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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Zeitgenössische Mode im Dialog mit Kunst – “Dress Code – das Spiel mit der Mode“ .

Sind wir was wir tragen oder tragen wir, was wird sind ?

von Simone Hamm

Spielerisch wird in der Ausstellung “Dress Code – das Spiel mit der Mode“ in der Bundeskunsthalle Bonn unser Umgang mit Kleiderordnungen und tradierten Kodierungen hinterfragt. Sie beleuchtet mit unterschiedlichen Fragestellungen die internationale Mode als Spiegel von Gesellschaft und Individuum.

Ausstellungsansicht; Foto: Laurin Schmid, 2021 © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH

Schon, wenn man am Eingang wartet, um die Tickets entwerten zu lassen, kann man einen Blick in die Ausstellung werfen. Auf einer Leinwand ist zu sehen, wie Leute auf einer Rolltreppe auf- und abfahren. Sie tragen Kleidungsstücke, die später in der Ausstellung zu sehen sein werden.

„Mode ist ein wichtiges soziales, interaktives Tool – ein Mittel, um uns je nach Stimmungslage anders zu zeigen“, sagt die Leiterin der Bundeskunsthalle Eva Kraus, die die Ausstellung zusammen mit Susanne Kleine für Bonn kuratiert hat. Eva Kraus hat die Ausstellung aus dem Nationalmuseum in Kyoto an den Rhein geholt. Und so ist es kein Wunder, dass die schönsten der Anzüge, Mäntel und Kleider von japanischen Modeschöpfern geschaffen worden sind.

Es ist eine Binse, dass man sich bei der Arbeit anders anzieht als bei einer Opernpremiere. Und dass wir während der Pandemie im Homeoffice eher zu Jeans, T – Shirt und Sneakers oder gar zu Jogginghose gegriffen haben als zu High Heels, ultrakurzen Röcken und unbequemen engen Blusen.

Kleidung kann die Zugehörigkeit zu einer Gruppe ausdrücken. Oder aber deren Überschreitung.

Es gibt den Businessdress, den Anzug, das Kostüm. Doch die Anzüge, die in Bonn präsentiert werden, durchlaufen Metamorphosen. Yohji Yamamoto hat seinem Anzug eine große Chrysantemenblüte aufgedruckt. Rei Kawabuko lässt ihre Männerpuppe einen Rock tragen. Junya Watanabe von Comme des Garçons kleidet  eine Frau in einen schlichten Anzug und lässt sie ein turbanähnliches Gebilde auf dem Kopf balancieren.

Das Spiel mit den Geschlechtszuschreibungen in der Mode hat schon vor vielen Jahren begonnen. Schon Vivianne Westwoods subversive Punkmode überschritt Grenzen. Fumito Ganryu und Jun Takahashi mit ihren blau rot karierten Röcken, Hosen, Jacken T – Shirts, Schals, Gürteln und Taschen verneigen sich damit vor der großen Vivianne Westwood, die als erste solche Mode geschaffen hat.

In der Ausstellung sind Fotos des Designers Yasumasa Morimura zu sehen, etwa Morimura im berühmten weißen Plisseekleid als Marilyn Monroe.

Viele Kleidungsstücke, die in Bonn zu sehen sind, sind genderfluid.

Ausstellungsansicht; Foto: Laurin Schmid, 2021 © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH

Martin Margiela hingegen hat einen sehr feminines langes Kleid in fünf verschiedenen Blautönen geschaffen und Louis Vitton eine Jacke, die aus dem Frankreich des 18. Jahrhundert kommen könnte, silbern, blau, bestickt. Er kombiniert sie mit einer hellblauen Shorts. Tragbar für Männer und für Frauen.

Die Jeans und der Burberry Trenchcoat – Arbeitskleidung und  Tarnkleidung hat es auf die Laufstege geschafft. Bomberjacken und Rockeroutfits ebenso. Bei italienischen Modeschöpfern werden die Logos wie Moschino, Fendi, Gucci immer bombastischer. Die Japaner bleiben dezent. Etwas von Comme des Garçons, von Yamato, von Issey Miyake kann man ohnehin erkennen.

Fotografien von Jürgen Teller und Cindy Sherman hängen an den Wänden. In den Vitrinen, auf Puppen sind Anzüge, Kleider, Mäntel zu sehen. Und da hätte man sich mehr Interaktion gewünscht. Ein schöneres Zusammenspiel. Wunderbar hingegen sind die Fotos aus Japan, etwa das Foto von einem Straßenhändler, der sich ganz bewusst bunt und ausgefallen kleidet – und das Vorurteil der grauen Anzugträger und grauen Kostümträgerinnen widerlegt.

Ergänzend zur Originalausstellung hat die Bundeskunsthalle ein Fashion Lab konzipiert. Hier sind Kreationen junger Designer zu sehen, aus einem Automaten kann man ein T – Shirt ziehen. Als Erinnerung an eine opulente Ausstellung. Ein Besuch der Bundeskunsthalle ist genau das Richtige nach den kargen, farblosen Tagen im homeoffice.

„Dress Code – das Spiel mit der Mode“
Bundeskunsthalle Bonn
Museumsmeile Bonn Helmut-Kohl-Allee 4
53113 Bonn
T +49 228 9171–200

info@bundeskunsthalle.de

noch bis zum 12.9.2021

Öffnungszeiten:

DIENSTAG UND MITTWOCH: 10 bis 21 Uhr
DONNERSTAG BIS SONNTAG UND AN FEIERTAGEN*;10 bis 19 Uhr *auch an Montagen

Die Kassen schließen 30 Minuten vor Ende der Öffnungszeit. Negativer Coronatest nicht nötig

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