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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Volker Stelzmann und Herbert Mehler: Höhepunkte der „Galerie“-Arbeit

Figurative Meister-Malerei und poetische Stahl-Skulpturen auf dem Uni-Campus zeigen zwei Pole künstlerischer Zeitgenossenschaft

Von Uwe Kammann

Kein schönerer Spaziergang derzeit als einer über das weite schwingende Gelände des Uni-Campus im Westend. Nicht nur, weil dort der Frühsommer auf jedem Meter zu spüren ist, im immer wieder faszinierenden Kontrast zur sanften Großkurve des ehemaligen IG-Farben-Hauses und den strengen Kuben der hellen Neubauten für die Geisteswissenschaften. Sondern vor allem auch, weil an vielen Stellen des Parks hohe Stelen markante Sichtmarken bilden. Rostig ist ihre Farbe, dem Material zu verdanken, aus dem sie gefertigt sind: aus einem Stahl, der – unbehandelt – eine eigene Rostpatina bildet (die Fachbezeichnung dafür: Corten-Stahl).

„Wachstum – Körper – Raum“Skulptur von Herbert Mehler auf dem Frankfurter Unigelände; Foto: Petra Kammann

In der Kunst verbindet sich dieser Name vor allem mit einem Namen: Richard Serra. Seine oft halsbrecherisch in Balance gebrachten Großplatten aus eben diesem selbstrostenden Material gelten als Non-Plus-Ultra für Plastiken, die turmhoch sein können, dabei oft wegen der martialischen Erscheinung heftige Proteste hervorgerufen haben, so in einst in Bochum, wo eine „Terminal“ genannte Skulptur vor dem Hauptbahnhof bei den Industriearbeitern des Ruhrgebiets lauter Schimpf und Spott auslöste.

Dies wird bei den Skulpturen auf dem Frankfurter Unigelände nicht der Fall sein. Ihre Form ist nicht brutal oder rüde, sondern sie haben eine ganz andere äußere Eigenschaft: sie sind beschwingt, heiter, in einer nicht leicht zu beschreibenden Weise geradezu poetisch – trotz der oft beträchtlichen Dimensionen von mehreren Metern. An Vasen erinnern sie, an Fackeln mit einer Krone. Ihre organischen, an der Oberfläche wiederum gefalteten Körper evozieren Leichtigkeit, geradezu ein Paradox angesichts der spezifischen Schwere des Materials. Ein eigener Zauber geht von diesen Skulpturen aus, deren Standorte einen offenen Rhythmus offenbaren, ohne das dessen Regeln sich erschließen ließen.

Skulpturen von Herbert Mehler auf dem Frankfurter Unigelände; Foto:Petra Kammann

Zu verdanken ist diese verblüffend zarte Poesie einer renommierten Frankfurter Galerie, die sich so schlicht wie sinnig „Die Galerie“ nennt, im Original großgeschrieben. Sie hat, in einem wahren Kraftakt (Betonsockel mussten gegossen, Tieflader zum Transport dirigiert werden) die stählernen Skulpturen des bei Würzburg lebenden Bildhauers Herbert Mehler für diese mehr als großzügige Freilauftausstellung im Park der Universität platzieren lassen. Dort werden sie bis Ende April nächsten Jahres zu sehen sein, als „Dialog“ mit der Goethe-Universität, wie es in äußerster Reduktion heißt, unter dem ebenso schlichten Arbeitsverweis „Wachstum – Körper – Raum“.

Ein großzügigeres Seh-Geschenk, offen für alle Bürger, kann eine private Galerie einer Stadt eigentlich nicht machen. Doch sie tut das auch, in gleicher Generosität, zum wiederholten Mal in ihren eigenen schönen Gründerzeiträumen am Grüneburgweg. Dort leider nur unter den Termineinschränkungen der Corona-Zeit, bis zum 2. Juni. Jeder Kunstliebhaber, der es einrichten kann, sollte bis dahin unbedingt versuchen, einen Besuch zu terminieren. Denn zu sehen ist dort, in einer auch von der Schaffenszeit des Künstlers sehr weitgespannten Schau, ein Werk, das staunen macht, das ergreift, das tief berührt, in jedem Moment, mit jedem Blick, sei es der weite, der sich nähernde, dann der nahe.

