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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

„Caspar David Friedrich und die Düsseldorfer Romantiker“ im Kunstpalast Düsseldorf

Beobachtungen und Reflexionen von Inge Sauer

Zu Lebzeiten stand Caspar David Friedrich (1774–1840) in einer spannungsvollen Beziehung zu den Vertretern der Düsseldorfer Landschaftsmalerei. Der künstlerische Austausch war von Gegensätzen und Kritik, aber auch von erstaunlichen Korrespondenzen geprägt. Davon handelt eine herausragende Ausstellung im Düsseldorfer Kunstpalast.
„Wie werden sie dastehen, die Protagonisten unserer „Düsseldorfer Malerschule“ neben dem unvergleichlichen C. D. Friedrich?“, frage ich mich etwas verzagt als eine der (wenigen) Freundinnen dieser Malerei. „Wie Autorenfilm im Vergleich zu Hollywood“, bringt es Felix Krämer auf den Punkt. Er ist Generaldirektor des Museums Kunstpalast, das die meisten und wichtigsten Werke der Düsseldorfer Malerschule beherbergt.

Caspar David Friedrich, Lebensstufen, um 1834,  Öl auf Leinwand 72,5 x 94 cm, © Museum der bildenden Künste, Leipzig, Foto: In Gestalt  Michael Ehritt

Auf der einen Seite Caspar David Friedrich, der unbeirrbare Einzelgänger, der bereits vor der Blütezeit der Düsseldorfer Malerschüler eine Welt geschaffen hat, die wir heute als den Inbegriff der deutschen Romantik definieren, auf der anderen Seite die brillanten Produzenten gut verkäuflicher, dramatischer und effektvoller Werke. Was beide eint, ist das grandiose, technische Können.

Aber wie immer waren es auch damals die Kollegen, die den großen Maler am besten kannten. Denn so sehr Caspar David Friedrich bereits zu Lebzeiten aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwand, so sehr profitierten seine Malerkollegen von seinen Bildern, seiner Darstellung des Göttlichen in der Natur.

Die einzigartigen Verläufe in den zwischen Sonnenauf- und -untergang changierenden Himmeln, die raffinierte Lasur-Technik, mit der er eine Schicht über die andere legt und die Farben zum Leuchten bringt, die minutiösen Naturstudien, die den im Atelier frei komponierten Werke zugrundeliegen – das alles haben sie übernommen, aber zu einem anderen Ergebnis gebracht.

Das Mystische, wozu auch die Nebel gehören, die immer wieder in seinen Bildern zu finden sind, das Zwielicht, die Einsamkeit und Melancholie, wichtige Merkmale in Caspar David Friedrichs Malerei, führten zu einem Verdikt Goethes, das zur Folge hatte, dass sich das Publikum von Friedrich abwandte.

Nur wenige Bilder der Düsseldorfer Maler, wie Lessings „Friedhof im Schnee“ haben einen ähnlich melancholischen Charakter, während die Düsseldorfer Schule, die bald auch in Dresden große Erfolge feierte, vor allem durch ihre dramatischen und pathetischen Inszenierungen berühmt wurde. Die wilden Landschaften, aufgepeitschen Meere und realistisch gemalten historischen Dramen fanden Einzug in die Repräsentationsräume des neuen Großbürgertums.

Carl Friedrich Lessing, Klosterhof im Schnee um 1829 /Wallraf-Richartz-museum & fonation Corboud, Köln

Heute verbindet man merkwürdigerweise weniger die dramatische romantische Erzählung als die  typischen Motive der Nazarener mit der Düsseldorfer Malerschule: die an Raffael orientierten Darstellungen biblischer Themen und repräsentativen Portraits. Dass auch sie durchaus politische Aussagen in ihre Bilder schmuggelten, sieht bei den meisten Bildern nur der Kenner. In der Genremalerei allerdings gehen auch die Düsseldorfer Maler mit aller Deutlichkeit auf soziale Missstände ein und liefern klare politische Statements. Um 1848 waren sie auch politisch aktiv.

In der Rezeptionsgeschichte hat die Düsseldorfer Malerschule seit Anfang der Moderne einen schwierigen Stand. Dass von den deutschen Romantikern nur Caspar David Friedrich seit seiner Wiederentdeckung durch Hugo von Tschudi in seiner Absolutheit, Strenge und großen Reduktion als zeitloser Meister gefeiert wird, ist nachvollziehbar, spricht aber auch für einiges Unwissen.

Caspar David FriedrichFrau am Fenster, 1822, Öl auf Leinwand, 44 x 37 cm, Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, © Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, Foto: Jörg P. Anders

Düsseldorfer Kulturpolitiker rümpfen die Nase, wenn man sie an die Tradition der Düsseldorfer Kunstakademie im 19. Jahrhundert erinnert, die ja die Ursache der Wahrnehmung Düsseldorfs als Zentrum der Künstler und Kreativen ist. Immerhin beherbergt die Stadt noch drei Institutionen, die von den Künstlern in den 1840er Jahren gegründet wurden wie zum Beispiel 1848 der Künstlerverein Malkasten, dazu die nach wie vor erfolgreiche, 1773 durch den Kurfürsten Carl Theodor als Kurfürstlich Pfälzische Akademie der Maler-, Bildhauer- und Baukunst gegründetKunstakademie, deren ehemaliger Rektor Markus Lüpertz sehr respektvoll und gut informiert von den Düsseldorfer Romantikern spricht.

