home

FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

 literaTurm 2022 – das Literaturfestival FrankfurtRheinMain unter dem Motto „Risse“ 

Das Buch zwischen Skyline und Region und die zunehmende Polarisierung der Gesellschaft

Mit seinen Lesungen in Hochhäusern ist das städtische Literaturfestival deutschlandweit einmalig. Wie etliche andere Kulturfestivals musste die letzte Auflage von literaTurm 2020 musste coronabedingt kurzfristig abgesagt werden. In diesem Jahr findet literaTurm wieder statt und das Programm steht wie zuvor unter einem thematischen Schwerpunkt. RISSE lautet das Motto, eine vielzitierte Metapher, die dafür steht, dass etwas Bestehendes in der Auflösung und Umwandlung begriffen ist – auch ästhetisch. Dabei bleiben die Frankfurter Hochhäuser zwar zentrale Veranstaltungsorte, wo Partner ihre Konferenzräume zur exklusiven Nutzung zur Verfügung stellen. Darüber hinaus finden aber auch mit dem Festival verbundene Lesungen in der Region statt. Geplant sind insgesamt  35 Veranstaltungen zwischen dem 27. Juni und dem 3. Juli mit rund 90 Beteiligten. Petra Kammann stellt das Konzept vor.

Dr. Julia Cloot, stellvertretende Geschäftsführerin des Kulturfonds Frankfurt RheinMain, Dr. Ina Hartwig, Kultur- und Wissenschaftsdezernentin und Kuratorin Dr. Sonja Vandenrath bei der Präsentation des Programms; Foto: Petra Kammann

„Kultur- und Literaturveranstaltungen sind mehr denn je aufgerufen, sich den großen Herausforderungen der Zeit zu stellen. literaTurm greift Themen auf, die uns alle bewegen und umtreiben, und die es bei hochkarätig besetzen Lesungen und Podiumsdiskussionen verhandelt. Das biennale Festival versammelt wichtige Stimmen der Literatur und des Sachbuches der letzten zwei Jahre und setzt dabei einen thematischen Schwerpunkt. Mit dem Kinderbuchprogramm richtet sich literaTurm erstmals auch jüngere Leser und Leserinnen“, so Kultur- und Wissenschaftsdezernentin, Dr. Ina Hartwig.

Eine bewährte Zusammenarbeit , auch in Krisenzeiten, Kulturdezernat und Kulturfonds RheinMain; Foto: Petra Kammann

„Risse“, wie es im Motto heißt, zeigen sich in unserer Gesellschaft und Welt mehr denn je, gleich ob es um den aktuellen Krieg in der Ukraine geht, um die Schere zwischen Arm und Reich, um das komplexe Verhältnis zwischen Ost- und Westdeutschland, die politische Polarisierung, die schwierige Situation von berufstätigen Müttern vor allem in der Pandemie oder um die biografischen Risse, die aufgrund von Flucht und Migration in den Familien entstehen.

Brüche oder Risse sind aber auch ein ästhetisch-seismographische Reaktion in der Kunst wie in der Literatur. So werden in dem biennalen kuratierten Literaturfestival „literaTurm“ der Stadt Frankfurt am Main in diesem Jahr sowohl Romane als auch  Sachbücher vorgestellt, die unterschiedliche Aspekte des Themas beleuchten. Insgesamt 35 Veranstaltungen mit 50 deutschsprachigen und internationalen Schriftsteller:innen und Wissenschaftler:innen sind da geplant, auch Kooperationsveranstaltungen mit Spanien, dem Ehrengast der diesjährigen Frankfurter Buchmesse, und dem Instituto Cervantes wie auch Veranstaltungen von Litprom, dem Deutschen Polen Institut und dem Hessischen Literaturforum. Sie alle bereichern das Programm. Dabei bleiben Hochhäuser die zentralen Veranstaltungsorte von literaTurm. Welche andere deutsche Stadt kann schon mit einer entsprechenden Skyline aufweisen?

Auf dem Festival sind sowohl zahlreiche deutschsprachige als auch internationale Schriftsteller:innen und Wissenschaftler:innen vertreten, darunter: Ivan Krastev, Karl-Heinz Ott, László Krasznahorkai, Steffen Mau, Judith Hermann mit einem Lesungskonzert mit dem Ensemble Modern, Senthuran Varatharajah, Natalie Amiri, Karl Schlögel, Christiane Hoffmann, Oliver Nachtwey, Nahid Shahalimi, Peter Sloterdijk, Lea Ypi, Sasha Filipenko, Katerina Polad-jan, Victor Jerofejew, Ferenc Barnás, Maria Stepanova, Gerd Koenen un snoch weitere.

„Als ein Festival in den höchsten Etagen von Frankfurter Hochhäusern wollen wir den Dingen auf den Grund gehen. Das zeitdiagnostische Motto RISSE steht für Erosionen, Dissonanzen und Brüche, die seit jeher die Literatur durchziehen. Als mit dem 24. Februar 2022 (Ausbruch des Ukraine-Kriegs, Anm. d. Red.) sich auch durch unsere Programmarbeit ein Riss zog, haben wir den Fokus auf die Literatur Ost- und Mitteleuropas gerichtet. Doch auch Risse in Gesellschaft und im Biografischen erfordern einen diskursiven Raum, den literaTurm auch dieses Jahr wieder eröffnet“, sagte Dr. Sonja Vandenrath, die das Programm des Festivals inzwischen zum neunten Mal verantwortet. 

