Fotografien von Robert Voit in der Frankfurter Galerie-Peter-Sillem
Besuch in der Ausstellung AEQUILIBRIUM
von Hannelore Kaus-Schwoerer
Beim Eintreten in die Galerie wirkt es wie ein Sog. In frühlingshaft heiterer Stimmung zeigt das wandfüllende Bild Aequilibrium III eine Landschaft mit rosa blühenden Kirschbäumen vor einem japanischen Haus, davor ein lächelndes Paar im Kimono, einander zugewandt und sich an den Händen haltend – im Hintergrund in leichten Nebel gehüllt der schneebedeckte Fujiyama.
Robert Voit, Aequilibrium III, 2019. C-Print, 120×150 cm (c) Robert Voit / Galerie-Peter-Sillem
Bevor man dann das kleine, mit japanischer Reisstrohmatte ausgelegte Kabinett betritt, zieht man die Schuhe aus. Kleinformatige Landschaftsfotografien aus der Gegend von Fukushima werfen Schlaglichter auf das Alltagsleben in der Region 10 Jahre nach der Nuklearkatastrophe. Und lassen den Atem stocken.
Da ist eine Trabrennbahn, in der unzählige Plastiksäcke mit verstrahlter Erde gelagert werden. Oder ein vom Tsunami völlig zerstörtes Wohnhaus, in sich zusammen gefallen – unbewohnbar. Ein eingestürzter Tempel wird stabilisiert.
Ein anderes Bild zeigt Personen am Strand beim Aufsammeln von Gegenständen, die Bewohner Fukushimas durch den Tsunami verloren haben. Sie engagieren sich in einer Initiative aus Tokio, reisen regelmäßig in die Region und stellen die gefundenen Objekte ins Netz, um sie so ihren ehemaligen Besitzern zurückgeben zu können. Vieles konnte auf diese Weise geheilt werden an Verlust und Schmerz.
Und so wirkt auch die gesamte Ausstellung wie eine Aufforderung zur Anteilnahme, zur Heilung. Aequilibrium, das heißt Ausgleich schaffen, der Tsunamikatastrophe von 2011 und ihren verheerenden Folgen für die Menschen etwas entgegenzusetzen. Fotografien des eindrucksvollen Berges Fuji im Großformat sollen einen Ausgleich zu Bildern der Katastrophe und ihrer Folgen bis heute herstellen.
Als Freund und Kenner Japans, der seit über 20 Jahren regelmäßig in die Region reist, ist Robert Voit an einem differenzierten Blick auf das Leben in Fukushima und Japan insgesamt gelegen. Und er, der in der Tradition der Dokumentarfotografen Bernd und Hilla Becher steht, stellt seine Motivwahl und fotografische Gestaltung hier ganz in den Dienst dieses Anliegens. Der Fujiyama gilt als ‚Symbol für Kontinuität, Tradition, für die Götter, die uns nie im Stich lassen, wie viele Japaner sagen würden‘, so der Ausstellungskatalog. Er ist auch ein Symbol für Resilienz, in Japan als hohes Gut angesehen, aus der auch wir Pandemiegeplagten, Kulturentwöhnten Kraft schöpfen können.
Robert Voit, Aequilibrium
11.3.-8.5.2021
Galerie Peter-Sillem
Dreieichstraße 2
60594 Frankfurt am Main
Persönliche Besuchstermine bitte vereinbaren unter:
0151/41995550 oder unter:
info@galerie-peter-sillem.com