home

FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Höchst amüsanter Ausflug in eine Corona-freie Welt

„Hurzlmeier Malerei“ im Caricatura Museum Frankfurt

Von Hans-Bernd Heier

Rudi Hurzlmeier gilt als einer der großen Meister der Komischen Kunst. Zusammen mit Ernst Kahl und Michael Sowa trug er maßgeblich zum Einzug der Malerei in die Komische Kunst bei und implantierte die Technik der Alten Meister „augenzwinkernd“ in die Cartoonkunst. Das Caricatura Museum Frankfurt widmete den Dreien bereits 2013 die erfolgreiche Gruppemausstellung „Weltfremde Malerei“. Jetzt zeigt das Museum für Komische Kunst in der Einzelausstellung „Hurzlmeier Malerei“ die besten und komischsten Arbeiten aus den letzten 35 Jahren. Die ausgewählten 100 Werke auf Leinwand und Papier sind allesamt in dem Satiremagazin “ TITANIC“ erschienen.

Rudi Hurzlmeier; ©Hermann-Seidl

Rudi Hurzlmeier, der 1952 im Klostersanatorium der Armen Franziskanerinnen zu Mallersdorf in Niederbayern als mittleres von sieben Kindern geboren wurde, hat eine bewegte Jugendzeit hinter sich: Mit 16 Jahren brach er seine Schullaufbahn ab und begann eine Lehre als Schaufensterdekorateur, die er nicht beendete. Es folgten verschiedenste Jobs als Hotelbus-Koch, als Bühnenbauer des Filmarchitekten und Oskar-Preisträgers Rolf Zehetbauer, Spezialausstatter der Fernsehserie „Aus heiterem Himmel“, als Taxifahrer und als Antiktrödelhändler. Auch als Gag-Schreiber für bekannte Komiker war er tätig.

„Verlobungsbild“; © Rudi Hurzlmeier

Hurzlmeiers wahre Leidenschaft war von früh an das Zeichnen und Malen, obwohl ihn die Kunstakademie gleich viermal ablehnte. Er studierte deshalb als Autodidakt intensiv die großen Meister in Büchern und Museen und reichte Cartoons bei verschiedenen Zeitschriften ein. Bei der frisch gegründeten Münchner Stadtzeitung erhielt er 1980 eine feste Seite für seine Cartoons.

Robert Gernhardt, der die Satirezeitschrift TITANIC 1979 mitbegründet hatte, fiel dessen Talent sofort auf. Als er die erste Bewerbungs-Zeichnung sah, die Hurzlmeier eingesandt hatte, bemerkte er: „Der Zeichner könnte zu uns passen.“ Und er passt bis heute zu Deutschlands führendem Satiremagazin. Seit 1985 ist er dort als ständiger Mitarbeiter tätig.

Robert Gernhardt, das große Multitalent der satirischen Kunst, schrieb später: „Hurzlmeier verkörpert jenen Künstlertyp, dem einst rühmend nachgesagt wurde, er sei ein Malschwein bzw. mit einer Malfaust begabt. Auf seinen Bildern gibt es zwar jede Menge zu belachen, doch unendlich mehr zu beschauen, zu bewerten und zu bewundern“. Das zeigt die großartige Schau im Caricatura aufs trefflichste.

Die üppig ausstaffierten Gemälde nehmen die Betrachter*innen mit auf eine spannende, bisweilen erschreckende und verstörende Entdeckungsreise. Oft ergibt sich der eigentliche Witz erst aus der Kombination von Motiv und Bildtitel. Auffallend ist, dass kein Bild das Thema Pandemie aufgreift. Die sehenswerte Schau lädt zu einem wohltuenden Ausflug in eine Corona-freie Zeit ein, bietet Zuflucht in eine bizarre Welt und dem Künstler zufolge auch “faszinierende Visionen“.

„Return of the unicorn“; © Rudi Hurzlmeier

Das Œuvre Hurzlmeiers umfasst Zeichnungen und Cartoons, Plastiken genauso wie großformatige Gemälde in Aquarell und Acryl. Mit der Nacktportraitserie „Lebende Legenden“ für das Penthouse-Magazin versuchte sich der Maler erstmals an der Acryltechnik, die er in den 1990er Jahren perfektionierte. „Kunstliebhaberinnen und Kunstliebhaber werden schnell altmeisterliche Zitate in Hurzlmeiers Bildern entdecken: Manet-Himmel wölben sich über Landschaften.