Peter Femfert in „Die Galerie“-Ausstellung; Foto: Petra Kammann

Zu sehen sind 49 Bilder des Malers Volker Stelzmann. Ihm fühlt sich Galerie-Inhaber Peter Femfert seit den 80er Jahren eng verbunden. Ihm – einem der großen Künstler, die unter der Titulatur „Leipziger Schule“ sich nur äußerst unzureichend auf eine gemeinsame Linie der früheren DDR bringen lassen – widmet er jetzt schon die siebte Ausstellung. Weil parallel die Kunsthalle Schweinfurt eine Stelzmann-Ausstellung vorbereitete, mussten einige Punkte des ursprünglichen Konzepts geändert werden. Was sich nicht nachteilig auswirkte, im Gegenteil. Denn Femfert und seiner Kuratorin Elke Mohr gelang es dank der engen persönlichen Verbundenheit, auch ganz frühe Werke von Volker Stelzmann nach Frankfurt zu holen. So ergibt sich für den Besucher eine besondere Schule des Sehens – indem sich die Veränderungen in der Malweise seit den 60er Jahren verfolgen lassen.

Nicht, dass sie revolutionär wären, dass sich scharf getrennte Phasen ablesen ließen. Denn es gibt immer einen Grundtenor in diesen Bildern, die an jedem Einzelstück belegen, wie meisterlich – viele sagen sofort: altmeisterlich – Stelzmann malt, wie sorgfältig er seine Farbschichten aufträgt (oft in Mischtechnik auf Hartfaser- oder MDF-Platten), wie meilenweit diese minutiös ausgemalten Bildszenen entfernt sind vom oft vorherrschenden trotzigen Nein einer Konventions-Moderne gegenüber jedem Bezug auf Figur und Bild-Bild.

Wie andere der Großen aus der früheren Kunstszene in der DDR – wie Werner Tübke, Willi Sitte, Bernhard Heisig, Wolfgang Mattheuer – litt auch Volker Stelzmann (inzwischen 80 Jahre alt) an der Missachtung, oft genug offenen Feindschaft der westlichen Kunstszene, gerade im Nachkriegsdeutschland, gegenüber der so eigenständigen Malerei aus Dresden, Berlin, vor allem Leipzig, wie sie sich im Ostteil herausbildete: mit ihrer Figürlichkeit, ihren Verweisen, Verbindungen und Anspielungen auf frühere Malepochen, so der Renaissance und des Barock, mit ihren Zitaten und Mythen-Anklängen, mit ihren Erzähllinien, mit ihren Realismen, die oft nur mit dem Begriff ‚magisch’ richtig zu kennzeichnen waren und sind.

← Volker Stelzmann, Panoptikum. Ein Werküberblick über den maßgeblichen deutschen Maler Volker Stelzmann, Preisträger des Karl Ernst Osthaus-Preises 2015. von Eduard Beaucamp, Martin Hein, Martina Morawietz, Kai Uwe Schierz, Verlag Prestel 

 

Die Qualitäten dieser so eigenständigen Malerei – die eben nicht wie im Westen die Negation des Figürlichen, die Attacke auf vermeintlich abgestandene Tradition und handwerkliche Konvention auf ihre Fahnen geschrieben hatte und hat – sind in der jetzigen „Die Galerie“-Ausstellung wieder aufs beste wahrzunehmen, in hoher Eindrücklichkeit. Der übergreifende Titel „Stadt – Werkstatt“ umreißt sofort die Sujets des Werkes: solche, die sich – oft mit Anspielungen und Zitaten biblischer Motive – als Mal-Narrative im Atelier erweisen; und solche, die sich den Beobachtungen in der Großstadt (Stelzmann wohnt nahe Berlin) verdanken. Es sind Beobachtungen, die einen scharfen, distanzierten, unnachsichtigen Blick verraten, dazu eine sezierende innere Grundhaltung, eine gefrierende Skepsis, sicher auch einen am Leid geschulten Zynismus. Maskenmenschen, Karneval, das nimmt er ernst: als Carne vale = Abschied vom Fleisch.