Die Ausstellung konzentriert sich in den acht thematisch gegliederten Räumen auf die Bilder der „Malerschule“, die man denen Capar David Friedrichs Werken gegenüberstellen kann. Etwa 60 Arbeiten Friedrichs werden gemeinsam mit Bildern seiner Dresdner Malerfreunde Carl Gustav Carus, Ludwig Richter Ernst Ferdinand Oehme vor allem den Gemälden und Zeichnungen von Andreas und Oswald Achenbach, Carl Friedrich Lessing und Johann Wilhelm Schirmer gegenübergestellt.

Dabei bieten die von den geschickten Kuratoren Bettina Baumgärtel und ihrem Leipziger Kollegen Jan Nicolaisen ausgewählten Werke dem Betrachter die Möglichkeit, die Bilder ohne Wertung und ohne didaktischen Leitfaden einfach zu genießen. Bettina Baumgärtel ist eine der besten Kennerinnen der Romantik, vor allem der Düsseldorfer Malerschule. Der Fundus, auf den sie zurückgreifen kann, ist sehr umfangreich. Die Auswahl der Bilder ist ihr hervorragend gelungen. Dagegen ist es erstaunlich, dass es die Kuratoren geschafft haben, so viele der sehr fragilen Originale Friedrichs in dieser Ausstellung zu vereinen. Die meisten seiner Bilder dürfen natürlich nicht mehr reisen, und Freunde seiner Kunst sind dafür dankbar.

In einem Raum mit dem Titel: „Stille Schau auf die Landschaft“ steht die Rolle des Naturbetrachters, der in Friedrichs Bildern fast immer in Rückenansicht zu sehen ist, im Mittelpunkt. In „Die Entdeckung der heimatlichen Landschaft“ geht es um die wunderbaren und geradezu fotografisch genauen Naturstudien.

Johann Wilhelm Schirmer, Eine Waldgegend: Landschaft nach eigener Erfindung („Deutscher Urwald“), 1828, Öl auf Leinwand, 90 × 141 cm

Tatsächlich sind weder Friedrich noch Lessing nach Italien, ins gelobte Land der deutschen Maler, gereist, sondern haben sich bewusst auf ihre Umgebung konzentriert. So stellt die Ausstellung auch ein Zitat Carus‘ voran: „Tritt denn hin auf den Gipfel des Gebirges, schau hin über die langen Hügelreihen, betrachte das Fortziehen der Ströme und alle Herrlichkeit (…) und welches Gefühl ergreift dich? Es ist eine stille Andacht in Dir, Du selbst verlierst Dich im unbegrenzten Raume, Dein ganzes Wesen erfährt eine stille Läuterung und Reinigung, Dein Ich verschwindet, Du bist nichts, Gott ist alles.“

Caspar David Friedrich, Das Riesengebirge (vor Sonnenaufgang), um 1830-1834
Öl auf Leinwand, 72 x 102 cm, Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie
© Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, Foto: Andres Kilger

Gerade die Wirkung des Grenzenlosen (auch formal über die Bildränder hinweg) ist ja ein typisches Merkmal Friedrich’ scher Bilder. Dass diese Religionsauffassung auch als Kritik an der Institution Kirche gesehen werden kann, ist sicher einer der Gründe der Ablehnung dieser Malerei. Goethes Kritik, dass die Religion in der Malerei nichts zu suchen hätte, hat einen großen Teil dazu beigetragen. Ein weiterer Punkt seiner Kritik war das hohe Maß an Abstraktion: „Friedrichs Bilder kann man auch umdrehen…“, für den Klassiker Goethe stand die „plastische Darstellung“ im Mittelpunkt.

Die „Atelierszenen“ im ersten thematischen Raum zeigen deutlich den essentiellen Unterschied zwischen den fröhlichen und etwas anarchischen jungen Malern der Malerschule, die zwischen Kaffee und Wein alles andere im Sinn haben, als sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren und dem berühmten Portrait Kerstings von C. D. Friedrich.

Der einsam und konzentriert im karg ausgestatteten Atelier arbeitende Künstler, für den das Malen Teil einer religiösen Handlung ist, prägte das Bild der „deutschen Innerlichkeit“. Das kann auch als das Protestantische, Absolute, Norddeutsche gesehen werden im Gegensatz zum fröhlich-katholischen Rheinland.

Georg Friedrich KerstingCaspar David Friedrich im Atelier, um 1812Öl auf Leinwand, 53,5 x 41 cm, Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie© Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, Foto: Jörg P. Anders

Diese Ausstellung sei nicht nur Romantik-Freunden ans Herz gelegt. Das Museum wird in den nächsten Jahren umgebaut und in dieser Zeit wird die Sammlung nicht zu sehen sein. Leider auch kaum ein Hauptwerk der Düsseldorfer Malerschule in der Stadt, nach der sie benannt wurde.

*Inge Sauer, die Düsseldorfer Künstlerin und Autorin des Artikels, ist Initiatorin des Projekts: „Da sind sie ja! Unsere Künstler – unsere Straßen“ das zum Ziel hat, die Bilder und Portraits der Künstler der Düsseldorfer Malerschule großformatig auf den Häuserwänden der 30 nach ihnen benannten Straßen zu zeigen.

„Caspar David Friedrich und die Düsseldorfer Romantiker“
ca. 130 Gemälde und Grafiken bis 7. Februar 2021
Kuratiert von: Bettina Baumgärtel, Kunstpalast und Jan Nicolaisen, Museum der bildenden Künste LeipzigKunstpalast

Kunstpalast Ehrenhof 4-5,
40479 Düsseldorf
www.kunstpalast.de

Öffnungszeiten:
Di bis So 11-18 Uhr, Donnerstags bis 21 Uhr
Erwerb von Zeitfenstertickets empfohlen

Die Ausstellung „Caspar David Friedrich und die Düsseldorfer Romantiker“geht vom 3. März bis 6. Juni 2021 an das Museum der Bildenden Künste Leipzig

 

 

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