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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Ausstellungspreis AUSGEZEICHNET AUSGESTELLT 2020 der Dr. Marschner Stiftung für den Frankfurter Kunstverein

Zum Weltfrauentag:

Preis für hevorragend kuratorische Leistung an Franziska Nori  

Die dynamische und zukunftsorientierte Direktorin des Frankfurter Kunstvereins Franziska Nori, außerdem Kuratorin der Ausstellung „Jeremy Shaw – Phase Shifting Index”, ist für das von COVID-19 geprägte Jahr 2020 mit dem Preis AUSGEZEICHNET AUSGESTELLT 2020 der Dr. Marschner Stiftung gewürdigt worden. Pünktlich am  8. März  11 Uhr wird die von ihr kuratierte Ausstellung, die sich über das gesamte Gebäude erstreckt, wieder für das Publikum geöffnet sein. Stellvertretend für FeuilletonFrankfurt gratuliert Petra Kammann der ideenreichen Ausstellungsmacherin.

Prof. Franziska Nori, Direktorin des Frankfurter Kunstvereins und Kuratorin der Ausstellung „Jeremy Shaw – Phase Shifting Index“;
Alle Fotos: Petra Kammann 

Die selbstbewusste Franziska Nori hält sich nicht bei Diskussionen um Gendersternchen auf. Sie packt die Dinge von Grund auf an und setzt sie um. Für sie steht die Sache im Fokus. Ihr Blick geht weit in die Welt hinaus, sie beschäftigt sich intensiv mit dem Thema der Künstlichen Intelligenz und deren Umsetzung in der zeitgenössischen Kunst. Dabei verfolgt sie internationale künstlerischen Positionen und ist bestens in der Welt vernetzt. Sie beschäftigt sich damit, wie und mit welchen elektronischen Möglichkeiten wir jetzt und künftig die Welt wahrnehmen und erweitern können. Und das betrifft uns eben alle.

Franziska Nori (Mitte) nimmt den Preis der Dr. Marschner Stiftung von Stiftungsvorstand Peter Gatzemeier (re) und Kulturdezernentin Ina Hartwig (li) entgegen

Im vergangenen Herbst hatte sie gerade noch eine Ausstellung des kanadischen Künstlers Jeremy Shaw (*1977 North Vancouver, Kanada) eröffnen können, eine auf mehreren Ebenen des Hauses multisensoriale Sieben-Kanal-Film-, Sound- und Lichtinstallation, bei der diese filmischen Arbeit ein ganzheitliches Erlebnis von Wahrnehmung erzeugt. Nun kann die Ausstellung nach einer langen Schließperiode doch noch bis Ostern verlängert werden.

Es war immerhin die Deutschlandpremiere der jüngsten und größten Produktion des in Berlin lebenden kanadischen Künstlers. Seine Schau war ursprünglich gedacht als zentraler Beitrag für Kanadas Kulturprogramm als Ehrengast der Frankfurter Buchmesse, die ihrerseits wegen der Pandemie leider auch nur digital und in homöopathischen Dosen stattfinden konnte.

Produziert worden war 2020 die Arbeit Phase Shifting Index des Frankfurter Kunstvereins mit renommierten internationalen Partnern, nämlich in Kooperation mit dem Centre Pompidou, Paris, dem Swiss Institute, New York sowie dem Museum of Old and New Art, Tasmania, zudem unterstützt von der Kanadischen Botschaft.

Was bedeutet Phase Shifting Index? Zu sehen sind nach dem „Phasenverschiebenverfahren“ Sieben- Kanal-Videoinstallationen und sieben individuelle Filme auf verschiedenen Etagen, Shaw  kombiniert und erweitert Strategien des Cinéma Verité, der Konzeptkunst, Musikvideos und wissenschaftlicher Forschung und schafft so einen postdokumentarischen Raum, in dem unterschiedliche Glaubenssysteme und Geschichten in einer interpretatorische Schwebe verhandelt werden und etwas visualisieren, was sich in Sprache nur schwer ausdrücken lässt.

 

Der kanadische Künstler Jeremy Shaw im Gespräch mit Franziska Nori im vergangenen September

Denn es geht um die Erfahrung von Rausch, Ekstase, Körperbewusstsein, Trans-zendenzerfahrungen und Meditation, welche durch Bilder erzeugt werden. Jeremy Shaw interessiert sich dafür, was im Laufe eines solchen Prozesses im Gehirn vor sich geht. Das beschäftigt auch die Kuratorin Nori, die auch in den anderen vergangenen Ausstellungen der letzten fünf Jahre, zu denen es jetzt endlich einen dokumentarischen Katalog gibt, stets naturwissenschaftliche und technologische Erkenntnisse mitverfolgt, wie im exzellent aufbereiteten Katalog nachzulesen ist. Doch zurück zur Ausstellung.