Viele Bilder spielen zwischen den Polen der menschlichen Tragödie und der menschlichen Komödie, sind Ausdruck einer Annäherung, die Mitgefühl mit der condition humaine verrät, die auch Schaudern zeigt angesichts der existentiellen Nöte der Menschen. Doch bleibt Stelzmann im Grunde mitleidlos, ist er der Wahrheit des Existentialismus verpflichtet, einer Wahrheit, die nichts schönt, die nicht falschen Trost sucht, sondern den Kern eben dieser Existenz, dieser Existenzen offenlegen will. Sich selbst schont der Künstler dabei nicht, das zeigen die exemplarisch vertretenen Selbstbildnisse – alle von jeglicher Selbst-Gefälligkeit weit entfernt, sehr weit.

Vor fünf Jahren, zum 75. Geburtstag des in Dresden geborenen Künstlers, widmeten das Osthaus-Museum in Hagen und „Die Galerie“ Stelzmann eine gemeinsame Ausstellung, die den wahrscheinlich besten Titel-Verweis auf das Werk trug: „Panoptikum“. Der dazu im Prestel-Verlag erschienene gleichnamige Katalog ist ein Muss für jeden, der – exemplarisch, auch über Stelzmann hinaus – die Qualitäten der Malerei im Osten verstehen und einordnen will. Schon in den Einleitungen von Osthaus-Direktor Tayfun Belgin und „Galerie“-Chef Peter Femfert findet man wichtige Schlüsselworte – wie ‚mannigfaltige Figurenkompositionen’, ‚vermeintlich realistisches Figurenarsenal’, ‚Konstrukt der Imagination’, ‚stereotypische Versatzstücke’ (Belgin); ‚Voyeur, Skeptiker und Humanist’, ‚Reibungsflächen des menschlichen Mit- und Gegeneinanders’, ‚verschlüsselte Botschaften aus der Kunstgeschichte’ (Femfert).

Den umfassenden, im Einzelnen genauen und über die begrifflichen Perspektiven einordnenden Zugang liefert dann der beste Kenner der Gesamtmaterie, Eduard Beaucamp. Er, über viele Jahre der zentrale Kunstkritiker der FAZ, focht lange – und fast als Einzelkämpfer – für die in der DDR arbeitenden Künstler, beschrieb detailgenau die Qualitäten ihrer Malweisen, kritisierte vehement die zurückweisende Ignoranz des westlichen Kunstbetriebs und dessen nahezu militanten Gestus der Abwehr und der so pauschalen wie falschen Etikettierung der Maler im Osten des Landes als reine Staatskünstler, schematische Propagandisten und simple Vertreter eines schablonenhaften sozialistischen Realismus.

Was er vor fünf Jahren über Stelzmann geschrieben hat, ist jetzt – in der neuen Ausstellung – noch einmal bei jedem Bild mit glänzender Bestätigung zu sehen. Als Rezensent möchte man eigentlich jeden Satz zitieren, weil es trefflicher nicht auszudrücken ist, was in der von Elke Mohr sehr klug arrangierten und gehängten Ausstellung alles zu entdecken ist.

Aber auch der Essay von Kai Uwe Schierz – seit neun Jahren Direktor der Kunstmuseen Erfurts – führt glänzend in die Motive und Methoden Stelzmanns ein. So, wenn er den vom Maler selbst geprägten Begriff der „Musterbilder“ erläutert, in den hineinspielt, dass die dargestellten Zeichen und Symbolhaftigkeiten über das konkret Gesehene hinausgehen; dass es um Kreuzungspunkte verschiedener Assoziationen und Zeitebenen, kultureller Kontexte und individueller Erfahrungen geht, die mit kollektiven Erfahrungen verknüpft werden. Immer vor dem Hintergrund, „mit der verwirrenden Vielfalt und Komplexität der Welt zurechtzukommen“. Tiefgründig sind die Bezüge zu biblischen Motiven, die Schierz unter anderem erklärt mit der Faszination Stelzmanns für Matthias Grünewalds drastischen Realismus, der die religiösen Erzählmotive „enthöht“, und auch dessen expressiver Steigerung der Form, „die idealistisch ist im Sinne einer Utopie, als Vorstellung eines erlösten Lebens“.

