Historisches Museum in Frankfurt a. M. als eines der besten Heimatmuseen Deutschlands ausgezeichnet
Heimatmuseum des 21. Jahrhunderts
von Petra Kammann
Die im Jahre 2000 vom Hamburger Unternehmer und Mäzen Alexander Otto gegründete Stiftung „Lebendige Stadt“ hat das Historische Museum in Frankfurt am Main als eines der besten Heimatmuseen in Deutschland mit einer Anerkennung ausgezeichnet. Neben Frankfurt erhielten Anerkennungen das Ostfriesische Teemuseum in Norden (Niedersachsen), das Stadtmuseum in Tübingen und das Porzellanwelten Museum Leuchtenburg in Seitenroda (Thüringen). Preiswürdig waren Museen, die zukunftsorientiert handeln, indem sie die gesellschaftlichen Veränderungen aufgreifen.
Museumsdirektor Dr. Jan Gerchow, Jan Schneider, Stiftungsratsmitglied der Stiftung „Lebendige Stadt“, Dr. Ina Hartwig, Stadträtin für Kultur und Wissenschaft im Leopold Sondermann-Saal; Foto: Petra Kammann
„Heimatmuseen prägen unsere Kulturlandschaft und sind seit jeher ein Ort der Kommunikation und Begegnung. Vor allem aber sind sie auch ein Bildungsort für die Menschen, die hier leben, zugezogen oder zu Besuch sind. Mit dem Preis möchten wir auf Museen aufmerksam machen, die beispielgebend ihre Ausstellungskonzeptionen entsprechend dem gesellschaftlichen Wandel und dem veränderten Nachfrageverhalten der Menschen weiterentwickelt haben“, sagt der Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung „Lebendige Stadt“ Alexander Otto. Der Begriff „Heimat“ war es denn auch, der die Akteure bei der Preisverleihung im Frankfurter Historischen Museum beschäftigten.
Sowohl Jan Schneider, Stiftungsratsmitglied der Stiftung „Lebendige Stadt“, Museumsdirektor Dr. Jan Gerchow wie auch Kulturdezernentin Ina Hartwig fanden die richtigen Worte, um dem Begriff „Heimatmuseum“ alles Tümelnde zu nehmen. Sie distanzierten sich von der vorbelasteten Verwendung des Begriffs aus der völkischen Tradition der 1920er Jahre.
Jan Gerchow nahm in dem Zusammenhang die Überlegung Alexander Mitscherlichs von der „Unwirtlichkeit der Städte“ auf: „Auch große, früher einmal als ,unwirtlich‘ beschriebene Städte sind Heimat – für zunehmend diverse Bewohner*innen. Stadtmuseen erklären diese oft neue Heimat und laden zur Teilhabe ein. Deshalb spielen sie für unsere wachsenden Städte eine immer wichtigere Rolle. Mit unserer neuen Museumskonzeption (2017) haben wir versucht, ein Museum FÜR die Stadt und ihre Bewohner und Gäste zu machen, nicht nur über die Stadt. Wir freuen uns sehr, dass wir dafür ausgezeichnet wurden!“
Und Ina Hartwig verwies auf die Unübersetzbarkeit des Begriffs „Heimat“, der durchaus verschiedene Aspekte zulasse, so empfinde sie nach vielen Jahren des Lebens in Frankfurt die Stadt durchaus als ihre Heimat, sie habe dieses Gefühl bei verschiedenen Orten. Außerdem sei sie stolz auf dieses Museum, dass ihr neues Stadtmuseum diese Auszeichnung erhält.“ 1887/88 gegründet, sei es immerhin eines der ältesten Historischen Museen in Deutschland, das als ,Stadtteilquartier‘ in Nähe des Römers teils in einem Palais aus dem 17. Jahrhundert residiere und nach einem 10jährigen komplexen Umbauprozess zu einem offenen Museum des 21. Jahrhunderts geworden sei, das sich sowohl an alle Neubürger Frankfurts richte wie auch an Frankfurt-Touristen.
