademie. Schlag auf Schlag geht es weiter, bis zum Montag, dem 3. Oktober – dann werden die Schüler der Meisterkurse ein „Cellofinale“ geben; dem folgt, was spielerisch als „(H)Ausklang“ tituliert wird, vorgetragen vom Sinfonieorchester des Hessischen Rundfunks.

Voller Vorfreude: Raimund Trenkler, Intendant der Kronberg Academy und der künstlerische Leiter Prof. Dr. Friedemann Eichhorn, Foto: Petra Kammann

Wahrlich, eine in dieser Form in Kronberg noch nie dargebotene musikalische Fülle – insofern: wirklich ein Füllhorn –, eine Reihe von Höhepunkten mit vielen glänzenden Namen. So dass diese herbstlichen Tage das Schönste bieten werden, was sich nur unter dem schon traditionsreichen Titel „Kronberg Festival“ versammeln lässt. Ein Festival, so der Intendant der Kronberg Academy, Raimund Trenkler, das nicht nur wegen seines Umfangs, sondern auch wegen seiner „enormen Bandbreite“ alles übertreffen werde, was bislang in der nun über zwanzigjährigen Geschichte der Akademie zu hören war.

Die Vorfreude auf das Festival als Höhepunkt der Akademiearbeit ist Trenkler anzusehen. Zweifel, dass die Arbeiten an der umfangreichen und komplexen Baustelle des Casals-Forums nicht bis zum Festival-Auftakt abgeschlossen sein könnten, sind ihm nicht anzusehen – auch wenn er natürlich einräumt, dass an der einen oder der anderen Stelle noch Unerwartetes zu Überraschungen führen könnte. Aber dies, das ist deutlich, trübt weder die Vorfreude noch den Stolz, so ein so hochkarätiges Programm auf die Beine gestellt zu haben. Um damit sowohl den neuen Saal zu feiern, der in seiner Art einzigartig sein wird, um Kammermusik zu zelebrieren; als auch in einer Art von Bester Praxis zu demonstrieren, welch’ hohes – besser: höchstes – Niveau die Akademie erreicht hat, die inzwischen nicht nur Streicher, sondern auch Pianisten ausbildet.

Der Violinist Gidon Kremer; Foto: Patricia Truchsess / Kronberg Academy

An Höhepunkten wird es während des Festivals nicht mangeln. Und auch nicht an Neuerungen. So wird erstmals die vielgerühmte Bigband des HR in Kronberg auftreten (Motto: „Satchmo goes Apple“). Oder es wird, ebenfalls in dieser Form erstmalig, ein gemeinsames Spiel der Violinisten Pinchas Zukerman und Gidon Kremer zu bewundern sein. Es wird Uraufführungen geben – wobei, wie Trenkler und der künstlerische Leiter Friedemann Eichhorn betonen, ohnehin in Kronberg immer selbstgestaltete, nie „einkaufte“ Konzerte zu hören seien -, dazu Gast-Auftritte von sieben renommierten Orchestern. Dazu zählen das Bridges-Kammerorchester, das Stuttgarter Kammerorchester und die Kremerata Baltica.

Mit dem abwechslungsreichen und breitem Spektrum des Programms – von Solodarbietungen bis zu den Orchesterauftritten – will die Kronberg-Academy ihrem Publikum natürlich auch demonstrieren, welche Möglichkeiten der neue Saal bietet, der über die verstellbaren Paneele über dem oberen Rang sich verschiedenen Anforderungen und Anordnungen anpassen lässt, um immer optimale Klangerlebnisse zu ermöglichen, und dies von allen Plätzen aus. Ein „reiches Klangbild“, in dem sich Klarheit und Wärme verbänden, sei das Ziel bei der akustischen Planung gewesen – und dieses Ziel sei, so hätten die ersten Proben gezeigt, sei erreicht worden.