„Gerade in Corona Zeiten haben wir physisch erlebt, wie sehr Kunst und Kultur fehlt, weil sie für die Menschen identitätsstiftend und sinngebend ist. Die Jeremy Shaw gewidmete Ausstellung feiert die Freude an der Gemeinschaft, die Macht der Musik und das Rauschhafte der Farben und des Tanzes. Die Ausstellung wurde so kuratiert, dass auch in Zeiten geschlossener Museen ein Hauptwerk des Künstlers immer, tags wie nachts, für die PassantInnen der Frankfurter Innenstadt zu sehen ist und diese mit seiner hypnotischen Sogwirkung seiner Bewegtbilder in ihren Bann zieht“, kommentiert die Kuratorin die Bedeutung der Ausstellung.

Schon von außen sichtbar: die Bildschirm-Projektionen aus Sequenzen alter Hollywoodfilme 

Allein schon im Eingang des Gebäudes erleben die Besucher die filmischen Transformationsarbeiten mit viel Bewegung und in bunten Farben, Ausschnitte aus zusammengeschnittenen Hollywoodfilmen, darunter zum Beispiel die fragmentierten Clips aus Stanley Kubricks legendären Film „2001 – Odyssee im Weltraum“ aus dem Jahr 1968, in dem der Regisseur einen Rausch als schnelle Kamerafahrt durch einen Tunnel darstellt. In solchen Sequenzen zeigt Shaw etwa, wie berühmte Regisseure Ekstasen darstellen – oder wie sie traumartige Sequenzen filmen.

Jeremy Shaw dreht das Bildmaterial seiner Sieben-Kanal-Film-, Sound- und Lichtinstallation in der Ästhetik vergangener Aufzeichnungstechnologien. So wechseln sich auf den verschiedenen Ebenen des Hauses schwarz-weiße Videos mit farbigen Sequenzen auf großformatigen Bildschirmen ab. Der Künstler, der u.a. auch als DJ gearbeitet hat, hatte bei der Gelegenheit bestens beobachten können, wie junge Menschen im Drogen- und Musikrausch tanzend in Verzückung gerieten und dass dabei so etwas Spirituelles wie das Gefühl der Aufhebung von Zeit entstehen kann.

Synchrone Bewegungssequenzen beim Tanzen 

In einigen Videoszenen fühlt man sich zurückversetzt in die 50er oder 60e Jahre des letzten Jahrhunderts. Da tanzen Menschen aus unterschiedlichen Epochen, führen rituelle und kathartische Bewegungen aus, bis eine synchrone Farb- und Soundexplosion den Durchbruch auslöst zu einer unerwarteten digitalen Umwandlung und eine parallele Realitätserfahrung synchronisiert wird und in eine andere Wirklichkeitserfahrung übergeht, in einen spirituellen, ekstatischen Zustand, wo es „keine Worte für das rauschhafte Erleben von Ekstase und Selbstvergessenheit gibt“, so Jeremy Shaw, weswegen er auch lieber mit Bildern arbeite.

Bildangebote dieser Art schienen äußerst passend in einer Zeit, als nach dem Lockdown etwa sämtliche Clubs geschlossen waren, welche unter Normalbedingungen das Bedürfnis nach Gemeinschaft einerseits, nach Entgrenzung andrerseits erfüllen. Wer den Rausch der Musik sucht und seinen Körper in Tänzen am Rand der Erschöpfung spüren will, der wird durch die Videos von Jeremy Shaw mit in eine andere, neue Realitätserfahrung genommen.

Franziska Nori mit der Jury und Kulturdezernentin Ina Hartwig 

Mit dem Preis AUSGEZEICHNET AUSGESTELLT 2020, der mit 25.000 Euro dotiert ist, prämiert die Dr. Marschner Stiftung ein herausragendes Ausstellungsprojekt in Frankfurt am Main und Offenbach, das von einer unabhängigen Jury ausgewählt wird. Vertreten war die Jury durch UIrike Berendson, Kunsthistorikerin, Director Events, dfv Mediengruppe, Dr. Sandra Danicke, Kunsthistorikerin und Journalistin, Korrespondentin beim Kunstmagazin art, Dr. Andrea Haller, Projektkoordinatorin, Goethe-Universität, Dr. Claudia Orben-Mäckler, Kunsthistorikerin, Vorsitzende Städelschule Portikus e.V. sowie Simone Krämer, Kunsthistorikerin und Kulturwissenschaftlerin, Referentin, Dr. Marschner Stiftung.