Standortbestimmung auf digitalen Tafeln, Foto: Petra Kammann
Insgesamt haben sich 251 Museen für diese Auszeichung in Deutschland beworben. Preiswürdig waren dabei Museen, die zukunftsorientiert handeln, indem sie die gesellschaftlichen Veränderungen aufgreifen. Dazu zählt der Einsatz moderner Technologien ebenso wie inklusive Bildungsangebote, um auch neue Besuchergruppen anzusprechen und ihr Interesse für die heimatliche Geschichte und Kultur des Ortes oder der Region zu gewinnen. Das war in Frankfurt immerhin ein 10 jahrealter Prozess. „Das Historische Museum geht seit der Wiedereröffnung 2017 ganz neue Wege. In seiner starken Besucherorientierung orientiert es sich an der angelsächsischen und skandinavischen Museumsszene.“ Außerdem zeige es eindrucksvoll, „wie durch Partizipation und Inklusion ein kultureller Ort für alle geschaffen werden kann. Moderne Konzepte und der 2017 fertiggestellte Neubau begeistern die Besucherinnen und Besucher und laden zu Teilhabe und Austausch ein.“
Eine große Besonderheit ist das Stadtmodell, Foto: Petra Kammann
Als mehrjähriger Dezernent für Bau und Immobilien, Reformprojekte, Bürgerservice und IT der Stadt Frankfurt am Main und Stiftungsratsmitglied der Stiftung „Lebendige Stadt“ fand Jan Schneider: das Eindrucksvolle am Historischen Museum sei, „wie durch Partizipation und Inklusion ein kultureller Ort für alle geschaffen werden kann. Moderne Konzepte und der 2017 fertiggestellte Neubau begeistern die Besucherinnen und Besucher und laden zu Teilhabe und Austausch ein.“
Verbunden ist die Anerkennung mit einem Preisgeld von 1.000 Euro, die vielleicht auch einem kleineren Museum besser zugute hätte kommen können, bemerkt Jan Gerchow. Dafür kann das besser ausgestattete Frankfurter Museum auch Ansporn für kleinere Museen sein.
Vorbildlich an der Konzeption ist auf jeden Fall die Vielfalt an Angeboten für die Besucherinnen und Besucher, die zum Mitmachen und Austausch einladen wie etwa das „Stadtlabor“, das gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern Ausstellungen in Workshops, die auch außerhalb des Museums stattfinden, erarbeitet wird, oder das wechselnde Programm im „Jungen Museum“, das vor allem Kinder und Jugendliche ansprechen soll, wo sie zum Beispiel auch in Werkstätten ihr handwerkliches Geschick unter Beweis stellen können. So etwas lässt sich auch auf andere Orte übertragen.
Einblick ins Stadtlabor, Foto: Petra Kammann
Besonders gelobt wurde von der Jury aber auch die hervorragende Homepage, die nicht nur einen guten Überblick über das Museumsangebot schafft, sondern auch Online-Führungen und Diskussionsrunden anbietet. Um hingegen so etwas oder auch das „Stadtlabor Digital“ zu entwickeln, wo Geschichten aus Frankfurt überall hochgeladen werden können oder als inklusives Museum Museum barrierefreie Medienstationen, taktile Exponate sowie „Hand’s on“-Stationen, die mit unterschiedlichen Sinnen erfasst werden, angeboten werden können, bedarf es natürlich einer entsprechenden finanziellen Ausstattung. Auch in dieser Hinsicht ist die Stellung des Frankfurter Museums außergewöhnlich.
Informationen zur Stiftung „Lebendige Stadt“
Seit dem Jahr 2000 engagiert sich die Stiftung „Lebendige Stadt” unter ihrem Kuratoriumsvorsitzenden Alexander Otto erfolgreich für die Zukunft unserer Städte. Die urbane Vielfalt aus Arbeit, Kultur und Wohnen gilt es zu erhalten und mit zu gestalten. Das bewegte Fördervolumen von über 33 Mio. Euro umfasst u.a. die Grüngestaltung des Essener Krupp-Parks, die künstlerischen Illuminationen des Berliner Reichstagsgebäudes und Kölner Rheinufers sowie die Neugestaltungen des Hamburger Jungfernstiegs. Gewinner ist das „Museum im Zumsteinhaus“ in Kempten im Allgäu. Verbunden ist die Auszeichnung mit einem Preisgeld von 15.000 Euro.
Die Preisjury
Kaspar Kraemer, Kaspar Kraemer Architekten
Angela Bier, Bürgermeisterin Hof
Prof. Dr. Vanessa Borkmann, Fraunhofer IAO „Future Museum”
Prof. Monika Hagedorn-Saupe, Gesamtleitung Museum 4punkt0
Prof. Dr. Tobias Nettke, HTW Berlin, Museumsmanagement & Kommunikation
Janet Sönnichsen, Bürgermeisterin Rendsburg
David Vuillaume, Geschäftsführer, Dt. Museumsbund e.V.