Sir András Schiff mit Studierenden der Kronberg Academy; Foto: Patricia Truchsess / Kronberg Academy

Insofern darf man sehr gespannt sein, wie es klingt, wenn das Barockorchester La Stagione & Friends im neuen Kammermusiksaal auftspielt, mit der dann größtmöglichen Musikerzahl auf der Bühne, nämlich 65, getreu dem historischen Vorbild einer solchen Formation. Ebenso aufschlussreich wird sein, wie sich die Klangstrukturen beim Ensemble Resonanz entwickeln, das als Streicherensemble die Aufführung zeitgenössischer Musik mit Interpretationen aus dem klasssischen Repertoire verbindet – in Kronberg wird es zu einer Kombination von Mozart und Alban Berg kommen.

Die Geigerin Isabelle Faust; Foto: Felix Broede /Kronberg Academy

Klangvoll sind die Namen, die den Besuchern schon von vorherigen Kronberg-Festivals und Konzerten vertraut sind, die vielfach auch vielfältig mit der Akademie-Arbeit verbunden sind, so wie Tabea Zimmermann oder Christian Tetzlaff. Fazil Say, Antoine Tamestit, Jean-Guihen Queyras werden auch zu den Gästen gehören, ebenso Isabelle Faust, Kirili Gerstein, Mischa Maisky oder Vadim Gluzman.

Der spannende Geiger Christian Tetzlaff,  der Kronberg Academy auf vielfältige Weise verbunden; Foto: Patricia Truchsess / Kronberg Academy

Zu erstmalig in Kronberg auftretenden Gästen wird die Violonistin Janine Jansen gehören, ebenso wie die viel gefeierte Sopranistin Anna Prohaska.

Zu den Neuerungen gehört auch, dass die Cello-Meisterkurse der Akademie erstmals als integraler Bestandteil in das Festival aufgenommen werden, indem sich die jungen Talente zum Abschluss der Kurse selbst präsentieren können. Auch andere Elemente gehören zu diesem umfangreichen Festival.

Skulpturen „C-Dur“ und „Timbre“ des renommierte Bildhauers Tony Cragg / Foto: Kronberg Academy

So wird es Führungen („Kunst-Stück“) zu den Skulpturen auf dem Freigelände des nagelneuen Forums geben. Der vorherige Wettbewerb für die Kunst am Bau hatte dabei zu einem hochkarätigen Ergebnis geführt. Denn der international renommierte Bildhauer Tony Cragg wird zwei Bronzeplastiken aufstellen, die einen direkten Bezug zur Musik und zu Streichinstrumenten – insbesondere auch zum Thema Cello – haben. Die Jury lobte die Eleganz, Dynamik und Leichtigkeit der Skulpturen, die mit „Timbre“ und „C-Dur“ tituliert werden.

Ein Podiumsgespräch soll die Rolle der Musik auch im gesellschaftlichen Leben ergründen und umreißen: „Muss Musik immer die Welt retten?“, so der vielsagende Titel. Weiter soll eine eigene Veranstaltung Kinder an die Akademie heranführen. Und schließlich soll auch eine Messe für Geigenbauer in der Stadthalle einen ganz eigenen Beitrag zum Festival leisten, gedacht als spezifischer und konzentrierter Ersatz für die wieder ausgefallene Musikmesse in Frankfurt. Der Name der Messe in Kronberg klingt wie ein Programm: „Vioviva“.

Schirmherrin Marta Casals-Istomin und Sir András Schiff beim Spatenstich des Casals-Forum Kronberg, Foto: Petra Kammann

Und, nicht zuletzt, wird die Akademie im Rahmen des Festival erstmals den „Pablo Casals Award – For a Better World“ verliehen. Diese Auszeichnung soll künftig jährlich Künstlern zugesprochen werden, die sich in besonderer Weise gesellschaftlich engagieren. Und damit einem Ziel entsprechen, das Casals immer wieder propagiert hat: „Als Mensch ist es meine erste Pflicht, meinen Mitmenschen Gutes zu tun“. Erst in zweiter Linie sei er Künstler.

Für das Festival gibt es ein sehr schön gestaltetes Programmheft. Online sind alle Informationen über die Veranstaltung abzurufen unter:

www.kronbergacademy.de

 

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