Die Jury erstellt zunächst eine Shortlist, aus der dann der Preisträger hervorgehoben wird. Dabei sollte die kreative Verbindung von Konzeption und Rezeption im Fokus stehen. Hierbei sind die Qualität der Exponate im Hinblick auf die thematische Ausarbeitung der Ausstellung, das ganzheitliche Vermittlungskonzept unter Berücksichtigung der Vorkenntnisse des einzelnen Besuchers, das Gesamtgefüge und der Gesamteindruck des Projektes, sowie der Aspekt der Nachhaltigkeit Inhalt der Preisvergabe ausschlaggebend.

„Wie wir an der Shortlist sehen, wurden auch in 2020 hervorragende und herausstechende Ausstellungen geplant und umgesetzt. Natürlich war es im durch COVID-19 gezeichneten Jahr besonders schwer, diese einem breiten Publikum zu präsentieren und zu vermitteln. Umso mehr möchte die Stiftung die kuratorische Leistung und das Engagement, von denen diese Projekte geprägt sind, hervorheben. Denn erst das fehlende Kunsterlebnis lässt uns seinen Stellenwert für die Gesellschaft erkennen“, so Dr.Marschner-Stiftungsvorstand Peter Gatzemeier.

Für die Dr. Marschner Stiftung: Stiftungsvorstand Peter Gatzemeier und Jurorin Simone Krämer, Kunsthistorikerin und Kulturwissenschaftlerin

So standen neben der Jeremy-Shaw-Schau auf der Shortlist auch die Liebieghaus Skulpturensammlung mit „Bunte Götter – Golden Edition. Die Farben der Antike“, das Städel Museum mit „Städels Erbe. Meisterzeichnungen aus der Sammlung des Stifters“, das Museum für Moderne Kunst mit „Frank Walter. Eine Retrospektive“ und das Museum für Angewandte Kunst mit „meet asian art. Schalen – Metamorphosen einer ostasiatischen Grundform, das Historische Museum Frankfurt mit „Kleider in Bewegung. Frauenmode seit 1850″.  

Alles zweifellos gute und teils sehr gute Ausstellungen. Und Kulturdezernentin Ina Hartwig ist dankbar für die Unterstützung durch die Stiftung, denn „die Kulturschaffenden in Frankfurt und seiner Region verwirklichen trotz aller Widrigkeiten wunderbare Projekte. Dies spiegelt sich etwa auch in der Shortlist zu AUSGEZEICHNET AUSGESTELLT wider. Hierfür benötigen sie aber gerade jetzt starke Unterstützer.“ Im Vergleich jedoch ist der Frankfurter Kunstverein „Jeremy Shaw – Phase Shifting Index“ insofern herausragend, als  sich die Schau der aktuellsten künstlerischen Mittel bedient und das für die zeitgenössische Kunst so traditionsreiche Ausstellungshaus komplett und auch einheitlich bespielt.

Jurorin Simone Krämer fasst es auf diese Weise zusammen: „Die einzelnen Bildschirme sind klug arrangiert, so dass die Betrachter in separate Kosmen eintauchen können, sich zugleich jedoch stets diverser Parallelwelten bewusst bleiben. So entsteht ein komplexes Zusammenspiel, dessen Dramaturgie das komplette Haus einbindet. Fortlaufend verschmelzen die einzelnen Komponenten zu einer Synthese, die bis ins kleinste Detail durchdacht wurde. So entsteht ein einheitliches Gesamtwerk, das sich stetig steigernd auf einen Höhepunkt zusteuert, der in jeder Hinsicht bewegend ist“.

Deswegen hat der Hinweis, dass das Preisgeld institutions-, nicht aber projektgebunden ist, hier durchaus seine Berechtigung.

FeuilletonFrankfurt gratuliert Franziska Nori aufs Herzlichste für ihre gelungene Arbeit!

Weitere Infos

Jeremy Shaw – Phase Shifting Index
noch bis 05.04.2021

Frankfurter Kunstverein
Steinernes Haus am Römerberg
Markt 44
D-60311 Frankfurt am Main

Öffnungszeiten:

Di-So: 11 – 19 Uhr
Do: 11 – 21 Uhr
Montags geschlossen

Ab Montag, den 8. März  11 Uhr wird aber die Ausstellung wieder geöffnet sein. Die Schau wurde bis Ostermontag, den 5. April 2021 verlängert.

Voranmeldung per Mail an: termin@fkv.de Bitte teilen Sie  mit, an welchem Termin und mit wie vielen Personen Sie gerne kommen möchten. Besuche sind zu jeder vollen Stunde möglich.

 

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