home

FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

„Stage Door“: Mit Ideen durch die Pandemie – Das Bonner Jugendtheater hat’s vorgemacht

Von Simone Hamm

Beim Wettbewerb „NRW-Wirtschaft im Wandel“ zeichnen die Rheinische Post, der Bonner Generalanzeiger und die Initiative „Deutschland – Land der Ideen“ Unternehmen aus, die sich immer wieder neu erfinden. Unter den zweihundert Bewerbern war auch das „Junge Theater Bonn“. Und es gehörte als eines von elf Unternehmen zu den Preisträgern.

In: „Das Dschungelbuch“ als Open Air Theaterstück: Sandra Kernenbach, Lukas David Maurer, Tristan Witzel; Foto: ‘Junges Theater Bonn’

Seit 1969 gibt es das junge Theater, damals hieß es noch „Theater der Jugend“. Die Gründer Helmut Tromm und Heidi Scholz – Tromm holten nicht nur professionelle Schauspieler, sondern auch Kinder und Jugendliche auf die Bühne. Eine Erfolgsgeschichte begann. Vom „Räuber Hotzenplotz“ bis zum „Tagebuch der Anne Frank“ zeigte man, was Kinder und Jugendliche interessierte. In Bonn wurden Cornelia Funkes Romane: „Herr der Diebe“, „Drachenreiter“ und „Tintenherz“ fürs Theater adaptiert.

Matthias Jochmann inszenierte ‚Anne Frank – Tagebuch‘ für Zuschauer ab 13 Jahren. Die Premiere fand am 29. April 2016 statt; Foto: ‚Actorsphotography, Rolf Franke‘

Heute ist das Kinder- und Jugendtheater eines der bestbesuchten Privattheater in ganz Deutschland. Während die meisten Schauspielhäuser während der Corona-Zeit ihre Pforten schlossen, suchte man in Bonn nach neuen Wegen. Intendant Moritz Seibert fragte sich: „Wie kommen wir durch die Krise?“ Wenn die Kids nicht ins Theater kommen konnten, dann musste das Theater eben zu den Kids kommen.

Schon wenige Tage, nachdem alle Theater schließen mussten, gab es in Bonn das Online-Projekt, „Stage Door“. Kinder und Jugendliche haben virtuell Zugang zum Backstage-Bereich des Theaters. Sie schauen hinter die Kulissen. Und klicken auf das, worüber sie mehr erfahren wollen: Probebühne, Dramaturgie, Werbung, Grafik, Ausstattung.

Die Bonner Theatermacher gingen noch weiter. Sie gaben den Kids Anleitungen, selbst kreativ zu werden. Das „Dschungelbuch“ sollte Premiere haben, und die jungen Zuschauer wurden gebeten, ein Bühnenbild, Kostüme zu entwerfen. Sie konnten sich auch in Projektgruppen austauschen, Ideen vorstellen und neue Stücke erarbeiten.

Das „Dschungelbuch“ hatte im Sommer Premiere. Bei 37 Grad. Open Air. Ein Volkstheater im Shakespeare’ schen Sinne mit Buden wie auf dem Jahrmarkt. Seit Mitte Juli gibt es jede Woche zwei Vorstellungen vom „Dschungelbuch“ und  Repertoirestücken. 500 – 600 Leute kommen pro Vorstellung.

Ulrich Wewelsiep im Autokino in „Der Grüffelo“; Foto: Junges Theater Bonn

Fünf Veranstaltungen gab es in einer Art Autokino auf einer Bühne in einem Freigelände mit Platz für 200 Autos. Zu sehen waren „Der kleine Rabe Socke“, „Petterson und Findus“ und „Grüffolo“.

Am Samstag steht eine Premiere ganz besondere Art an: ein Krimi aus der virtuellen Welt. Eine Projektgruppe arbeitete an einem digitalen Theaterstück über den evergreen TKKG. TKKG steht für die vier Freunde Tim, Karl, Klößchen und Gaby. Die Großstadtkinder haben einen Detektivclub gegründet, sie decken Verbrechen auf. Immer dabei ist der Hund Oskar. Die Jugendbuch – und Hörspielreihe begann 1979. Noch heute ist TKKG überaus erfolgreich: als Hörbuch, Film und Theaterstück. Das Bonner Stück heißt: „Gefangen in der Vergangenheit“. Die jungen TKKG-Detektive werden angerufen, weil jemand bei einem virtuellen Spiel ausgeraubt worden ist. Alle Wertgegenstände, die er sich erspielt hat, wurden ihm gestohlen. Es herrscht Lockdown. Es gibt nur Telefonkonferenzen.

TKKG (v.l.) (alle auf Screen) Lena Appel, Julius Busch, Anton Schaefer, Syd Winkler, Lukas Kirchhoff , Foto: ‘Junges Theater Bonn’

Dennoch: TKKG kann helfen – und bekommt selbst Hilfe von prominenter Seite: Stargeigerin Anne Sophie Mutter hat einen Gastauftritt. Magenta Fernsehen wird das Stück, das im Bonner Telecom-Forum vor wenigen Zuschauern zu sehen ist, live übertragen.

Obwohl es auch möglich gewesen wäre, dieses Stück rein virtuell zu zeigen, werden einige Schauspieler auf der Bühne stehen. Auf Distanz.

Auf der Suche nach neuen Wegen: Intendant Moritz Seibert; Foto: Junges Theater Bonn

Im Herbst, so hofft Moritz Seibert, könne man dann hoffentlich wieder vor einem – wenn auch dezimierten –  Publikum im Theatersaal  spielen.

https://www.jt-bonn.de

Comments are closed.