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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Erinnerung an die Frankfurter Künstlerin Martina Kügler

„Der Mensch ist ein Durchzuggebiet“

von Renate Feyerbacher

Das Buch über Martina Kugler – eine Art künstlerischer Nachlass, Foto: Renate Feyerbacher

Die Freunde der verstorbenen Künstlerin haben ein Buch herausgegeben, das im August in der Frankfurter Galerie Strelow vorgestellt wurde und ein positives Echo fand. Es widmet sich Zeichnungen, Gemälden und Collagen der verstorbenen Künstlerin.

Unter den Mitinitiatoren für die Buchausgabe sind die Gartenarchitektin Ute Wittich, der Maler, Grafiker und Bildhauer Bernhard Jäger, sie waren für die Konzeption und Redaktion verantwortlich, und vor allem die ehemalige Journalistin Christa Schell, die Verantwortliche für die private Galerie-Initiative „Kunst im Treppenhaus“ (KIT). Sie alle waren Freunde von Martina Kügler.

Kunst im Treppenhaus, Foto: Renate Feyerbacher

Nach Martina Küglers Tod 2017, geboren wurde sie 1945 in Schlesien, haben Freunde sehr schnell gehandelt und sich in ihrer „unbelebten, kalten und chaotischen Wohnung“  versammelt, um ihren künstlerischen Nachlass vor dem Müll zu bewahren. Die Wohnung musste schnellstens geräumt werden. Es war eine Vielzahl von Werken, irgendwo steht die Zahl von 30 000 Arbeiten im Raum, denn Martina Kügler zeichnete schnell und viel.

Die Figuren kamen leicht aus ihr heraus, ohne jede Korrektur, als ob der Stift von unsichtbarer Hand geführt war,“ erinnert sich die Ärztin Christine Kallenberg in ihrem Buchbeitrag „Martina, eine Freundschaft“. (S.8)

Um die Kunst von Martina Kügler zu verstehen, einzuschätzen, ist es wichtig, etwas über die Künstlerin zu wissen. Schon als Kind zog sie mit der Mutter aus Schlesien nach Frankfurt, wo sie in Sachsenhausen zuhause war. Von 1966 bis 1972 studierte sie an der Städelschule.

Kallenberg: „Ich lebte zeitweise in Darmstadt und für sie begann die Zeit der Drehtürpsychiatrie. Es war eine lange Zeit vorwiegend der Isolation und des Leidens. […] Martinas Ärztin war die Kunst, sie konnte zeichnen und malen.“ (S.9)

Das Buch endet mit dem Beitrag von Thomas Röske, Kunsthistoriker, Leiter der Sammlung Prinzhorn am Universitätsklinikum Heidelberg, „Martina Kügler – eine Künstlerin (mit Psychiatrieerfahrung)“. „Die  Prinzhorn Sammlung ist ein Museum für Kunst von Menschen mit psychischen Ausnahme-Erfahrungen. Ihr bekannter historischer Bestand umfasst ca. 6000 Zeichnungen, Aquarelle, Gemälde, Skulpturen, Textilien und Texte, die Insassen psychiatrischer Anstalten zwischen 1840 und 1945 geschaffen haben.“ (Museumsinformation)

Blick auf ihre Aquarelle, Foto: Renate Feyerbacher

Sicherlich hat Kügler“, so Thomas Röske, „in ihren Werken eigene psychophysische Erfahrungen und Ausnahmeerfahrungen verarbeitet. Aber ihr verhalf die professionelle Ausbildung, dazu in Distanz zu gehen und sie virtuos in einer fast klassizistisch kühlen Zeichentechnik zu gestalten, so dass sie mit ihren Bildern im Kontext der europäischen Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts auf Verständnis rechnen konnte.“ (S.124)

Vorbilder waren für die Künstlerin Paul Klee, Jean Dubuffet, Pablo Picasso, Jean Cocteau, und Henri Masson.

Ihre feinen Zeichnungen erinnern an Paul Klee. Bei den Gemälden habe ich vor allem Masson im Kopf. Die Köper sind oft verrenkt. Erotik ist vielfach im Spiel, aber keine sexistische Gewalt. Fabelwesen, Fratzen, schreiend und bunt, skurill, exzessiv, surreal – sind sie Ausdruck schizophrener Momente, Traumzeichen?

Zur Eröffnung hatte Christa Schell den jungen Philosophen, Stipendiaten Jim-Igor Kallenberg eingeladen, der sich den Gedichten widmete. Er kam von weit her und griff aus „diesem reich bevölkerten Paradiesgarten oder der Arche Noah, in der sich ihre (Küglers) Gedanken tummeln“ zwei Aspekte heraus: Linie und Figuren.

Christa Schell mit Jim-Igor Kallenberg, Foto: Renate Feyerbacher 

Am Gedicht „Im Gipfel“ sehe ich den Abgrund.

Im Gipfel
der Traumzeichen
der Traumzeuge schwitzt
schweißiges Weiß
Bettlaken voller Träume
es liegt sich in Betten
in tausenden weißen Laken
die Träume aufsaugend
sie sind die Träume
im gemachten Weiß“

entwickelt der Laudator seine philosophischen Gedanken, die sich vor allem auf die Zeichnungen beziehen.

Die Werke von Martina Kügler lassen einen so schnell nicht los, machen es dem Betrachter aber nicht leicht, zu folgen. Genauso geht es einem mit den Gedichten, die aber mit faszinierenden Wortspielen und Metaphern aufwarten.

Verschlüsselte Aussagen in den Bildern von Martina Kügler, Foto: Renate Feyerbacher 

Nur noch an diesem Wochenende ist in KIT, eine Auswahl von Gemälden und Zeichnungen aus dem Privatbesitz zu sehen. Gut zu Fuß sollte man allerdings sein, denn über drei Stockwerke hinweg wendelt sich die Treppe, an deren Wände die Kunstwerke hängen.

 

KIT – Kunst im Treppenhaus

Leibnizstraße 36 in Frankfurt.

Termine nach Vereinbarung:

Telefon: 069-43 059 158

Ch.schell@gmx.de

 

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