Elisabeth-Norgall Preis an Gerlinde Förster von der GEDOK Brandenburg
Ein Bündel an Energie, voller Ideen und Initiativen
von Renate Feyerbacher
Ein Höhepunkt im Clubjahr des International Women’s Club Frankfurt (IWC) ist jedes Jahr die Verleihung des Elisabeth-Norgall-Preises, der in Erinnerung an die Club-Gründerin verliehen wird. Corona hat die ansonsten sehr persönlich-festliche Feier, bei der immer viele Mitglieder zusammen kommen, um den direkten Kontakt mit der Preisträgerin zu suchen, abermals verhindert. Immerhin hatten sich am 9. März zeitweise über 60 ZOOM- Teilnehmerinnen zur Preisverleihung, die zum 45. Mal stattfand, eingeschaltet.
Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg, Gerlinde Förster, Yong-Hi Yim-Siegels, Alle Fotos: Heidi Henschel /IWC
Begrüßt wurden sie von Yong-Hi Yim-Siegels, der Präsidentin des IWC, Grußworte sprach Dr. Nargess Eskandari-Grünberg, die Bürgermeisterin der Stadt Frankfurt, die den engen Kontakt zwischen der Stadt und dem IWC pries. Die diesjährige Preisträgerin, diesmal eine Deutsche, ist Dr. Gerlinde Förster, die Gründerin und langjährige Vorsitzende der GEDOK Brandenburg auch im Bundesvorstand aktiv
Gerti Auerbach, die 1. Vizepräsidentin des IWC und Leiterin des Norgall-Komitees, beschreibt in ihrer Laudatio, die aus Krankheitsgründen verlesen werden musste, die Idee von GEDOK, der Gemeinschaft der Künstlerinnen und Kunstfördernden. Ida Dehmel, Werkbundmitglied und Vorstandmitglied des ersten ZONTA-Clubs in Deutschland, gründete 1926 in Hamburg die GEDOK, die heute das größte europaweite Netzwerk für Künstlerinnen aller Kunstgattungen ist. 2800 Mitglieder und Kunstfördernde in 23 Regionalgruppen zählt der Verband gegenwärtig.
Erst seit zwanzig Jahren ist ein zunehmendes Gleichgewicht in der Kunstszene zwischen Männern und Frauen festzustellen. Aber, so Gerti Auerbach: „[..] bleibt doch der schwierige Kraftakt, Kinder, Partnerschaft, künstlerische Arbeit, das Ringen um gleichberechtigte Präsens und öffentliche Anerkennung immer wieder neu auszubalancieren. Dies zeigt, dass das Förderanliegen der GEDOK, Künstlerinnen Öffentlichkeit zu verschaffen, ihre Interessen zu vertreten, ihr Selbstbewusstsein zu stärken, auch nach über 90 Jahren weiter aktuell ist. Gerlinde Förster hat den schwierigen Kraftakt,– sie ist mit dem Mathematiker Dr. Matthias Förster verheiratet und Mutter zweier mittlerweile erwachsener Kinder – geschafft.
Im Sinne der Lehrerin Elisabeth Norgall (1887-1981) ist sie eine Frau, die sich in besonderer Weise um die Belange von Frauen kümmert und sich für Frieden und Völkerverständigung einsetzt. Einander näher bringen und Feindschaften abbauen, das war ein besonderes Anliegen von Elisabeth Norgall, die in Oxford, Lausanne und Paris studierte und die Nazi-Zeit erlebt hatte.
Die bald siebzigjährige Gerlinde Förster, gebürtige Dresdnerin, die heute in Rangsdorf südlich von Berlin lebt, erzählt in ihrem Lebenslauf, dass sie bereits als Kind an Kunst, Musik und Theater herangeführt wurde und durch den Jugendclub der Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden mit den berühmten Galerien der Stadt in Kontakt kam. Sie bekam einen der zehn Studienplätze im Fach Kunstwissenschaft an der Humboldt Universität, dazu gehörten auch Philosophie, Kulturtheorie, Archäologie und Architekturgeschichte. Das Studium „war für mich impulsgebend, um zu lernen, nach dem Wesen der Dinge, nach Ursache und Wirkung zu fragen, und das nicht nur im Zusammenhang mit Kunst und Kunstentwicklungen.“
Foto Gerlinde Förster am Rednerpult in Frankfurt; Foto: Heidi Henschel /IWC
Zunächst schloss sie die Studien 1975 mit dem Diplom ab. Sie war am Beginn ihrer Tätigkeit vor allem von dem Gedanken getragen, durch Kunst im öffentlichen Raum das ästhetische Erlebnis gebauter Umwelt verbessern zu helfen. Sie war unter anderem bis 1991 im Forschungsbereich „Erbe des Instituts für Kultur- und Kunstwissenschaften an der Akademie für Gesellschaftswissenschaften“ zunächst als Projektassistentin tätig und nach der Promotion über die künstlerische Avantgarde in Dresden nach dem Ersten Weltkrieg als Wissenschaftliche Mitarbeiterin. Sie hatte Gelegenheit an der achtbändigen „Geschichte der deutschen Kunst“, die im Leipziger Seemann-Verlag erschien, mitzuwirken.
