Filmregisseur Constantin Costa-Gravas in Frankfurt
Der Wahrheitssucher
von Renate Feyerbacher
Vor wenigen Tagen war der griechisch-französische Filmregisseur Costa-Gavras zusammen mit seiner Frau, der Filmproduzentin Michèle Ray-Gavras, beim Lichter Filmfestival (10.bis 15.5.2022). Er nahm teil an den Debatten „Zukunft Deutscher Film – Forum Europa“ und an seinem letzten Film „Adults in the room“ (2019). Der 89-Jährige ist ein Streiter für Europa. Glaubwürdig, bescheiden und freundlich begegnet er den Menschen und ist für jeden, der mit ihm reden will, aufgeschlossen. Kein Prominenzgehabe.
Der griechisch-französische Filmemacher Constantin Costa-Gravas, Foto: Renate Feyerbacher
Weltberühmt wurde Costa-Gavras, der mit 21 Jahren nach Frankreich ging, seit seinem Film „Z – Anatomie ein eines politischen Mordes“ von 1969, der in Cannes ausgezeichnet wurde und den Oscar für den besten ausländischen Beitrag erhielt.
Costa-Gavras drehte den Politthriller nach dem Tatsachenroman „Z- Anatomie eines politischen Mordes“ des aus Thessaloniki stammenden Schriftstellers und Diplomaten Vasilis Vasilikos (*1934). Dem damaligen Richter gelang es, sich gegen die Vertuschungen der regierenden Politiker aufzulehnen, dennoch wurde die Anklage nicht wegen Mordes, sondern wegen „Körperverletzung mit Todesfolge“ erhoben.
Diese algerisch-französische Produktion spielt in einem imaginären Staat bezieht sich aber auf die Griechische Militärdiktatur in den sechziger Jahren. Der Arzt und Politiker Grigoris Lambrakis wurde 1963 nach einer Friedensdemonstration in Thessaloniki von einem Kleinroller in der von der Polizei abgesperrten Zone überfahren. Fahrer und Beifahrer waren Rechtsextremisten. Die staatliche Seite sprach von einem „Verkehrsunfall“.
Die Darsteller Yves Montand, Jean-Louis Tritingnant („Liebe“1912) und Irene Papas faszinieren. Der Komponist, Schriftsteller und Politiker Mikis Theodorakis (1923-2021) vertonte den Film meisterlich. Costa-Gavras hat sich immer wieder gesellschaftlich-politischen Themen gewidmet.
„Adults in the room“, den er in Griechenland drehte, beruht auf dem gleichnamigen Buch des griechischen Wirtschaftswissenschaftlers und Politikers Yanis Varoufakis. Er war 2015 sieben Monate lang griechischer Finanzminister und in der Finanzkrise entschiedener Gegner von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der eine rigide Sparpolitik verlangte. Yanis Varoufakis versuchte mit anderen europäischen Ländern, die ebenfalls von der Finanzkrise betroffen waren, Alternativen durchzusetzen. Er war erfolglos und trat zurück. Von Grexit war sogar die Rede, weil das Land zahlungsunfähig war. Die drastische Sparpolitik brachte große Armut und Arbeitslosigkeit. Griechenland hat seine Schulden inzwischen beim Internationalen Währungsfonds 2022 zurückgezahlt.
Der Film, der allein schon wegen des Standorts der EZB nach Frankfurt gehört, thematisiert die mühseligen Verhandlungen zwischen EZB-Vertretern, den Ministern: innen der Euro-Gruppe, Wolfgang Schäuble, Varoufakis und Premierminister Alexis Tsipras. Gezeigt wurde er erstmals 2019 bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig, wo er einen Ehrenpreis erhielt. In die deutschen Kinos kam er nicht, da er keinen Filmverleih fand. Ein hoher deutscher EU-Politiker soll sogar damals versucht haben, das Filmprojekt zu torpedieren. Lob für die Verantwortlichen des Lichter Filmfestes, die es dem Frankfurter Publikum ermöglichten, den Film zu sehen.
Costa-Gravas am 10. Mai in der Paulskirche, Foto: Renate Feyerbacher
Das Kino des Deutschen Filminstitut & Filmmuseum (DFF) zeigt in den kommenden Tagen folgende Filme von Costa-Gavras:
Heute, am 19. 5 um 18 Uhr, „Z- Anatomie eines politischen Mordes“, Freitag, 20.5. um 20 Uhr „Music Box“ (1989), Samstag, 21.5. um 22.15 Uhr und Mittwoch, 25.5. um 18 Uhr „Missing“ (Vermißt 1982), Donnerstag, 26.5. um 20.30 Uhr „Amen“ – Der Stellvertreter (2002) nach dem heiß diskutierten gleichnamigen Theaterstück von Rolf Hochhuth (1931-2020) mit Ulrich Tukur, Ulrich Mühe, Mathieu Kassovitz und Sebastian Koch.
In dem letzten Film wird nach Hochhuth die Haltung des Vatikans, des Papstes Pius XII. (1939-1958) zum Holocaust thematisiert. Waren Hochhuths Beschuldigungen rechtens? Die vatikanischen Archive waren noch lange verschlossen. Jetzt wurden die Akten für die Amtszeit von Papst Pius XII. freigegeben. Die Forschung bekam am 2. März 2020 Einblick in die Dokumente der vatikanischen Archive, dem 81. Jahrestag der Papstwahl Eugenio Pacellis, dem späteren Pius XII.
Das Team um den renommierten Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf hatte voreilige Schlüsse gezogen. Es braucht aber noch viele Jahre, bis eine endgültige historische Beurteilung vorgelegt werde kann.
Karten für das Kino im DFF können telefonisch unter Tel.: +49 69 961 220 – 220 und per Online erworben werden info@dff.film. Es gilt keine Maskenpflicht, wohl aber die Empfehlung zum Tragen eines FFP2-Mundschutzes.