Beaucamp wiederum arbeitet überzeugend heraus, wie Stelzmann in seinen „virtuosen Figurenkompositionen“ über die in Szene gesetzten  „sozialen Ausdrucks- und Leidenskörper“ der Menschen dem Mechanismus der Gesellschaft“ nachspürt. Das ist vor allem in den sachlich/expressiv verschränkten Darstellungen der Stadtzenen zu sehen, herausgeschnitten aus U-Bahn-Eindrücken, auch im (nicht vordergründig bloßstellenden) Bilderzyklus alternder Huren, den Gruppenbildern von Ratlosen und Verzweifelten, den eiskalt sezierenden Porträts, die hinter den Gesichtern Abgründiges offenbaren. Melancholie, ja, ein Grundzug in Vielem. Sei es auf den großen Tafeln, sei es in intimen kleineren Formaten.

Volker Stelzmann (links) im Gespräch mit Eduard Beaucamp; Bildschirmfoto: Petra Kammann

Ein „radikaler Zeitgenosse“ sei Stelzmann, so befindet es Beaucamp, und zugleich ein „großer Unzeitgemäßer“, der das „grelle zeitgenössische Szenarium“ ebenso beherrsche wie das „vertiefte Historienbild“. Ihm gelinge mit größtmöglicher Meisterschaft „eine Durchdringung, wechselseitige Spiegelung und Aufladung beider Sphären“.

Was hier auf den theoretischen Nenner gebracht wird, ist in jedem einzelnen Werk der jetzigen Ausstellung zu sehen, in hoher Intensität. Natürlich fallen die Bezüge zu Werken der Renaissance ins Auge, natürlich sind Namen wie Beckmann. Grosz und Dix präsent, natürlich wird klar, warum das Gauklerhafte und das Schmerzensreiche der menschlichen Existenz uns hier so nahekommt, oft in geradezu filmischer Komposition, mit kühn angeschnittenen Körpern und Gesichtern, in hoher szenischer Verdichtung.

Wer dies alles sieht, der fragt sich immer wieder: Warum ist diese Form der zeitgenössischen Kunst – eben oftmals eng verbunden mit den nun schon drei Generationen der Leipziger Schule (belassen wir den Begriff als lockeres Band) – nur am Rand vertreten im hiesigen Museumsbetrieb, sprich: auch in Frankfurt? Das Städel beispielsweise hat keine Arbeiten von Stelzmann im Sammlungsbestand, verzichtet mithin auf dessen hohe seismographische Gegenwarts-Darstellung und bildnerische Durchdringung menschlicher Existenz.

Was in der ehemaligen DDR entstandene Werke betreffe, erklärt Städel-Sprecherin Pamela Rohde gegenüber FeuilletonFrankfurt, so seien sie „fester Bestandteil der Sammlung“ und aktuell auch Teil der Neupräsentation von Gegenwartskunst in den unterirdischen Gartenhallen – mit Neo Rauch, Arno Rink, Wolfgang Mattheuer und Hermann Glöckner. Rohde verweist auch auf Sonderausstellungen wie „Große Realistik & Große Abstraktion“ (2019, dort waren A.R. Penck, Gerhard Altenbourg und Werner Tübke vertreten), auch auf den Erwerb einer Arbeit Hermann Glöckners (als konstruktivistischer Maler gehörte er in der DDR zu den großen Ausnahmen).

Wer an die kürzlich Ausstellung „Utopie und Untergang“ von in der DDR entstandener Malerei im Düsseldorfer Kunstpalast zurückdenkt oder an „Point of no return“ im Museum der Bilden Künste in Leipzig, der wird sofort zum Urteil kommen: Das alles ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein; das wird in den Proportionen und in der Präsenz dem hohen Rang der Malerei, die mit dem Rahmen DDR verbunden ist und nun auch über diese Zeitperiode hinausreicht, nicht gerecht, bei weitem nicht. Es wirkt augenscheinlich immer noch nach, was lange Zeit den hiesigen Interessen und den einseitig ausgerichteten Zeige-Zielen der allermeisten Galerien und gerade auch der richtungsweisenden Museen in den (auch unausgesprochenen) Grundzügen entsprach. Dass damit auch, ob direkt oder indirekt, Marktinteressen bedient und gesteuert wurden und werden: geschenkt.