Adreji Kaluza , wissenschaftlicher Mitarbeiter am Darmstädter Polen-Institut stellte die Lage der polnischen Autor:innen dar; Foto: Petra Kammann

Ein besonderer Fokus liegt in diesem Jahr daher auf der mittel- und osteuropäischen Literatur. Aber dabei lassen es die Veranstalter nicht bewenden. Ein Gespräch zu Sorgearbeit und zu weiblichen Rollenbildern sowie ein literarischer Abend mit dem diesjährigen Gastland der Frankfurter Buchmesse Spanien (01.07.) wurde ebenfalls muteinbezogen. In Zusammenarbeit mit dem Instituto Cervantes Frankfurt (Schwerpunktthema der diesjährigen Buchmesse ist Spanien) stellen Esther Paniagua und Mónica Subietas ihre Romane vor.

Besondere Höhepunkte des Literaturfestivals sind natürlich die Eröffnungsveranstaltung mit Tanja Maljartschuk, Lea Ypi, Viktor Jerofejew und Gerd Koenen (27.06.), ein Lesungskonzert mit Judith Hermann und dem Ensemble Modern (28.06.), dann ein Gespräch über Erinnerungskultur mit Dana von Suffrin, Norbert Frei und Per Leo (28.06.), ein Abend zur Situation der Frauen in Afghanistan mit Natalie Amiri, Nahid Shahalimi und Isabel Schayani (29.06.) sowie eine Diskussion zur Klassengesellschaft in der Literatur mit Katja Oskamp, Domenico Müllensiefen und Oliver Nachtwey (01.07.) Themen, die ebenfalls neu bewertet werden müssen.

Weitere Kooperationsveranstaltungen sind ein Abend mit Philipp Winkler im Hessischen Literaturforum im Mousonturm (28.06.) und eine Lesung mit Carla Bessa zusammen mit Litprom e.V. im Haus des Buches (30.06.). Mit einer performativen Lesung von Jchj V. Dussel, musikalisch begleitet von LEOPOLD und Neneh (02.07.), und einem Kinderbuchsonntag mit Jörg Isermeyer und Gerda Raidt (03.07.) findet das Festival seinen Abschluss. 

‚hier leben‘ – auch in der Region

„Das Thema des diesjährigen Festivals – RISSE – reflektiert vor allem die Gefahren, die aus einer zunehmenden Polarisierung der Gesellschaft erwachsen können. Es korrespondiert wunderbar mit dem neuen Schwerpunktthema des Kulturfonds, das unter dem Titel ‚hier leben‘ Perspektiven für das Zusammenleben in den Mittelpunkt rückt“, befand Dr. Julia Cloot, stellvertretende Geschäftsführerin des Kulturfonds Frankfurt RheinMain. Insofern seien in Kooperation mit lokalen Partnern zudem Lesungen an ausgewählten Orten des Rhein-Main-Gebiets in Bad Soden, Bad Vilbel, Oberursel, Hanau, Hochheim und Offenbach geplant. Ja, wenn wir international mitwachsen und reüssieren wollen, dann ist das Zusammenwachsen des Rhein-Main-Gebiets ein Must der einen Schritt in ein noch zu definierendes neues Europa gehen muss.  Petra Kammann

Veranstaltungsorte in Frankfurt 

Allianz Global Investors, Bockenheimer Landstraße 42-44, 60323 Frankfurt am Main 

Haus des Buches, Braubachstraße 16, 60311 Frankfurt am Main 

Hessisches Literaturforum im Mousonturm, Waldschmidtstraße 4, 60316 Frankfurt am Main 

Historische Villa Metzler, Schaumainkai 17, 60594 Frankfurt am Main 

Instituto Cervantes Frankfurt, Staufenstraße 1, 60323 Frankfurt am Main 

Maintor WINX, Neue Mainzer Landstraße 6-10, 60311 Frankfurt am Main 

ODDO-BHF, Bockenheimer Landstraße 10, 60323 Frankfurt am Main 

OpernTurm, Bockenheimer Landstraße 2-4, 60323 Frankfurt am Main 

Park Tower, Bockenheimer Anlage 44, 60323 Frankfurt am Main 

TaunusTurm, Taunustor 1, 60310 Frankfurt am Main 

Volksbühne im Großen Hirschgraben, Großer Hirschgraben 15, 60311 Frankfurt am Main 

Westend Duo, Bockenheimer Landstraße 24, 60323 Frankfurt am Main

Veranstaltungsorte in der Rhein-Main-Region 

Badehaus im Alten Kurpark, Königsteiner Straße 86, 65812 Bad Soden im Taunus 

Hochheimer Weinbaumuseum, Wiesbadener Str. 1, 65239 Hochheim am Main 

Klingspor Museum, Herrnstraße 80, 63065 Offenbach am Main 

Kulturforum/Stadtbibliothek, Am Freiheitsplatz 18 a, 63450 Hanau 

Portstrasse – Jugend & Kultur, Hohemarkstraße 18, 61440 Oberursel (Taunus) 

Stadtbibliothek Bad Vilbel, Niddaplatz 2, 61118 Bad Vilbel 

Villa Kohnstamm, Ölmühlweg 12, 61462 Königstein im Taunus 

Wetter- und Klimawerkstatt, Frankfurter Straße 39/Rathaus-Plaza, 63065 Offenbach am Main 

Für alle Veranstaltungen mit Ausnahme der Lesung im Instituto Cervantes Frankfurt ist ein Ticket erforderlich. Eintrittskarten sind seit dem 1. Juni im Vorverkauf auf www.literaturm.de sowie beim Ticketanbieter Frankfurt Ticket (Tel.: + 49 69 1340 400) erhältlich oder können an der Abendkasse erworben werden, sofern es Restbestände gibt. Sämtliche Veranstaltungen des Festivals finden in Präsenz statt – selbstverständlich unter Berücksichtigung der geltenden Verordnungen zum Infektionsschutz. 

 

Comments are closed.