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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Die Buchmesse gehört zur DNA von Frankfurt – physisch wie digital

Von der Freiheit des Denkens, Publizierens und Kommunizierens

Kurzkommentar von Petra Kammann

Die Buchmesse wird stattfinden – in diesem Jahr größtenteils digital, aber mit vielen Dutzenden Veranstaltungen in der Stadt Frankfurt, heißt es in einer Presseerklärung der Stadt Frankfurt. Reicht das? Oberbürgermeister Peter Feldmann teilt zu dem neuen Konzept der Messe mit: „Es ist gut, dass der Buchpreis, der Friedenspreis, die Eröffnung und die Veranstaltungen in der Stadt stattfinden können – die große Tradition der Buchmesse wird in Frankfurt fortgesetzt. Die weltweit größte Buchmesse ist ein internationaler Marktplatz der Ideen und prägt die Identität unserer Stadt seit Jahrhunderten.“ Stimmt, aber wie denn in Krisenzeiten?

Tempi Passati? Lebendigkeit der Frankfurter Buchmesse 2019 – Nobelpreisträgerin Olga Tokarczuk mit Buchmessedirektor Juergen Boos im vergangenen Jahr auf dem Messelände im Gespräch

Wenn es denn zur Identität der Stadt gehört, dann müssen die Veranstaltungen und Begegnungen allerdings nicht nur in der Stadt, sondern auch auf dem Frankfurter Messegelände selbst mit attraktiven Angeboten stattfinden. Die Stadt habe die Buchmesse in vielen Punkten unterstützt, heißt es weiter, beispielsweise darin beraten, was etwaige kurzfristige Stornierungen angehe, sie habe zusätzliche Flächen und repräsentative städtische Gebäude bereitgestellt. Auch der Rhein-Main-Verkehrsverbund hatte seine Unterstützung für ein attraktives Ticketangebot signalisiert. Warum aber erfuhren wir nichts darüber, wie man mit dieser neuen Situation in den Messehallen umgehen will?

Sprechen nicht auch mit bei all den günstigen Voraussetzungen Gründe dafür, dass die Messe mit realen Begegnungen auf dem Messegelände stattfinden kann? Kulturdezernentin Hartwig ist natürlich vorsichtig, wenn sie sagt: „Ich bedauere, dass in diesen schwierigen Zeiten unter Corona-Bedingungen eine physische Buchmesse nur eingeschränkt möglich sein wird.“ Umso erfreulicher sei es, dass die Begleitprogramme der Messe und der Stadt – insbesondere das städtische Lesefest „Open Books“ – stattfinden werden. Diese durchaus erfreulichen Begleitprogramme, welche bislang Debattenräume eröffnet und gesellschaftliche Themen auf die Tagesordnung gesetzt haben, stammen ja schließlich auch aus dem Kulturdezernat.

Feldmann setzt vor allem aber auf die vielfach in der Stadt erprobten und damit verbundenen traditionellen Symbolorte wie die Paulskirche (derzeit im Sanierungsstau): „Die Stadt der Paulskirche, die Stadt der ersten deutschen Demokratie, weiß um die Bedeutung der Meinungs-, Rede- und Pressefreiheit – und die Stadt wird weiterhin alles dafür tun, dass eine Messe, die diesen Geist seit jeher in sich trägt, auch in den kommenden Jahren der führende Treffpunkt des freien Wortes in der ganzen Welt bleibt“. Interessant zu erfahren wäre: Wie denn? Rein digital?

Alles richtig, wenn Hartwig ihre Aussage ergänzt: „Mit der Buchmesse, deren weltweite Strahlkraft in der Verteidigung von Presse- und Meinungsfreiheit besteht, bekräftigen wir in Frankfurt am Main in einer stolzen Tradition die Demokratie. Die Rolle des Buchs in der Welt darf nicht geringgeschätzt werden, vom Buch geht das freie Denken aus, die Freiheit des Publizierens und des freien Austausches müssen jetzt und in Zukunft gesichert werden. Darum geht es.“

Aber geht es nicht zuletzt auch darum, den internationalen Handelsplatz  auf dem Messegelände – Voraussetzung für diesen Austausch – nicht einfach aufzugeben, sondern ihn stattdessen besonders herauszustellen und zu bewerben? Sonst besteht die Gefahr, diese international anerkannte Frankfurter Messe zu verlieren wie zuvor schon die IAA. Deshalb hätten selbst unter derzeit erschwerten Bedingungen hier vielleicht stringente Messekonzepte weitergeholfen. Das Angebot muss stimmen… Wie hieß es schon bei den Surrealisten: „Phantasie an die Macht!“ Ob sich das noch bis zum nächsten Herbst aufschieben lässt? Immerhin hat auch Salzburg hat für sein beliebtes Festival ein interessantes Live-Konzept unter erschwerten Bedingungen ge- und erfunden, ohne die Gesundheit der Menschen zu gefährden.

 

Ein Gespräch mit Messedirektor Boos im Livestream: https://youtu.be/PNeZdl59Pl4

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