Dann kam 1990 die deutsche Wiedervereinigung, Beginn „des gesellschaftlichen Transformationsprozesses“, wie es Gerlinde Förster nennt. Das Erreichte schien keinen Wert mehr zu haben, Einrichtungen wurden abgewickelt, auch die ihre. Künstlerinnen im Osten sahen sich ihrer Existenz beraubt, die sie nach der gesellschaftlichen Wende lange oder auch gar nicht wieder sichern konnten.
Sie wollte aber weiterhin im Kunstbereich arbeiten und dann muss es einen Zufall gegeben haben. „[..]anfangs nicht wirklich wissend, was die GEDOK, die Gemeinschaft der Künstlerinnen und Kunstfördernden, überhaupt ist. Ich wusste nur, dass es um mich großartige Künstlerinnen gab und gibt, für die ich etwas tun wollte und dies auch weiter will. So initiierte ich 1994 die Gründung der GEDOK in Brandenburg.“
Konfrontiert wurde sie mit völlig neuen Erfahrungsräumen und Herausforderungen. Dazu gehörten das Managen von Projekten, das Organisieren, Pressetexte schreiben und vor allem Sponsoren gewinnen. „Es war Last wie Lust. Ich spürte, ich wurde gebraucht und entdeckte für mich so eine sinnstiftende und mich fordernde Aufgabe.“
Ihre Arbeit war ehrenamtlich. Geld verdiente sie als freiberufliche Kuratorin, Kunstvermittlerin, Autorin und Dozentin. Sie war glücklich über die Förderung des brandenburgischen Kulturministeriums, wodurch es seit 2019 möglich wurde, eine hauptamtliche Projektleiterin zu beschäftigen und zu bezahlen.
Foto: Gerlinde Förster und Yong-Hi Yim-Siegels mit Urkunde; Foto: Heidi Henschel /IWC
Tage nach der Preisverleihung habe ich mit Gerlinde Förster Kontakt per Mail aufgenommen. Als sie ein paar Tage später anrief, war es schön, ihre sympathische Stimme live zu hören, da entschuldigte sie sich und erzählte, wo sie überall gewesen und aktiv war. Ein großes Programm hier und da hatte sie absolviert. Ein Bündel an Energie und voller Ideen ist diese Frau eben.
Während der Preisverleihung zeigte sie Fotos von GEDOK-Projekten auch aus der GALERIE KUNSTFLÜGEL, die Gerlinde Förster 1998 in Rangsdorf ins Leben gerufen hatte. 2013 konnte die Galerie in einen von der Gemeinde zur Verfügung gestellten achteckigen, lichten Bau umziehen. Bis 2020 organisierte sie mehr als einhundert Ausstellungen, zahlreiche Konzerte, Lesungen, Kinderkunstwerkstätten, Workshops und Galeriegespräche. Auch Tanz gehört dazu..
Foto: Cellistin Sylvia Demgenski; Foto: Heidi Henschel /IWC
Die Feier, für nur wenige Teilnehmerinnen in Frankfurt live, wurde musikalisch von der jungen, freischaffenden Cellistin und Barockspezialistin Sylvia Demgenski, die in Frankfurt lebt, begleitet.
GALERIE KUNSTFLÜGEL im GEDOK-Haus; Foto: Gerlinde Förster
Die GEDOK verleiht mehrere Preise in verschiedenen Kunstgattungen. Zum zweiten Mal wird der Ida-Dehmel-Kunstpreis verliehen. Eine Jury von namhaften Kunstexperten entschied sich für die bildende Künstlerin Barbara Noculak, die in Berlin lebt. In der Begründung heißt es: „Barbara Noculak setzt sich mit existenziellen, generationsübergreifenden Themen des Lebens auseinander, ohne in Pathos oder Sentimentalität abzugleiten. Sie arbeitet multimedial, ohne die Besonderheit der jeweiligen Medien und Mittel einer derzeit gängigen eindimensionalen Digitalisierungs-Faszination zu opfern.“
Die Preisverleihung findet am 24.April 2022 im Roentgen-Museum Neuwied statt.