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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

„Nur wer die Sehnsucht kennt“ – Ein Tschaikowski Liederprojekt – Online – an der Oper Frankfurt

Loy und Loebe: Liederprojekt des Opernregisseurs Christof Loy

von Renate Feyerbacher

Fotos: Monika Rittershaus

Christof Loy ist einer der international gefragtesten Opernregisseure, der auch im Schauspiel inszeniert. Der Frankfurter Oper, die ihm einige außergewöhnliche Inszenierungen verdankt, ist er seit Jahren eng verbunden.

Vladislav Sulimsky (Bariton) und Olesya Golovneva (Sopran)

Großartige Inszenierungen waren „Die Entführung aus dem Serail“ (2003) mit Jaco Huijpen in der Rolle des Osmin und vor allem Diana Damrau als Konstanze. Loy wurde 2003, 2004 und 2008  von der Zeitschrift Opernwelt zum Regisseur des Jahres und die Frankfurter Oper zum Opernhaus des Jahres ernannt.

„Cosi fan tutte“ (2006) wurde zum Renner und hatte mehrere Wiederaufnahmen. Die Salzburger Festspiele präsentierten 2020 eine Neu-Inszenierung mit Johannes Martin Kränzle als Don Alfonso, den er bereits 2003 in besagter Aufführung sang. „Die Fledermaus“ (2011),  „Don Giovanni“ (2014)  jeweils mit Christian Gerhaher waren Höhepunkte. Umstritten war „La Fanciulla del West“ (2013). Begeisterung gab es für „Wozzeck“ (2016) mit Claudia Mahnke  ebenso für „Norma“ (2018) mit Elza van den Hever und Gaëlle Arques. FeuilletonFrankfurt berichtete über fast alle Aufführungen.

Im Januar 2021 war die Erstaufführung der Oper „Fedora“ (1898) von Umberto Giordano geplant, die Christof Loy im Dezember 2016 in Stockholm realisiert hatte. Eine verzwickte Beziehungsgeschichte, die zunächst in Russland spielt, dann in der Schweiz – mit detektivischer Spannung und tragischem Ende.

„Als ich hörte, Sänger und Sängerinnen sollten 6 Meter Abstand von einander halten, das kam für mich überhaupt nicht infrage“, so Christof Loy. Wenn man den Inhalt kennt, dann ist seine Entscheidung zu verstehen. Ihm kam nun die Idee, einen russischen Abend zu gestalten, der auf Tschaikowskis Lieder und Romanzen basiert. Es geht um Liebes-Sehnsucht und um Einsamkeit. Sie zu überwinden ist der Gedanke.

 v.l.n.r. v.l.n.r. Mariusz Kłubczuk (Klavier), Mikołai Trabka (Bariton), Andrea Carè (Tenor), Olesya Golovneva (Sopran), Kelsey Lauritano (Mezzosopran) und Vladislav Sulimsky (Bariton)

Goethes Poem „Nur wer die Sehnsucht kennt“, das Lied aus dem 6. Buch  des „Wilhelm Meister“, verleiht dem Online-Projekt, das Lieder und Romanzen des russischen Komponisten Tschaikowski opernähnlich darbietet, seinen Titel. Gesungen wird russisch mit deutschen Untertiteln.

„Nur wer die Sehnsucht kennt,

Weiß, was ich leide!

Allein und abgetrennt

Von aller Freude,

Seh ich ans Firmament

Nach jener Seite,

Ach, der mich liebt und kennt,

Ist in der Weite!

Es schwindelt mir, es brennt

Mein Eingeweide,

Nur wer die Sehnsucht kennt,

Weiß, was ich leide!“

Dramatischer kann Liebesschmerz wohl kaum ausgedrückt werden und wer hat ihn nicht mehr oder weniger schon erlebt?