Das Figurenensemble berühmter Gemälde wie Millais` Ophelia bevölkert die mal biederen, mal idyllischen, mal bizarr-grotesken Welten. Stile und Techniken wie zum Beispiel von Caspar David Friedrich und Franz Marc konterkarieren nicht selten das Thema des Bildes“, sagt Museumsleiter Achim Frenz.

„Selbst im Raumgleiter“; © Rudi Hurzlmeier

Die unterhaltsame Schau orientiert sich dabei an den Werk-Kategorien, die der Meister der Komischen Kunst selbst geschaffen hat – in Anlehnung an und als Persiflage auf die alten Meister: So beispielsweise in den Serien „Große Pferdebilder“, „Moderne Hochgebirgsmalerei“, „Seestücke“, „Schwarzmalerei“ und „Heiligenbilder“. Zu sehen sind großformatige, üppige Acrylgemälde, aber auch eine breite Auswahl von Cartoons, die ergänzend dazu das zeichnerische Schaffen des Künstlers dokumentiert.

Es gibt verschiedenste Serien zu bestaunen, zum Beispiel den „Regelvollzug Aquarellmalkurs“, bei dem sich Hurzlmeier als Kursleiter im Knast verdient machte, oder Funde „Aus Gurlitts Sperrmüll“. Zudem wird seine Abhandlung „Über das Lächerliche an komischen Zeichnungen. Eine Doktorarbeit — quasi“ präsentiert, in der der Meister das eigene Zeichnen reich bebildert gleichermaßen wissenschaftlich und urkomisch reflektiert. Insgesamt 13 Plastiken von Rudi Hurzlmeier komplettieren die Schau im Caricatura.

„Sonnenaufgang in Tirol“; © Rudi Hurzlmeier

In seiner langen Laufbahn als Cartoonist und Maler lieferte der vielgeehrte Hurzlmeier Beiträge für: „Penthouse Magazin“, „Eulenspiegel“, „Nebelspalter“, „Die Zeit“, „Stern“, „FAZ Sonntagszeitung“, „Spiegel online“, „Die Presse/Wien“ und „Süddeutsche Zeitung“. Über vierzig Bücher und Kataloge dokumentieren das breite und produktive Schaffen des Künstlers. Mehr als hundert Einzel- und Themenausstellungen im In- und Ausland stellen seine Popularität als Meister der Komischen Kunst unter Beweis. Als Illustrator arbeitete er für namhafte Autoren wie, Elke Heidenreich, Truman Capote, Peter Hacks, Thomas Gsella, Hans Zippert, Wiglaf Droste, Klaus Bittermann und natürlich Robert Gernhardt.

In gleich sieben Bänden dichtete Harry Rowohlt kongeniale Verse zu Hurzlmeiers Tierbildern. Mit dem Cartoonisten Peng zusammen entwickelte der humoristische Freigeist die Zeichenmethode HIRAMEKI, eine Klecks- und Kritzeltechnik für Groß und Klein. Als Dozent der Sommerakademie für Komische Kunst in Kassel gab er 2008 und 2010 sein Wissen an junge Zeichner weiter. Kunst ist für ihn, der selten tagesaktuelle Themen malt, wie ein „Sprung ins Ungewisse, Bodenlose. Das mag daher rühren, dass man beim Malen dem permanenten Sog der leeren Leinwand ausgeliefert ist“.

Hurzlmeier wurde mehrfach für sein Werk ausgezeichnet: 2004 mit dem Deutschen Karikaturenpreis in Silber, 2010 und 2014 in Gold, 2005 mit dem Sondermann-Preis für Komische Kunst, 2015 mit dem Göttinger Elch und 2020 mit dem Ernst-Hoferichter-Preis. Heute lebt er mit seiner Frau Gabriella Watenphul überwiegend in München. Seine beiden Kinder sind ebenfalls Künstler*innen. Unter dem Dynastie-Label „The Hu“ werden ihre Werke in gemeinsamen Ausstellungen gezeigt.

Die sehenswerte Ausstellung wird von dem 220 Seiten starken Buch „Hurzlmeier Malerei“ begleitet. In dem prächtigen Bildband sind die schönsten Gemälde aus drei Jahrzehnten versammelt; Verlag Antje Kunstmann, Preis: 25 €; ISBN: 978-3-95614-400-4

„Hurzlmeier Malerei“ ist bis zum 18. April 2022 im Caricatura Museum Frankfurt – Museum für Komische Kunst zu genießen; weitere Informationen unter: www.caricatura-museum.de

Alle Abbildungen: Caricatura Museum Frankfurt

Comments are closed.