Prix des lycéens allemands an Wilfried N’Sondé in der Carl-Schurz-Schule Frankfurt
Lesung und Diskussion mit engagierten hessischen Schüler:innen
Von Maria Kuhlen
Der „Prix des Lycéens Allemands“ hat in Hessen schon eine lange und lebendige Tradition. Da kommen regelmäßig französischsprachige Autorinnen und Autoren in deutsche Schulen, lesen und diskutieren dort. So auch ging es am 16. März 2022 mit dem diesjährigen Preisträger Wilfried N’Sondé, der in die Carl-Schurz-Schule kam, bevor ihn am Wochenende in Leipzig eigens die französische Botschafterin würdigen sollte. In der besonderen Schule mit ihrer großartigen Bibliothèque francophone waren außerdem hohe Gäste anwesend wie zum Beispiel der Direktor Christof Gans, die Generalkonsulin Dr. Ilde Gorguet, Bruno Giradeau, Attaché de langue et de coopération, Dominique Petre vom Institut franco-allemand (IFRA), Thilo Karger (Gruppe LESartEN, Ausbilder am Studienseminar, Mitglied der Bibliothèque francophone), Elke Waldeier-Odenthal (1. Vorsitzende des Fördervereins „Les Amis de la Bibliothèque francophone“ und Mitglied der Gruppe LESartEN). Neben der Lesung entspannen sich lebendige Diskussionen.
Wilfried N’Sondé in der Carl-Schurz-Schule in Frankfurt mit um die 100 hessischen Schüler:innen (c) IFRA
Siegerinnenrunde: Schülerinnen aus Gernsheim erhalten den zweiten Preis beim Video-Wettbewerb und bekommen ein Gruppenbild mit Wilfried N’Sondé (c) IFRA
Das frankophile Gymnasium hatte draußen die französische Fahne gehisst. In ihrer großen Aula konnten Schüler*innen aus vier hessischen Gymnasien (Lessing-Gymnasium Lampertheim, SV Gymnasium Gernsheim, Ziehenschule und Carl-Schurz-Schule) „corona-konform“ platznehmen. Schulleiter Christof Gans freute sich, dass mit dem Besuch von Wilfried N’Sondé die Literatur ganz lebendig wurde. Auch Generalkonsulin Ilde Gorguet (Consulat général de France à Francfort) gratulierte dem Autor zum „Prix des Lycéens“. Die Schülerinnen aus dem Gymnasium Gernsheim hatten nicht nur das Buch von Wilfried N’Sondé gelesen, sondern auch den zweiten Preis des Videowettberwerbs bekommen.
Worum es geht in dem preisgekrönten Buch mit dem Titel „Aigre Doux“ („Bitter-Süß“), aus dem N’Sondé zur Einstimmung vorgelesen hat? Im weitesten Sinne um Identität, um die Frage „Wie komme ich zu mir selbst?“. Aber auch um Wut. Um Mut. Und um Leidenschaft.
Engagiert und voller Leidenschaft: der Preisträger Wilfried N’Sondé in der Carl-Schurz-Schule in Frankfurt (c) Marion Kuhle
Was hat die Schüler am Text des 1968 in Brazzaville, Republik Kongo geborenen französischsprachigen Schriftsteller und Musiker nur so begeistert?
Es sind die ungewöhnlichen und eindringlichen Antworten von N’Sondé auf Fragen, die auch die Jugendlichen selbst beschäftigen und umtreiben. Für sie sind weder das Geschlecht, der Ort, die Kultur noch die Religion für ihre Identität ausschlaggebend. Denn, so ihr Argument: Wir sind nicht zu allererst „fille ou garçon“, sondern „des êtres vivants comme les arbres, le plancton, une partie de la même espèce …“ („Wir sind nicht in erster Linie Jungen oder Mädchen, sondern Lebewesen wie Bäume, Algen und damit Teil derselben Spezies.)
Titel der Erzählung „Aigre Doux“
Etwa auf die Frage, was für den kongolesischen Autor „Black lives matters“ („Schwarze Leben zählen“) bedeute, antwortet N’Sondé lakonisch: „Live matters!“ („Es ist das Leben, das zählt!“)
N’Sondé argumentierte konsequent gegen jegliche Opferhaltung. Vielmehr möchte er zum Nachdenken anregen, wenn er sagt: „Nous sommes souvent nous-mêmes les obstacles, même dans la discrimination.“ Oft sind wir selbst unser größtes Hindernis, selbst in der Diskriminierung.
Für ihn zählt es, mutig voranzugehen, um zu sich selbst und zu „den anderen“ zu finden – „L’Autre“ („Der Andere“) im Sinne von „Les Autres „steht für den Autor im Mittelpunkt seines Denkens.
In diesem Sinne ging N’Sondé auch auf wunderbare und interessierte Weise auf die kundigen und klugen Fragen der engagierten Schüler:innen ebenso engagiert ein.
Am Ende gab er allen Anwesenden mit auf den Weg, worum es ihm in seinem künstlerischem Schaffen geht: „Vivre la passion!“ „Mit ganzer Leidenschaft leben!“ „Il faut s’investir.“ „Man muss sich einbringen“.
Und für alle, die sich zum Schreiben hingezogen fühlen, hat er folgenden Ratschlag parat: „Pour réussir il faut lire. Il faut travailler, travailler et travailler.“ „Um erfolgreich zu sein, muss man lesen. Man muss daran arbeiten, und arbeiten und nochmal arbeiten.“
Wie sehr alle die Begegnung genossen haben, wird am Ende der Veranstaltung noch einmal deutlich, als nämlich nach der Lesung noch Zeit für Fotos, persönliche Widmungen und weitere individuelle Gespräche blieb. Allemal ein unvergesslicher Vormittag für alle Beteiligten!
.