Foto 16 Olesya Golovneva (Sopran) und Vladislav Sulimsky (Bariton)

Christof Loy stellt den russischen Bariton Vladislav Sulimsky vom Mariinski-Theater in St. Petersburg, der sein Debüt in Frankfurt gibt, als Zentralfigur in den Mittelpunkt „quasi als der einsame, tragische Held [..]  und ich habe die anderen beiden Männerfiguren als ein etwas jüngeres Ego von ihm konzipiert.“  Es sind somit drei Generationen, die in Konflikten stehen.

Die Zentralfigur blickt nicht zurück, sondern steckt mittendrin im Konflikt, als er den jüngeren Mann sieht, der seine Zukunft noch vor sich hat. Freuen kann man sich auf den italienischen Tenor Andrea Carè, einen der letzten Schüler Pavarottis, der erstmals in Frankfurt singt. An der New Yorker MET debütierte er vor kurzem. Mit dabei ist das Ensemblemitglied, der Bariton  Mikołaj Trabka.

Die Drei haben zwei sehr unterschiedliche Frauen als Partnerinnen. Die eine wird gesungen von der russischen Sopranistin Oleysa Golovneva, die in Frankfurt zuletzt als Rusalka und Mimì auf der Bühne stand. Sie ist Preisträgerin des Nikolai Rimsky-Korsakow-Wettbewerbes sowie des Internationalen Gesangswettbewerbs in ’s-Hertogenbosch. Für Rusalka an der Oper Köln war sie für den FAUST Theaterpreis nominiert. Nicht nur alle großen deutschen Opernbühnen warten mit ihr auf, sondern auch alle europaweiten. Sie spielt und singt zunächst die moderne, selbstbewusste, unnahbare Frau.

v.l.n.r. Mariusz Kłubczuk (Klavier), Olesya Golovneva (Sopran; liegend), Vladislav Sulimsky (Bariton; kniend) und Kelsey Lauritano (Mezzosopran)

Im Oktober 2020 gefiel die schöne Stimme der Mezzosopranistin Kelsey Lauritano aus dem Ensemble. In „Stabat Mater wandelt sie ebenfalls ihren Frauentyp.

Christof Loy ist ein Menschenkenner. „Extrem persönlich“ sollten Spiel und Gesang sein, geradezu kammermusikalisch-intim. Loy, sagt er, immerhin habe er den Vorteil, dass er die meisten des Sängerteams kenne. Der Trailer verspricht auch für dieses Projekt Personen-Empathie.

Es gibt kein Orchester, wohl aber die sicher vorzügliche Klavierbegleitung von Solorepetitor Mariusz Kłubczuk und von Kapellmeister Nikolai Petersen sowie das vom Band eingespielte Streichsextett von Mitgliedern des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters. Die Freunde von Oper Frankfurt dürfen gespannt sein.

Soeben wurde auch „Francesca da Rimini“ von Loy inszeniert, mit Sara Jakubiak in der Titelrolle, am Deutschen Theater Berlin bereits gefeiert.

„Für mich (heißt es) weitermachen, kämpfen, zeigen, dass es Sinn macht, dass wir arbeiten, zeigen, dass es sein muss, dass wir von uns erzählen müssen“, sagt Christof Loy im Ankündigungs-Trailer in der Mediathek der Oper Frankfurt.

Darin äußerst sich auch Intendant Bernd Loebe und erläutert, warum er weitermachen will: er sei Frankfurter, die Stadt, das Publikum und die Mitarbeiter seien ihm ans Herz gewachsen. Ein Leben ohne die Oper Frankfurt könne er sich einfach nicht vorstellen. Loy und Loebe freuen sich, dass UNITEL den Abend filmisch dokumentieren will.

Arte CONCERT wird die Produktion „Nur wer die Sehnsucht kennt“ von Christof Loy am Freitag, dem 26. März 2021, um 19.30 Uhr anbieten.

Dies geschieht dann also zeitgleich zu dem Termin der Oper Frankfurt, die – wie geplant – die Inszenierung über ihre Website streamen wird (www.oper-frankfurt.de). Der Zugang besteht jeweils für die Dauer von drei Monaten.

 

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