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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

L’Esprit – Absolventenausstellung 2020 der Städelschule im Portikus (1)

Essenz aus fünf Jahren

Erste Einblicke von Petra Kammann

Die Absolventenausstellung der Städelschule bildet den formalen und künstlerischen Höhepunkt des gesamten Kunststudiums derjenigen, die auf Dauer ihre Existenz als Künstler begründen wollen, denn sie ist oftmals die erste institutionelle Ausstellung der jungen Künstler*innen. Noch im vergangenen Jahr fand die Ausstellung der Abschlussarbeiten der Absolvent*innen der Städelschule im benachbarten Peichl-Bau des Städel Museums statt. In diesem Jahr ist alles anders. Nun sind sie im Portikus zu sehen…

Blick ins Erdgeschoss mit der über allem schwebenden „Glocke“ aus Gummi von Lukas Heerich, Meisterschüler von Tobias Rehberger und Andreas Gursky, unter dem rostfreien Stahlträger. Für Heerich bekommen ikonische Formen eine neue Bedeutung.
Alle Fotos: Petra Kammann

Unverdautes? Metapher für den menschlichen Körper und dessen Organen. Prominent im Raum das skulpturale Objekt „Workshirt 1“, 2020 von Matt Welch aus der Klasse Haegue Yang mit der „Mechanical assimilation into a bad environment „(die Verdauung), 2020 

Einen Monat lang präsentieren die 22 Absolvent*innen der Städelschule aus 12 verschiedenen Ländern ihre Abschlussarbeiten diesmal im gesamten Gebäude des Portikus — von der zentralen Halle über den Mezzanin bis ins Untergeschoss. Die Arbeiten, gleich ob Malereien, Skulpturen, Videoarbeiten, Druckgrafiken, Zeichnungen, Installationen oder Performances, geben Einblicke in das facettenreiche Schaffen des Abschlussjahrgangs im irritierenden Jahr 2020.

In der Installation „This is air“ von Nadja Adelmann, Meisterschülerin von Tobias Rehberger wird durch die Bewegung der Fäden des Vorhangs schon ein Hauch von Luftzug im Raum sicht- und spürbar, perfekt konstruiert und LED-betrieben…

Das Entstehen von Kunst – vor allem bei jungen Künstler*innen in der Ausbildung – basiert auf Intimität und Nähe und entsteht häufig im Austausch von Erfahrungen. Ihre Arbeiten sind das Ergebnis eines fünfjährigen Studiums in disziplin-spezifischen Klassen mit freier künstlerischer Arbeit in den Ateliers sowie eines intensiven Austauschs mit den Professor*innen.

Die ,barocke‘ Videoarbeit mit Tanz und Musik „Jardin Jadore“, 2020, der israelischen Künstlerin Nadja Perlov, mit Musik von J. S. Bach – Violinkonzert BWV 1041 in a -moll andante, Natan Alterman und Moshe Levinsky sowie Originalmusik der Geschwister Lia Perlov und Nadia Perlov. Das Video durchleuchtet historische Bewegungen

Die letzten Monate haben nun gezeigt, dass Kunstmachen sehr stark mit der physischen Präsenz anderer Menschen verbunden ist und von einer stetigen Auseinandersetzung mit dem realen analogen Leben abhängt. Der Mangel an empathischer Präsenz in Zeiten des Lockdown, das Fehlen von Körpersprache und physischer Interaktion hat die Studierenden aber dazu herausgefordert, auf Distanz zu gehen, Dinge in verschiedenen Bereichen unseres Lebens zu verlernen oder aber sie neu zu lernen und zu erschaffen.

Filigranes Kartengebäude aus zusammengeklebten Spielkarten vor den Sehschlitzen im Raum: Playing Cards“, 2020 von Fiona McDonald, der Schülerin von Peter Fischli und Hassan Khan

So haben sie ihre Abschlussarbeiten bewusst unter das Thema L’esprit gestellt und sehr gezielt ausgewählt. Der sprühende Esprit, für den es weder im Englischen noch Deutschen eine Entsprechung gibt, war dann auch anregend. So zeigen die künstlerischen Arbeiten in einer von Distanz geprägten Zeit einmal mehr, wie wichtig künstlerische Auseinandersetzung mit adäquaten Partnern ist. So bieten ihre diversen Themen und Medien Annäherungen an die Gegenwart und Vorschläge für eine eher ungewisse Zukunft.

Trotz ihrer einsamen und teils virtuellen Zusammenkunft nehmen die Künstler*innen Nadja Adelmann, Maïly Beyrens Xu, Živa Drvaric, Pia Ferm, Hannah Fitz, Louise Giovanelli, Timon & Melchior Grau, Lukas Heerich, Simon Lässig, Jiwon Lee, Yong Xiang Li, Fiona McDonald, Shaun Motsi, Johanna Odersky, Nadia Perlov, Ada Raczka, James Sturkey, Andrew Wagner, Nicholas Warburg, Matt Welch und Eugen Wist glücklicherweise jedoch die Haltung eines kollektiven Optimismus ein und wirken über die physischen Grenzen des Portikus und der Städelschule hinaus.

Kuratorin Sophie Buscher (curatorial Studies) vor dem 30-minütigen digitalen Video von Andrew Wagner „DEATH SOUP! A COMEDY OF ETERNAL RETURN“, das u.a. im Europaviertel spielt

Sophie Buscher und Alke Heykes haben die Abschlussarbeiten aus den Klassen der Städel-Professor*innen  Monika Baer, Gerard Byrne, Judith Hopf, Hassan Khan, Tobias Rehberger, Willem de Rooij, Haegue Yang und der ehemaligen Professorin Amy Sillman sowie dem ehemaligen Gastprofessor Nikolas Gambaroff  kuratiert. Die Diät aufgrund ihres räumlichen Eingeschränktseins ist ihnen so schlecht nicht bekommen.

Kurator Alke Heyes (ebenfalls Curatorial Studies) vor dem Video von Andrew Wagner (aus der Klasse von Judith Hopf)

Daneben gibt es dann auch Performances in begrenzten Umfang. Im Rahmen der Abschlussarbeit von Maïly Beyrens Xu werden jeden Mittwoch verschiedene Künstler*innen zu einer Soundimprovisation in den Garten des Portikus eingeladen:

Mittwoch, 30. September, 18 Uhr
Mittwoch, 7. Oktober, 18 Uhr
Mittwoch, 14. Oktober, 18 Uhr

Man kann nur hoffen, dass diesmal auch das herbstlich anstehende Wetter noch mitmacht.

Führungen durch die Ausstellung werden gerne auf Anfrage organisiert unter: kunstkoordination@staedelschule.de

Eine begleitende Website, die von den Absolvent*innen erstellt wurde, sowie eine Publikation, sollen als Erweiterung der Ausstellung fungieren mit künstlerischen Editionen, die von Studierenden und mehreren ihrer Professor*innen angefertigt wurden. Die entsprechende  Publikation ist in der Ausstellung erhältlich und wird bald auch online erreichbar sein unter: .

 www.lesprit.online

Die Ausstellung im Portikus, Alte Brücke 2 / Maininsel, 60594 Frankfurt am Main geht bis 18.10.2020

Öffnungszeiten
Dienstag–Sonntag: 11–18 Uhr
Mittwoch: 11–20 Uhr
Montags: geschlossen
Freier Eintritt

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