Die Sprecherin des Museums für Moderne Kunst, Leonore Schubert, verweist im Zuge der FeuilletonFrankfurt-Anfrage nach Kunst auf der DDR auf die Gründungsphase des MMK, mit dem Grundstock und dem Schwerpunkt der amerikanischen Pop Art und der Minimal Art. Das Museum habe in den vergangenen 30 Jahren „immer in die Gegenwart gesammelt und keine Werke retrospektiv erworben“, sofern Künstler noch nicht im MMK vertreten gewesen seien. Aber sie nennt Einzelbeispiele: so die Ausstellungen mit Thomas Scheibitz (der heute 52-jährige, einst Meisterschüler an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden, bevorzugt die Abstraktion) und Casten Nicolai (der an eben dieser Hochschule heute digitale und zeitbasierte Medien und Installationen ins Zentrum seiner Arbeit stellt). Im Besitz des MMK befänden sich Werke von Ulf Puder (der mit seiner figurativen Malerei zur neuen Leipziger Schule gezählt wird), von Olaf Nicolai (konzeptionell-konstruktivistisch und medienoffen orientiert) und seit drei Jahren auch von Henrike Naumann (ihre Raum-Installation eines verlassenen Ladens war 2019 in der MMK-Ausstellung „Weil ich nun mal hier lebe“ zu sehen).

Im Vergleich zu dem, was eine andere, am Figurativen festhaltende und auf das figurative ‚Erzählen’ setzende Zeitgenossenschaft an Zeit- und Weltdarstellung bietet, ist das alles herzlich wenig. Offensichtlich ist der West-Ost/Ost-West Bilderstreit noch nicht überwunden. Die alten westlichen Dogmen, welche eine scharfe Grenze zogen und nur in Ausnahmefällen Kunst von in der DDR beheimateten Malern hier zeigten (aber erkennbar nicht anerkannten), wirken fort. Selbst 1977, als die documenta 6 erstmals ihre Mauern in diese Richtung öffnete, war der negativ grundierte Tenor nicht zu überhören und zu übersehen, wie damals die Kritikerin Gisela Brackert im Hessischen Rundfunk feststellte: „Es ist dafür gesorgt, dass das documenta-Publikum mit neu bekräftigten Vorurteilen die separierten Kojen der DDR-Künstler Sitte, Heisig, Tübke und Mattheuer betritt.“

Umso größer ist das Verdienst eines so kundigen wie leidenschaftlichen Vermittlers wie Peter Femfert, dass er in seiner Galerie regelmäßig gerade auch die großen Vertreter einer Malerei aus einem eigenen Traditionszusammenhang zeigt, die mit ihrer Figuration einen großen Beitrag zum zeitgenössischen Welt- und Gesellschaftsverständnis leistet. Und die mit ihrer hohen Qualität leicht jegliche Vorurteile widerlegt, dass Gegenwartskunst nur dann dieses Prädikat verdiene, wenn Abstraktion, Konzeption, Installation und Performance die Ausdrucksformen bestimmen (um nur einige repräsentative Vokabeln zu nennen). Vor kurzem war es Johannes Heisig – dessen Vater Bernhard Heisig zu den Großen in der DDR zählte –, der diese Einsicht in eindrucksvoller Weise mit seinen Werken im besten Sinne verkörperte und materialisierte.

Dass wiederum „Die Galerie“ sich nicht in ein einseitiges Dogmen-Zentrum einmauert, beweist leicht ein Blick in das Gesamtprogramm, das natürlich auch Nicht-Figuratives einschließt – so mit der kürzlich gezeigten koreanischen Farbfeldmalerein Kim du Rye. Und jetzt eben mit der exzeptionellen Großausstellung der Stahlskulpturen Herbert Mehlers im weitläufigen Campus-Park der Goethe-Universität. Innen und außen, außen und innen: eine mehr als glückliche Verschränkung von Zeitgenossenschaft. Und in dieser Form ein einmaliges Erlebnis.

DIE GALERIE
Grüneburgweg 123
60323 Frankfurt am Main
www.die-galerie.com

 

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